GreenGate – Klonieren leicht gemacht

Innovatives und einfaches Transformationssystem für Pflanzen

27.03.2017 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) ist die beliebteste Modellpflanze der Pflanzenforschung. (Bildquelle: © sinitar/ Fotolia.com)

Die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) ist die beliebteste Modellpflanze der Pflanzenforschung. (Bildquelle: © sinitar/ Fotolia.com)

GreenGate ist ein relativ neues Klonierungssystem speziell für den Gentransfer in Pflanzen. Mit GreenGate lassen sich mehrere pflanzliche Expressionskassetten einfach, schnell und zuverlässig direkt in einem pflanzlichen Transformations-Vektor zusammensetzen. Nina Tonn, Doktorandin am Centre for Organismal Studies (COS) an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, hat Pflanzenforschung.de die Vorzüge des Systems erklärt.

Klonieren gehört zum Alltag in nahezu jeder molekularbiologischen Forschungseinrichtung – dabei geht es nicht etwa um die Vervielfältigung eines gesamten Organismus wie bei „Klonschaf Dolly“, sondern um rekombinante Plasmide. „Wir benutzen rekombinante Plasmide und transgene Systeme wie Hefe und Pflanzen, um verschiedene, wissenschaftliche Fragestellungen zu beantworten“, so Nina Tonn.

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Doktorandin Nina Tonn in den Gewächshäusern des Centre for Organismal Studies (COS) an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.

Doktorandin Nina Tonn in den Gewächshäusern des Centre for Organismal Studies (COS) an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.

Bildquelle: Nina Tonn

Sie arbeitet in der Forschungsgruppe um Thomas Greb am Centre for Organismal Studies (COS) an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, die sich mit der Regulation von Wachstum und Zelleigenschaften beschäftigt. „Ich untersuche beispielsweise gerade, ob zwei bestimmte Proteine in Pflanzenzellen miteinander interagieren.“ Ziel dieser Forschungsansätze ist es, die Funktion von Genen und genregulierender Elemente aufzuklären bzw. besser zu verstehen. Da Gene bzw. die von diesen kodierten Eiweiße oft miteinander interagieren, müssen immer komplexere Transformationen durchgeführt werden.

Ligase Effizienz nimmt mit zunehmender DNA-Elementzahl ab

Um transgene Pflanzen für Versuchszwecke herzustellen, kopieren Wissenschaftler die DNA-Elemente, die sie vereinen möchten, zunächst aus ihren Vorläufer-Molekülen bzw. Genen. In einem weiteren Schritt werden sie in einen Transformations-Vektor eingebaut. „Das ist möglich, da sowohl die DNA-Fragmente, als auch der Vektor, einsträngige, komplementäre DNA-Überhänge besitzen, die überlagert und „verklebt“ werden können“, so Nina Tonn, und weiter: „Diese Schritte funktionieren meist problemlos, solange die Anzahl der zu verbindenden DNA-Stücke überschaubar bleibt“.

Doch mit zunehmender Anzahl an DNA-Elementen, die hintereinander zusammengefügt werden sollen, verliert die Ligase-Reaktion an Effizienz, erklärt Tonn die Schwierigkeiten bei der Herstellung von Transformations-Vektoren. Bei mehr als vier DNA-Elementen gleichzeitig sinkt die Erfolgsrate signifikant ab und die Wissenschaftler müssen mehrere Klonierungsrunden durchführen, um zum gewünschten Ergebnis zu gelangen. Das kostet Zeit, Geld und nicht selten auch Nerven.

Keine einmaligen Erkennungssequenzen

Doch das ist nicht das einzige Problem bei der Herstellung von Transformations-Vektoren: Da die meisten Erkennungssequenzen der Verdauungs-Ligations-Reaktionen später im Konstrukt bleiben, können dieselben Enzyme nicht noch einmal verwendet werden, um weitere DNA-Fragmente hinzuzufügen. „Die Erkennungssequenzen vieler Enzyme kommen sogar ziemlich häufig in einem DNA-Stück vor, was die Zusammensetzung langer DNA-Stücke deutlich erschwert, da es kaum einmalige Erkennungssequenzen für die Enzyme gibt“, so Tonn. Um diese Probleme zu lösen, müssen Wissenschaftler ihre Plasmide in zahlreichen komplizierten Schritten mit mehreren, unterschiedlichen Restriktionsenzymen zusammensetzen.

Alternativen für Hochdurchsatz-Ansätze

Spätestens mit dem Aufkommen von Hochdurchsatz-Ansätzen war diese Klonierungsstrategie nicht mehr praktikabel. Alternativen mussten her. Es folgten das Cre/loxP-System, Gateway® und sein Nachfolger MultiSite Gateway® von Invitrogen. Letzteres erlaubte das Einfügen von bis zu fünf verschiedenen DNA-Fragmenten.

