Exoten für die Pflanzenzüchtung

Neue Wege zur Nutzung genetischer Ressourcen

21.07.2017 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Mais, der in anderen Teilen der Welt - wie hier in Peru - angebaut wird, ist an andere Umweltbedingungen angepasst als einheimischer Mais. Beim Züchtungsprozess kann das zu Problemen führen. (Bildquelle: © jkraft5/Fotolia.com)

Mais, der in anderen Teilen der Welt - wie hier in Peru - angebaut wird, ist an andere Umweltbedingungen angepasst als einheimischer Mais. Beim Züchtungsprozess kann das zu Problemen führen. (Bildquelle: © jkraft5/Fotolia.com)

Pflanzenzüchter stehen oft vor Hindernissen, wenn sie „exotisches“ genetisches Material in Kultursorten integrieren möchten. Das Aufkommen neuer Methoden hat dies mittlerweile erleichtert und kann zu einer effizienteren Nutzung der weltweit vorhandenen genetischen Vielfalt führen.  

Die Ertragssicherung ist ein wichtiges Zuchtziel. Pflanzen sollen z. B. noch widerstandsfähiger gegen widrige Umweltbedingungen sowie Schädlinge und Krankheiten werden. Das Einkreuzen von Wildtypen, wilden Verwandten und lokal angepassten Landsorten kann der richtige Weg dazu sein. Denn Landsorten sind beispielsweise optimal an die jeweiligen Umweltbedingungen angepasst. In Züchtungsprogrammen sind diese „Exoten“ aber bisher kaum eingebunden. Diesen „Schatz“ an möglichen nützlichen Genen und Allelen gilt es zu entdecken, zu charakterisieren und letztendlich auch einzusetzen. Doch das ist nicht ohne Hindernisse.

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Eine berühmte Genbank ist der

Eine berühmte Genbank ist der "Svalbard Global Seed Vault" auf Spitzbergen. Hier sieht man einige der Regale im Inneren, wo Samenproben aus aller Welt aufbewahrt werden.

Bildquelle: © Dag Terje Filip Endresen/NordGen Picture Archive/wikimedia.org/Public domain

Biodiversität finden und bewahren

Die erste Herausforderung ist der Zugang zu geeignetem genetischen Material. Für Züchter sind Genbanken eine wichtige Anlaufstelle. Diese enthalten viele pflanzengenetische Ressourcen unterschiedlichster Herkunft. Genbanken bewahren die Biodiversität, indem sie große Mengen an Pflanzen(-teilen), Samen und Herbarbelege sammeln und diese der Wissenschaft und Pflanzenzüchtung zur Verfügung stellen.  

Laut einer Erhebung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) lagern weltweit etwa 7,4 Millionen Akzessionen – Muster einer Pflanzenart oder -sorte – in circa 1.750 Genbanken. In Deutschland ist beispielsweise die Genbank am Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben mit über 150.000 Mustern aus über 3.200 Arten eine wichtige Einrichtung.

Doch es ist nicht immer einfach, aus diesen Genbanken das geeignete Material für ein bestimmtes Züchtungsziel herauszufiltern. Auf Seiten der Genbanken mangelt es oft an Kapazitäten, um die Akzession effizient zu verwalten und Informationen für Nutzer bereitzustellen. Zudem stellen phytosanitäre Vorschriften oder nationale und internationale Gesetze Hürden dar, die den Austausch von Pflanzenmaterial erschweren können. Auch sind nicht immer benötigte genomische Daten (Genotyp) zu den Mustern verfügbar, sondern oft nur deren phänotypische Daten.

Vernetzung fördern

Eine Möglichkeit, Genbanken und Nutzer besser zu verknüpfen und den Austausch zu fördern, ist die Einrichtung einer weltweiten Plattform. Diese fordern Wissenschaftler in einem Übersichtsartikel, der kürzlich im Fachzeitschrift „Trends in Plant Science“ veröffentlicht wurde. Einheitliche Standards und Evaluierungsabläufe könnten so weltumspannend etabliert und alle verfügbaren Daten an einer zentralen Stelle zusammengebracht werden. Das vorhandene Wissen könnte man so schnell und effizient anzapfen.

