Höhere Ernten auch bei Trockenheit

Spritzmittel neu gedacht

16.03.2017 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die klimatischen Bedingungen auf der Erde werden in vielen Regionen extremer. (Bildquelle: © vom / Fotolia.com)

Die klimatischen Bedingungen auf der Erde werden in vielen Regionen extremer. (Bildquelle: © vom / Fotolia.com)

Bisher dienten Spritzmittel in der Landwirtschaft hauptsächlich der Schädlingsbekämpfung. Das könnte sich bald ändern. Wissenschaftler haben eine natürliche Substanz chemisch hergestellt, die sowohl die Ernteerträge, als auch die Trockentoleranz bedeutender Nutzpflanzen erhöht.

Trehalose-6-phosphat (T6P) ist ein wichtiges Regulationsmolekül in Pflanzen. In Anwesenheit von T6P kann die Pflanze Zucker für ihr Wachstum nutzen. Im Gegenzug zeigten Versuche, dass Pflanzen ohne T6P nicht wachsen können – unabhängig davon, wie viel Zucker zur Verfügung steht. Ein T6P-Rezeptor wurde bisher jedoch nicht entdeckt.

T6P hemmt Energiesparprogramm

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Spritzmittel einmal anders: Sie könnten zukünftig eingesetzt werden, um die Produktivität und die Stresstoleranz von Nahrungspflanzen zu verbessern.

Spritzmittel einmal anders: Sie könnten zukünftig eingesetzt werden, um die Produktivität und die Stresstoleranz von Nahrungspflanzen zu verbessern.

Bildquelle: © Stockr / Fotolia.com

Bekannt ist lediglich, dass T6P die SNF1-verwandte Kinase (SnRK1) hemmt. SnRK1 wiederum kann ein Energiespar-Programm in der Pflanze anwerfen, wenn wenig Kohlenstoff zur Verfügung steht. Dann stellt die Pflanze ihr Wachstum ein. Ist ausreichend Zucker vorhanden, kurbelt die Pflanze die Herstellung von T6P an, welches wiederum SnRK1 hemmt. Und diese Hemmung ist unbedingt notwendig, damit die Pflanze den Zucker für ihr Wachstum verstoffwechseln kann.

Bisher ist über die molekularen Funktionen von T6P und die Mitglieder der Trehalose-Multigenfamilie nur wenig bekannt. Aktuelle Studien weisen jedoch darauf hin, dass T6P eine wichtige Stellschraube sein könnte, wenn es darum geht, die Produktivität und die Stresstoleranz von Nahrungspflanzen zu verbessern.

Membrangängige T6P-Vorgänger-Moleküle chemisch hergestellt

Wissenschaftler haben die Erkenntnisse aus den wenigen, vorhandenen Studien nun genutzt, um Nutzpflanzen im Labor und auf dem Feld über die Stellschraube T6P stressresistenter und ertragreicher zu machen. T6P selbst ist ein geladenes Molekül, das die Zellmembran von Pflanzenzellen nicht durchdringen kann. Diese Eigenschaft schließt eine direkte Anwendung des Moleküls aus. Doch den Wissenschaftlern gelang es, im Labor membrangängige, lichtempfindliche T6P-Vorgänger-Moleküle chemisch herzustellen. Diese Moleküle kann die Pflanze über ihre Wurzeln oder andere Pflanzenteile oberhalb der Erde aufnehmen. Eine Behandlung mit Licht wandelt die Vorgänger-Moleküle schließlich in aktives T6P um.

Aktivierung durch Licht

Inzwischen gibt es vier verschiedene Vorstufen-Verbindungen, die innerhalb von ein bis zwei Tagen von den Pflanzen aufgenommen werden. Bestrahlt man diese Pflanzen mit Licht oder setzt sie natürlichem Sonnenlicht aus, entsteht T6P innerhalb weniger Stunden. Eine UV-Licht-Bestrahlung kann diesen Prozess bei Bedarf unterstützen. Die Vorstufen-Moleküle können dabei sehr sparsam eingesetzt werden: Bereits 1 mM dieser Substanzen vervielfachte die T6P Konzentration in Keimlingen um das Hundertfache.

