Gib Gummi!

Genom des Kautschukbaums sequenziert

13.06.2016 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Forscher haben das das Genom des Kautschukbaums sequenziert. (Bildquelle: © Andreaskrappweis / wikimedia.org; CC-BY-SA-3.0)

Forscher haben das das Genom des Kautschukbaums sequenziert. (Bildquelle: © Andreaskrappweis / wikimedia.org; CC-BY-SA-3.0)

Forscher haben das Genom des Kautschukbaums, Hevea brasiliensis, sequenziert. Somit liegt nun eine hochwertige Referenzsequenz vor, die für die Züchtung neuer Sorten genutzt werden kann. Dadurch erhoffen sich die Forscher, die Latex-Biosynthese weiter zu optimieren und Gummibäume zu züchten, die besser an den Klimawandel und gegen Schädlinge angepasst sind.

Egal ob Autoreifen, Kondome, Radiergummi oder Gummistiefel: Kautschuk ist Hauptzutat vieler Alltags- und Industrieprodukte. Primäre Quelle für kommerziell genutzten Naturkautschuk (Cis-1,4-Polyisopren) ist der Kautschukbaum (Hevea brasiliensis). Kautschuk ist ein Bestandteil des Milchsafts Latex, dessen Bildung ursprünglich eine Schutzfunktion der Pflanzen gegen Bohrloch-Schädlinge war. Die Flüssigkeit schließt die Insekten ein, verklebt ihre Mundwerkzeuge und versiegelt die Wunde.

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Kautschuk ist ein Bestandteil des Milchsafts Latex, dessen Bildung ursprünglich eine Schutzfunktion der Pflanzen gegen Schädlinge war.

Kautschuk ist ein Bestandteil des Milchsafts Latex, dessen Bildung ursprünglich eine Schutzfunktion der Pflanzen gegen Schädlinge war.

Bildquelle: © iStock.com / Merlion

Der zur Familie der Wolfsmilchgewächse (Euphorbiaceae) gehörende Baum stammt ursprünglich aus Südamerika, kann dort bisher aufgrund eines Pilzes allerdings nicht im Plantagenbau kultiviert werden. Der großflächige Anbau findet daher in den tropischen Regionen Asiens, Afrikas und Lateinamerikas statt. Zwar gibt es dort ebenfalls schädliche Pilze, aber diese lassen sich noch vergleichsweise gut mit Fungiziden bekämpfen. Resistenzbildungen sind jedoch nicht ausgeschlossen, was den Anbau gefährdet.

Besser als das künstliche Pendant

Latex wurde schon vor mehr als 3.600 Jahren von den Bewohnern Mittelamerikas gesammelt und genutzt. Sie bearbeiteten den Latex mit Baum- und Pflanzensäften und erhielten dadurch ein elastisches Material. Erst 1839 wurde das chemisch-technische Verfahren der Vulkanisation entdeckt, welches Kautschuk ebenfalls elastisch und widerstandsfähig macht. Heute macht Naturkautschuk rund ein Drittel der gesamten Kautschukproduktion aus. Weltweit wurden 2014 über 12 Millionen Tonnen des Naturprodukts erzeugt. Es ist in seinen physikalischen Eigenschaften immer noch dem synthetischen Kautschuk überlegen. Außerdem ist die Herstellung unter bestimmten Voraussetzungen nachhaltig und umweltfreundlich.

Bildung von Naturkautschuk

Latex ist ein Polymer bestehend aus vielen Isopren-Einheiten. Er hat plastische Eigenschaften und wird in spezialisierten Zellen, den Milchsaftzellen, gebildet. Im Cytosol der Milchsaft-Zellen befinden sich kugelige Partikel, welche einen Kern aus Kautschuk besitzen. Für die Biosynthese des Kautschuks ist ein Proteinkomplex verantwortlich, der auf der Oberfläche dieser Partikel sitzt.