Neue Methoden vereinfachen die Suche und Nutzung

Für das Autorenteam ist die konsequente Anwendung neuer und verbesserter Methoden zur Charakterisierung des Genbankmaterials der Schlüssel zum Erfolg. Beispielsweise Hochdurchsatz-Genotypisierung und -Phänotypisierung ermöglichen es, schneller und kostengünstiger mehr Informationen zu den Akzessionen bereitzustellen. Damit können exotische genetische Ressourcen gezielter züchterisch genutzt werden.

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Exkurs: Das Nagoya-Protokoll

Das Nagoya-Protokoll regelt den Zugang zu genetischen Ressourcen und deren Nutzung. Es wurde 2010 im Rahmen der zehnten Vertragsstaatenkonferenz des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (engl.: Convention on Biological Diversity, CBD) verabschiedet und trat 2014 in Kraft. Durch den völkerrechtlich bindenden Vertrag wird gewährleistet, dass nicht nur die Nutzer der genetischen Ressourcen, sondern auch die Herkunftsländer von den daraus entstehenden Vorteilen profitieren. Dies soll Ausbeutung und Biopiraterie verhindern und die Biodiversität in bedrohten Weltregionen schützen. Deutschland trat dem Nagoya-Protokoll 2016 bei. Seither kontrolliert das Bundesamt für Naturschutz, ob in Deutschland alle darin aufgestellten Regeln befolgt werden.

So könnten dann genomweite Assoziationsstudien durchgeführt werden, um vorteilhafte Allele für ausgewählte Merkmale zu identifizieren. Auch Omics-basierte Methoden wie die Transkriptomik oder Metabolomik sowie Fortschritte in statistischen und biotechnologischen Methoden erleichtern die Suche nach geeignetem Zuchtmaterial. So plädieren die Autoren auch dafür, das sogenannte Pre-Breeding – die Identifikation und Erschließung genetischer Variationen – weiter auszubauen. Das Pre-Breeding liegt im vorwettbewerblichen Bereich und dient der Vorbereitung von Züchtungsprogrammen.  

Für komplexe Merkmale bietet sich die genomische Selektion (GS) an, die Weiterentwicklung der markergestützten Selektion (MAS). Bei dieser Methode kann mithilfe statistischer Regressionsanalysen von Pflanzen schon zu einem sehr frühen Entwicklungsstadium beispielsweise der Ertrag vorhergesagt werden.

Biologische Hürden

Wenn man in Genbanken geeignete Pflanzen mit interessanten Eigenschaften gefunden hat, stößt man jedoch häufig auf weitere Probleme. Eine Einkreuzung in bestehende Sorten kann oft zu sogenannten Maladaptationen führen – die Pflanzen sind nicht mehr an unsere Umweltbedingungen angepasst. Tropische Maissorten sind beispielsweise Kurztagspflanzen.  Kreuzt man sie in unsere an Langtagbedingungen angepassten Maissorten ein, kommt es teils zu gravierenden Verzögerungen bei Wachstum und Entwicklung (siehe zu diesem Thema auch: „Können Pflanzen unter Jetlag leiden?“). Aufwändige und jahrelange Rückkreuzungen sind dann notwendig, um die Maladaptation zu beseitigen. Durch Rückkreuzungen wird erreicht, dass am Ende nur der beabsichtigte Abschnitt der Wildsorte in die Zuchtsorte integriert ist (Introgressionslinien).

Vielfalt besser integrieren

Neue molekularbiologische Methoden wie die Genom Editierung, beispielsweise mithilfe von CRISPR/Cas, können aber mittlerweile aufwändige Rückkreuzungen bei der Integration von einzelnen Genen in Zuchtsorten überflüssig machen. Durch sie sind gezielte Veränderungen wie Punktmutationen im Genom und sogar Übertragungen von nützlichen (arteigenen) Genen präziser möglich.


Quellen:

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Mais, der in anderen Teilen der Welt - wie hier in Peru - angebaut wird, ist an andere Umweltbedingungen angepasst als einheimischer Mais. Beim Züchtungsprozess kann das zu Problemen führen. (Bildquelle: © jkraft5/Fotolia.com)