Eisiger Dornröschenschlaf

Moos erwacht nach 1.500 Jahren Dauerfrost

24.03.2014 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Auch in der Antarktis wachsen Moose. Hier eine Moosbank auf der subantarktischen Insel Signy Island. (Quelle: © P. Boelen)

Auch in der Antarktis wachsen Moose. Hier eine Moosbank auf der subantarktischen Insel Signy Island. (Quelle: © P. Boelen)

Ein Moos, das über 1.500 Jahren gefroren unter der Erde verbracht hatte, begann unerwartet wieder zu sprießen. Forscher hatten die Proben aus Permafrostboden der subantarktischen Insel Signy Island entnommen. Im Labor erwachte die Pflanze dann zu neuem Leben. Anders als bei Mikroorganismen war es bisher noch nicht gelungen, eine Pflanze nach so langer Zeit wiederzubeleben.

Moose sind in den Ökosystemen von Polarregionen häufig vorzufinden. Denn sie trotzen extremen Umweltbedingungen und sind sehr widerstandsfähig. Auch das Moos Chorisodontium aciphyllum ist ein wahrer Überlebenskünstler, das selbst ein Team von Forschern überraschte: Als sie Proben des Mooses aus dem gefrorenen Boden der Antarktis im Labor untersuchten, begannen die Triebe der Pflanze wieder zu wachsen. Die Forscher staunten nicht schlecht, denn ein direkter Wiederbelebungsversuch war bisher nur bei Pflanzenmaterial gelungen, das maximal 20 Jahre gefroren war.   

Das Moos stammte aus dauerhaft gefrorenem Boden

Die Proben stammen aus Permafrostböden aus Signy Island, einer kleinen subantarktischen Insel. Diese ganzjährig gefrorenen Böden konservieren eine Vielzahl an Pflanzen und Tieren, darunter auch Moose. Proben aus diesen Dauerfrostböden dienen den Forschern als Zeitzeugen längst vergangener Epochen. Durch die Art und die Zusammensetzung der Vegetation lassen sich die Umweltbedingungen und damit auch das Klima der Vergangenheit rekonstruieren.

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Die Forscher entnehmen die Bohrprobe aus dem Boden von Signy Island. Die oberste Schicht (bis 23 Zentimeter) ist dabei noch ungefroren, darunter ist der Boden dauerhaft gefroren (Permafrost).

Die Forscher entnehmen die Bohrprobe aus dem Boden von Signy Island. Die oberste Schicht (bis 23 Zentimeter) ist dabei noch ungefroren, darunter ist der Boden dauerhaft gefroren (Permafrost).

Bildquelle: P. Boelen

Das Forscherteam entnahm die hier untersuchte 3 cm breite und fast 1,40 Meter lange Bohrprobe. Der Bohrkern wurde für ihre Untersuchungen in kleinere Teile zerschnitten und wie üblich im Labor separat in Inkubatoren aufbewahrt.

Grüne Triebe begannen zu sprießen

Die Wissenschaftler simulierten daraufhin einen normalen Tagesrhythmus und versorgten die Pflanzenproben mit Licht, Wärme und Wasser. „Wir haben tatsächlich sehr wenig anderes getan als die Moosprobe sehr sorgfältig zu zerschneiden“, erklärt Peter Convey, einer der beteiligten Forscher.

Nach dem „Kälteschlaf“ – dem sogenannten Zustand der Kryptobiose – begannen die Triebe des Mooses überraschend wieder zu wachsen. Bereits nach 22 Tagen war das erste Wachstum zu erkennen gewesen, berichten die Forscher. Es dauerte jedoch je nach Schicht unterschiedlich lange bis neue Triebe sichtbar wurden. Das Erstaunliche: Die Triebe aus den Moosproben aus bis zu einem guten Meter Tiefe wuchsen einfach wieder weiter und selbst die Wurzeln (Rhizoide) wurden zu neuem Leben erweckt.

Das Alter der in der Probe enthaltenen Moospflanzen schätzten die Forscher mittels Radiokarbondatierung auf über 1.500 eventuell sogar 1.700 Jahre. Nun vermuten die Forscher, dass Moose sogar noch nach längerer Zeit im Eis wiederbelebt werden können.

Der geglückte Versuch ist ein deutlicher Beleg für die hohe Widerstandsfähigkeit und Überlebensstrategien der Moose. Für die Ökosysteme von Polarregionen sind Moose sehr wichtig und sie binden große Mengen an Kohlenstoff. Die Erderwärmung stellt somit nicht nur diese Regionen, sondern die gesamt Welt vor große Herausforderungen, da durch das Auftauen große Mengen CO2 entweichen können und das Klima weiter anheizen. Vor allem aber legen die gewonnenen Erkenntnisse nahe, dass Moose selbst nach sehr langer Zeit im Eis wieder die Oberfläche besiedeln können. Wenn das Eis in den Polarregionen weiter schmilzt, wären sie Pionierpflanzen der Neubesiedlung.


Quelle:
Roads, E., Longton, R.E. and Convey, P. (2014): Millennial timescale regeneration in a moss from Antarctica. In: Current Biology, Vol. 24 No. 6, (17. März 2014), doi: 10.1016/j.cub.2014.01.053.

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Titelbild: Auch in der Antarktis wachsen Moose. Hier eine Moosbank auf der subantarktischen Insel Signy Island. (Quelle: © P. Boelen)