Bis zur ersten Latex-Ernte vergehen 5-7 Jahre. Dann hat der Baum allerdings eine produktive Lebensdauer von 25-30 Jahren. Von ursprünglich 650 kg Latex pro Hektar stieg die Zahl durch geschickte Züchtungen auf 2,5 Tonnen pro Hektar, bleibt damit aber weit unter einer theoretisch errechneten Ernte von 7 bis 12 Tonnen pro Hektar zurück. Gründe für diese Diskrepanz liegen unter Anderem im fehlenden Verständnis der Genfunktionen und besten Genkombinationen, also dem Erbgut (Genom) der Pflanze.

Sequenzierung des Genoms

Eine Forschergruppe hat nun das Genom des Kautschukbaums sequenziert und erstmals eine hochwertige Referenzsequenz der Pflanze vorgelegt. Den Forschern war es möglich fast 94 Prozent des Erbguts, der in China weit verbreiteten Kultursorte Reyan7-33-97, zu entschlüsseln. Sie konnten hierbei auf die Vorarbeit einer malaiischen Forschergruppe zurückgreifen, die sich bereits an der Sequenzierung versuchte, allerdings weit ungenauere Ergebnisse erlangte. Durch die Sequenzierung wollten die Forscher die Latex-Biosynthese besser verstehen und dadurch weiter optimieren. Außerdem waren sie an der Frage interessiert, warum der Kautschukbaum so viel mehr Latex bildet als andere Wolfsmilchgewächse.

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Löwenzahnpflanzen produzieren einen Saft, der in seinen Eigenschaften vergleichbar mit dem Latex des Kautschukbaums ist. 

Löwenzahnpflanzen produzieren einen Saft, der in seinen Eigenschaften vergleichbar mit dem Latex des Kautschukbaums ist. 

Bildquelle: © Kenpei / wikimedia.org; CC BY 3.0

Die Ergebnisse publizierten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Nature Plants“. Die Forscher schätzten das Genom der untersuchten Pflanze auf 1.47 Gigabasenpaare. Das sind etwas weniger als die Hälfte an Gigabasenpaare wie sie im menschlichen Genom zu finden sind. Das Genom enthält insgesamt 43.792 Gene, was vergleichsweise viel ist. Der Modellorganismus für Pflanzen, Arabidopsis thaliana, verfügt nur über 25.498 Gene und auch der Mensch besitzt nach aktuellen Schätzungen 20.000 bis 25.000 Gene.

Vergleichende Genomanalysen geben Einblicke in die Evolution

Die Genome fünf anderer Kultursorten, die für die Studie auf Basis der Referenzsequenz resequenziert werden konnten, reichten von 1.41 bis 1.55 Gigabasenpaare. Durch den Genomvergleich konnten die Forscher Einblicke in die Geschichte des Kautschukbaums erhalten.

Ein zentraler Punkt in der Evolution des Kautschukbaums war demnach die Entstehung des REF1-Gens, einem Mitglied der REF/SRPP-Genfamilie. Dieses befinden sich auf der Oberfläche der großen Gummi-Partikel und ist wichtig für die Latex-Biosynthese. Seine Genexpression steht im Zusammenhang mit erhöhten Erträgen von modernen Hevea-Züchtungen. Im Vergleich mit 17 weiteren Hevea-Pflanzen wurde in keiner der untersuchten Pflanzen Isoformen in ähnlichen Größen entdeckt.

Alternativen zum Kautschukbaum

Schon lange sucht man nach alternativen Milchsaft-produzierenden Pflanzen. Bereits während des zweiten Weltkriegs war bekannt, dass Löwenzahnpflanzen einen Saft produzieren, der in seinen Eigenschaften vergleichbar mit dem Latex des Kautschukbaums ist. Durch die Entwicklung des synthetischen Kautschuks kam der Anbau in den 50er Jahren aber zum Erliegen. Heute wird unter anderem in Deutschland wieder an Löwenzahn im Rahmen des TARULIN-Projekts geforscht und im Jahr 2015 produzierte der Reifen-Hersteller Continental die ersten Reifen-Prototypen aus der Pflanze.


Quelle:
Tang, C. (2016): The rubber tree genome reveals new insights into rubber production and species adaptation. In: Nature Plants, (23. Mai 2016), doi: 10.1038/nplants.2016.73.

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Titelbild: Forscher haben das das Genom des Kautschukbaums sequenziert. (Bildquelle: © Andreaskrappweis / wikimedia.org; CC-BY-SA-3.0)