Höhere Ernte und bessere Trockentoleranz

In Feldversuchen sprühten Wissenschaftler die Vorläufer-Moleküle entweder auf ganze Pflanzen oder auf die heranwachsenden Weizenähren. Die gestiegenen T6P-Konzentrationen in den Weizenpflanzen ließen die Erntemenge und den Stärkegehalt des Weizens um beträchtliche 13 bis 20 Prozent steigen. Die behandelten Pflanzen zeigten sich in Versuchen außerdem wesentlich toleranter gegenüber Trockenheit als unbehandelte Kontrollpflanzen.

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T6P beeinflusst Wachstum und Trockentoleranz von Pflanzen gleichermaßen. Bei einer Studie mit Weizen erlaubte die Behandlung mit einem Vorläufer-Moleküle eine Steigerung des Ertrags und machte die Pflanzen toleranter gegenüber Trockenheit.

T6P beeinflusst Wachstum und Trockentoleranz von Pflanzen gleichermaßen. Bei einer Studie mit Weizen erlaubte die Behandlung mit einem Vorläufer-Moleküle eine Steigerung des Ertrags und machte die Pflanzen toleranter gegenüber Trockenheit.

Bildquelle: © iStock.com/SteveMcsweeny

Erfolgreich bei Reis und Mais

Auch bei Mais und Reis verzeichneten Wissenschaftler mit T6P bereits ansehnliche Erfolge: Die kontrollierte Expression eines T6P-Phosphatase-Gens in den Reproduktionsorganen von Mais resultierte in einer höheren Körneranzahl, vor allem während Trockenheit. In einer anderen Studie verlieh das OsTTP7 Gen überflutungstolerantem Reis die Fähigkeit, unter anaeroben Bedingungen zu keimen. Das ist eine besondere Fähigkeit der Reispflanzen, denn die meisten von ihnen enthalten nur ein verkürztes, inaktives OsTTP-Gen und können unter Wasser nicht mehr auskeimen. In beiden Fällen sorgte eine Veränderung des T6P-Levels dafür, dass die Pflanzen den vorhandenen Zucker für ihr Wachstum nutzen: Der Mais im Embryo, der Reiskeimling im Triebmeristem.

Ort und Zeit der Behandlung wichtig

Die bisherigen Ergebnisse sind zwar vielversprechend, doch einige wichtige Fragen sind noch ungeklärt. Gerade die Versuche an Mais und Reis verdeutlichen, wie wichtig es ist, T6P zur richtigen Zeit am richtigen Ort der Pflanze einzusetzen. Wie die Pflanze aufgrund eines hohen T6P-Gehalts ihren Zuckerhaushalt reguliert, ist noch nicht bekannt. Offenbar beeinflusst T6P Wachstum und Trockentoleranz gleichermaßen – auch hier sind die molekularen Mechanismen noch gänzlich unbekannt.

Die Versuche an Weizen haben bisher nur unter kontrollierten Bedingungen stattgefunden. Ob sich die erfolgversprechenden Ergebnisse auch auf dem Feld in der landwirtschaftlichen Praxis und bei anderen Getreidepflanzen reproduzieren lassen, muss noch getestet werden. Chemische Substanzen, die den Stoffwechsel von Pflanzen gezielt beeinflussen, könnten jedoch eine zukunftsweisende Strategie sein, um dem drohenden Hunger der rapide anwachsenden Weltbevölkerung und dem Klimawandel zu begegnen.


Quellen:

  • Smeekens, S. (2017): Drought resistance: Spraying for yield. In: Nature Plants 3: 17023 (2017), (3. März 2017), doi: 10.1038/nplants.2017.23.
  • Griffiths, C.A., et al. (2016): Chemical intervention in plant sugar signalling increases yield and resilience. In: Nature, 540, 574–578, (22. Dezember 2016), doi:10.1038/nature20591.

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