Drei Nachteile von Gateway®

Gateway® war zunächst auch bei Pflanzenforschern beliebt, hat aber drei wesentliche Nachteile:

1. An den Rekombinationsstellen befindet sich eine 25 bp lange, unerwünschte Junk-Sequenz. Deren „Inverted repeat“ Sequenz zeigte sich als problematisch bei der Expression, Sequenzierung und der Herstellung von RNA-Sonden.

2. Die Anzahl der DNA-Fragmente ist selbst bei MultiSite Gateway® auf fünf beschränkt.

3. Die teuren Enzym-Mischungen brachten viele Labor finanziell an den Rand ihrer Möglichkeiten.

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Um im Labor transgene Pflanzen für Versuchszwecke herzustellen, brauchen Wissenschaftler Transformationsvektoren. Diese herzustellen ist nicht immer einfach.

Um im Labor transgene Pflanzen für Versuchszwecke herzustellen, brauchen Wissenschaftler Transformationsvektoren. Diese herzustellen ist nicht immer einfach.

Bildquelle: © KANDA EUATHAM/ Fotolia.com

Golden Gate revolutionierte die Klonierung

Nachdem auch die Ligations-unabhängige Klonierung (LIC) ihre Schwächen aufzeigte, eroberte „Golden Gate“ die Forschungslabore. Mit Golden Gate konnten Wissenschaftler mit nur wenigen, kostengünstigen Enzymen eine große Zahl von Fragmenten zusammensetzen.

Die Hauptkomponenten des Systems sind Restriktionsendonukleasen vom Typ IIS. Diese Enzyme verfügen zwar auch über spezifische Erkennungssequenzen, schneiden die DNA-Sequenzen aber in einer festgelegten Distanz zu dieser Erkennungssequenz. „Nach dem Schnitt fällt die Erkennungssequenz weg“, veranschaulicht Tonn. Daraus ergeben sich gleich mehrere Vorteile für die Klonierung:

1. Ein einziges Enzym genügt, um Fragmente aus verschiedenen, zuvor zusammengesetzten Modulen herauszuschneiden. Die Erkennungssequenz kann dabei so platziert werden, dass die Module nach der Ligation nicht erneut geschnitten werden können. Das ermöglicht ein einfaches Prozedere, da Schnitt und Ligation in einem Reaktionsschritt durchgeführt werden können. Das wiederum erhöht die Effizienz der Ligationsreaktionen, auch wenn mehrere Fragmente ligiert werden wollen.

2. Da die einzelsträngigen Überhänge in diesem Prozedere frei wählbar und nicht an die Restriktionsstelle gekoppelt sind, ist die Anzahl an kombinierbaren Fragmenten pro Reaktion sehr hoch.

3. Die Konstrukte können subkloniert und vor dem Zusammensetzen sequenziert werden. Auf diese Weise können Labore eine Bibliothek aufbauen, in der sie einsatzfertige Komponenten bereithalten. Die einzelnen Module müssen nicht erneut sequenziert werden.

„Diese Modul-Bibliothek ist gerade am Centre for Organismal Studies (COS) ein wesentlicher Vorteil, wenn es darum geht, Fragestellungen schnell zu beantworten. Innerhalb eines Tages können wir so fertige Transformations-Vektoren konstruieren, deren Zusammensetzung ohne Modul-Bibliothek mit viel Übung deutlich länger dauern würde“, so Tonn. Die Module aus der Bibliothek lassen sich außerdem weltweit austauschen. „Zudem haben wir einen Ehrenkodex: Wer ein Modul aufbraucht, stellt es für die anderen wieder her.“ So bleibt das System am Laufen.

GreenGate für Transformationsvektoren im Pflanzenreich

Wissenschaftler haben dieses System nun speziell für Pflanzenforscher zur Herstellung von pflanzlichen Transformations-Vektoren umgebaut. Mit dem sogenannten GreenGate System lassen sich die sechs typischen Module zum Aufbau eines Transformations-Vektors schnell und effizient zusammensetzen. Dazu gehören:

  • Pflanzlicher Promoter
  • N-terminales Ende
  • Kodierende Sequenz
  • C-terminales Ende
  • Pflanzlicher Terminator
  • Pflanzliche Resistenz-Kassette zur Selektion transformierter Pflanzen

