Essgewohnheiten erhöhen den Bedarf an Ackerflächen

18.04.2012 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die verfügbare Menge an Nahrungsmitteln, aber auch die Nachfrage hat sich verändert. (Quelle: © monticellllo - Fotolia.com)

Die verfügbare Menge an Nahrungsmitteln, aber auch die Nachfrage hat sich verändert. (Quelle: © monticellllo - Fotolia.com)

Nicht nur die wachsende Weltbevölkerung, auch die veränderten Ernährungsgewohnheiten spielen eine entscheidende Rolle dabei, wie viele Ackerflächen benötigt werden, um die Menschen zu ernähren. Eine neue Studie verdeutlicht, dass der erhöhte Fleischkonsum als Erklärung zu kurz greift. Auch der Konsum von andern Lebens- und Genussmittel verändert sich mit wachsendem Wohlstand.

Die weltweit zur Verfügung stehenden Ackerflächen stellen eine limitierende Ressource für die Welternährung dar. Die benötigte Fläche hängt von den Bevölkerungszahlen, dem durchschnittlichen Nahrungsmittelkonsum pro Person sowie dem Ertrag pro Hektar Land ab. Die Intensivierung der Landwirtschaft, verbunden mit neuen, effizienteren Technologien, führte zu höheren Erträgen. Die Bevölkerung wächst jedoch stetig – Schätzungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zufolge sollen im Jahre 2050 über 9 Milliarden Menschen die Erde bewohnen. Forscher bestätigten nun die stark veränderten Essensgewohnheiten als weiteren entscheidenden Einflussfaktor und liefern konkrete Zahlen.

Was wir essen ist entscheidend

Ein Wissenschaftlerteam untersuchte weltweite Veränderungen in der benötigten Ackerfläche und deren Ursachen. Sie werteten dabei Lebensmittelbilanzdaten der FAO im Zeitraum von 1961 bis 2007 aus. Ziel war es die regionalen Unterschiede in der Größe der Ackerfläche zu bewerten, die im Laufe der 46 Jahre nötig war, um die Bevölkerung mit ihren vorherrschenden Essgewohnheiten zu ernähren. Dabei betrachteten sie drei wesentliche Einflussfaktoren auf die erforderte Anbaufläche: Bevölkerungswachstum, landwirtschaftliche Technologien und Ernährungsgewohnheiten. Sie verglichen dazu die regionalen Daten und schlossen mittels statistischer Berechnungen auf den Einfluss der drei entscheidenden Faktoren. 

Die Forscher fanden heraus, dass im Berichtszeitraum die benötigte Ackerfläche pro Person um ein Drittel sank. Dies ist auf eine Steigerung der Erträge zurückzuführen. Die Einsparungen wurden allerdings durch eine Kombination aus steigenden Bevölkerungszahlen und veränderten Ernährungsgewohnheiten wieder ausgeglichen. Ein wesentlicher Punkt ist also die Ernährung, die in den meisten Regionen abwechslungsreicher geworden ist. Die Ackerflächen müssen ressourcenintensivere Nahrungsmittel liefern und mehr Menschen ernähren.

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Die Ernährungsgewohnheiten unterscheidet sich in den einzelnen Ländern der Erde teils erheblich.

Die Ernährungsgewohnheiten unterscheidet sich in den einzelnen Ländern der Erde teils erheblich.

Bildquelle: © Great Divide Photo / Fotolia.com

Auf globaler Ebene war die markanteste Entwicklung während der letzten Jahrzehnte, ein kontinuierlicher Anstieg des durchschnittlichen Kalorienverbrauchs, von ca. 2.250 auf ca. 2.750 kcal pro Person und Tag. Entscheidend war nicht nur der Anstieg der verfügbaren Nahrungsmittel, sondern auch die Veränderung der Nachfrage. Typischerweise verstärkt sich der Konsum von tierischen Eiweißen und Pflanzenölen, während stärkehaltige Nahrungsmittel unwichtiger wurden. In Europa und Nordamerika z.B. entfielen etwa 75% bis 80% der benötigten Flächen auf die Produktion von tierischen Erzeugnissen, Stimulanzien (d.h. Kaffee, Tee und Kakao), alkoholische Getränke sowie Gemüse und Öle. Für die ärmsten Regionen in Ost-, Mittel-und Westafrika hingegen betrug der Anteil dieser Nahrungsmittel nur 25%.

Globale Trends

Zwischen 1963 und 2005 stiegen die landwirtschaftlich bewirtschafteten Flächen weltweit um 30%, von ca. 840 auf 1,100 Millionen Hektar. Betrachtet man die Nahrungsmittel, die hier produziert wurde, war die zunehmende Nachfrage an tierischen Produkten die Hauptursache. Diese war für fast 50% des Anstiegs verantwortlich. Dicht gefolgt von pflanzlichen Ölen, Gemüse und Früchten, die 20%, 12% und 9% der Steigerung ausmachten. Diese drei Kategorien wiesen auch den größten relativen Anstieg im Verlauf der Studie auf: Die Anbauflächen haben sich in diesem Zeitraum mehr als verdoppelt.

Bedenkt man die großen Weiden- und Wiesenflächen, die für die Viehhaltung nötig sind, ist der tatsächliche Flächenbedarf für tierische Produkte sogar noch größer. Aber auch andere Nahrungsmittel haben in ihrer Bedeutung für die tägliche Ernährung zugenommen. Pflanzenöle haben hier die größten Zuwachsraten. Aber auch Stimulanzien, also Kaffee, Tee und Kakao, wurden immer wichtiger. Dies ist besonders erstaunlich, da sie nicht zur Sättigung von Hunger, sondern wegen ihrer kulturellen Bedeutung getrunken werden. Diese können aber meist – bedingt durch das Klima - nicht im eigenen Land angebaut werden. Es ist somit nötig diese zu importieren. Dies führt dazu, dass die Anbauflächen in anderen Ländern zunehmen, um durch Export dem Bedarf in anderen Ländern zu begegnen. Dies macht auch deutlich, dass die Veränderungen in den unterschiedlichen Ländern stark variieren.

Der größte Teil der weltweiten Bevölkerung lebt in Entwicklungs- und Schwellenländern. Der Bedarf an Anbauflächen wird hier kontinuierlich steigen. Würde man 9 Milliarden Menschen mit westlichen Essgewohnheiten mit Nahrung versorgen wollen, die mit westlichen Technologien produziert wurde, bräuchte man das Doppelte der derzeit bewirtschafteten Ackerflächen.

Die Forscher leiteten daraus ab, dass die steigende Nachfrage nach ressourcenintensiven Lebensmitteln, wie tierischen Produkten und pflanzlichen Ölen, in naher Zukunft  das Bevölkerungswachstum als die primäre Determinante von Ackerlandbedarf ablösen könnte. Wir haben demnach trotz sozio-ökonomischen Entwicklungen, die das Bevölkerungswachstun verlangsamen, das Problem der veränderten Essgewohnheiten. Die reichhaltigere Ernährung würde sich dann trotz rückläufiger Geburtenraten auf die benötigten Anbauflächen auswirken. Da diese aber begrenzt sind, ist vor allem die Forschung gefragt, um innovative Lösungen für das Problem der Welternährung zu finden.