Außerdem lassen sich mehrere der Expressionskassetten in einem Transformations-Vektor aneinanderreihen, was die Zeit zur Herstellung von transgenen Pflanzen mit mehreren Konstrukten wesentlich verkürzt. Die unerwünschten „Scar-Sequenzen“, die sich an den Restriktionsstellen ergeben, sind bei GreenGate nur etwa 4 bp lang. „Scar-Sequenzen sind quasi leere DNA-Sequenzen, die die Genfunktion bei zunehmender Länge massiv stören können“, so Tonn und weiter: „Je weniger Restsequenzen in einem Konstrukt sind, desto effizienter ist es meistens.“

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Die Klonierung gehört zu den Standardmethoden in den Laboren von Pflanzenforscherinnen und Pflanzenforschern. Bei ihr werden DNA-Abschnitte aus einer Pflanze gezielt vermehrt, z. B. mit Hilfe des Agrobacterium tumefaciens. 

Die Klonierung gehört zu den Standardmethoden in den Laboren von Pflanzenforscherinnen und Pflanzenforschern. Bei ihr werden DNA-Abschnitte aus einer Pflanze gezielt vermehrt, z. B. mit Hilfe des Agrobacterium tumefaciens. 

Bildquelle: © Seb951/ wikimedia.org/ CC BY-SA 3.0

Anzahl der DNA-Elemente nur noch durch Agrobakterium limitiert

GreenGate kommt mir nur einer Art von IIS Restriktionsendonukleasen aus und minimiert so das Auftreten natürlicher Restriktionsstellen innerhalb des Inserts. Die Anzahl der zusammengesetzten Elemente ist bei GreenGate nicht mehr durch die Klonierungstechnik limitiert, sondern durch die Aufnahmekapazität des Agrobakteriums, das – unabhängig vom Klonierungssystem - nur bis zu 20 kb lange Konstrukte aufnimmt.

Risiken beim Einsatz mehrerer Expressionskassetten

Um funktionelle Studien bei Pflanzen durchführen zu können, benötigen Wissenschaftler oft zwei oder mehrere Expressionseinheiten, die gemeinsam getestet werden. Dazu gehören beispielsweise Regulator-Reporter-Kombinationen, die den Gentransfer in Pflanzen zur nächsten Herausforderung machen. Können zwei Konstrukte gleichzeitig transformiert werden, sparen sich die Forscher die zeitaufwendigen Kreuzungen von Pflanzen mit individuellen Konstrukten. Dazu sind allerdings mehrere Resistenz-Kassetten erforderlich und die Effektivität der Co-Transformation liegt bei nur etwa 20 bis 30 Prozent. Zudem kann die Kombination von mehreren Transgenen generell zu Problemen durch Genstilllegung führen, zum Beispiel, wenn Resistenzen vom gleichen Promotor abhängen. Es ist also ratsam, so wenige Resistenzkassetten wie möglich einzusetzen.

Praxistipps für den Umgang mit GreenGate:

Am Centre for Organismal Studies in Heidelberg arbeiten die Wissenschaftler nahezu täglich mit GreenGate. Ihr routinemäßiger Umgang mit dem System brachte sie zu zwei wichtigen Erkenntnissen für den erfolgreichen Einsatz von GreenGate:

1. Die DNA-Qualität muss stimmen: DNA-Konzentration sollte 100 ng/ml nach der Säulenaufreinigung betragen.

2. Die Aktivität der Restriktions-Endonuklease: Die besten Ergebnisse ließen sich mit BsaI-HF von NewEngland Biolabs sowie mit der isoschizomer FastDigest Eco31I von Thermo Fisher Scientific (ehemals Fermentas) erzielen, da die Schnittstellen dieser beiden Enzyme im Genom von der Modellpflanze Arabidopsis thaliana vergleichsweise selten vorkommen. Da beide Enzyme jedoch relativ empfindlich auf wechselnde Temperaturen reagieren, raten die Wissenschaftler, nach der Lieferung kleine Teilmengen einzufrieren. So lassen sich wiederholte Einfrier- und Auftauzyklen vermeiden und die Aktivität der Enzyme erhalten.

Wer diese praktischen Tipps berücksichtigt, wird mit GreenGate schnell und unkompliziert zu einem effektiven Transformations-Vektor für die Pflanzenforschung kommen.


Quelle:
Lampropoulos, A. et al. (2013): GreenGate - a novel, versatile, and efficient cloning system for plant transgenesis. In: PLoS One, 2013; 8(12):e83043, doi: 10.1371/journal.pone.0083043.

Zum Weitelesen auf Pflanzenforschung.de:

Titelbild: Die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) ist die beliebteste Modellpflanze der Pflanzenforschung. (Bildquelle: © sinitar/ Fotolia.com)