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Fünf Faktoren machen aus einem Standort ein Zuhause für Pflanzen

24.02.2015 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Wasser, Licht und Wärme sowie ausreichend Nährstoffe und Schutz vor mechanischen Einflüssen machen aus einem Standort ein Zuhause. (Bildquelle: © Daniel Bleyenberg / pixelio.de)

Wasser, Licht und Wärme sowie ausreichend Nährstoffe und Schutz vor mechanischen Einflüssen machen aus einem Standort ein Zuhause. (Bildquelle: © Daniel Bleyenberg / pixelio.de)

Licht, Wärme, Wasser, chemische und mechanische Faktoren gelten als die fünf primären Standortfaktoren. Sie bilden die Voraussetzung für die Existenz und das Wachstum von Pflanzen. Beides ist nicht möglich, wenn auch nur einer von ihnen auf Dauer fehlt.

Pflanzen sind in der Lage, selbst unter schwierigen Bedingungen und an ungewöhnlichen Orten zu wachsen und zu überleben. Bekannte Beispiele sind Straßen oder Verkehrswege. Hauptsächlich flachwurzelnde Gräser und kleine Blümchen schaffen es dort, den Widrigkeiten zu trotzen. Noch dazu ohne die Hilfe des Menschen. Sie finden dort alles, was sie zum Wachsten und Überleben brauchen.

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Die Welwitschie (Welwitschia mirabilis) ist an das Leben in extremen Umgebungen angepasst. Ihre Wurzeln breiten sich auf der Suche nach Wasser über eine große unterirdische Fläche aus.

Die Welwitschie (Welwitschia mirabilis) ist an das Leben in extremen Umgebungen angepasst. Ihre Wurzeln breiten sich auf der Suche nach Wasser über eine große unterirdische Fläche aus.

Bildquelle: © Freddy Weber/ wikimedia.org/ CC0

Fünf Faktoren sind ausschlaggebend

Da Pflanzen anders als andere Lebewesen an einen Standort gebunden sind, müssen sie mit dem, was sie dort finden, zurechtkommen. Es gibt fünf ausschlaggebende Faktoren:  An erster Stelle stehen dabei die abiotischen (unbelebten) Faktoren Wasser, Licht und Wärme sowie mechanische und chemische Faktoren. Sie beeinflussen das Aussehen und die Eigenschaften von Pflanzen, z. B. die Größe der Blätter oder die Länge der Wurzeln. Wie bei den Tieren greift auch bei Pflanzen das Prinzip der natürlichen Selektion, wonach diejenigen Arten die größten Überlebenschancen besitzen, die am besten an ihre Umgebung angepasst sind.

Es existieren Ober- und Untergrenzen

Je nach Verfügbarkeit schaffen die fünf Faktoren somit nicht nur die Voraussetzung für pflanzliches Leben, sondern begrenzen es auch wieder, weshalb sie auch als Minimumfaktoren bezeichnet werden. Das heißt, dass das Pflanzenwachstum am stärksten von demjenigen Faktor eingeschränkt wird, der am geringsten vorhanden ist. In einer überaus nährstoffreichen, aber zugleich trockenen Umgebung, kann das große Nährstoffangebot den Wassermangel nicht ausgleichen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es kein Maximum gibt. Für jeden primären Standortfaktor bzw. ausgehend von jeder Pflanzenart existiert auch eine Obergrenze. Überschreitet ein Faktor diese, kann die Pflanzen sogar geschädigt werden.

Ausnahmen bestätigen die Regel

Es  existieren auch Ausnahmen: Pflanzen, die im Laufe der Evolution raffinierte Anpassungs-, Überlebens-, und Vermehrungsstrategien entwickelt haben, die es ihnen ermöglichen, extreme Standorte zu besiedeln. Zum Beispiel indem sie ihren Energieverbrauch drosseln oder sich vegetativ vermehren (klonen) - auf diese Weise bleiben Genotypen optimal erhalten, die besonders an extreme Lebensräume angepasst sind. Jedoch gerät der Großteil der Pflanzen, die unter extremen Bedingungen wachsen unter Stress, wodurch ihr Stoffwechsel und Wachstum beeinträchtigt werden. Dazu zählen z. B. Hitze-, Kälte- oder Trockenstress.

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Licht, Wasser und Wärme im Überfluss und dazu ein großes Angebot an Nährstoffen schaffen die Voraussetzungen für den größten Regenwald der Erde: Den Amazonas-Regenwald.

Licht, Wasser und Wärme im Überfluss und dazu ein großes Angebot an Nährstoffen schaffen die Voraussetzungen für den größten Regenwald der Erde: Den Amazonas-Regenwald.

Bildquelle: © Bildpixel / pixelio.de

Die fünf Standortfaktoren im Überblic

Wasser: Wasser spielt als primärer Standortfaktor in doppelter Hinsicht eine wichtige Rolle. Es dient zum einen als Ausgangsstoff für die Photosynthese, ohne die es weder Pflanzen noch Sauerstoff und Leben auf unserem Planeten gäbe. Zum anderen dient Wasser auch als Lösungs- und Transportmittel für Nährstoffe, die Pflanzen zur Energiegewinnung und zum Aufbau der Körpermasse benötigen und die sie über ihre Wurzeln oder Blätter aufnehmen. Wasser sorgt zudem für den Zellinnendruck (Turgor), wodurch Pflanzenteile gespannt und stabilisiert werden.

Licht: Um Photosynthese zu betreiben, nutzen Pflanzen das Sonnenlicht als Energiequelle. Der grüne Pflanzenfarbstoff Chlorophyll sorgt dafür, dass energiereiche Lichtteilchen, sogenannte Photonen, absorbiert werden, sobald die Sonnenstrahlen auf das Blatt treffen. Die Photosyntheseaktivität ist von der Intensität des Lichts abhängig, je stärker also die Sonne scheint, desto größer ist die Photosyntheseaktivität – jedoch nur bis zu einem gewissen Grad. Ein Zuviel an Energie verursacht Schäden. Übersteigt die Intensität des Lichts ein bestimmtes Maß, so entsteht in der Zelle zu viel Energie und das Chlorophyll verändert sich und wird zum Zellgift.

Wärme: So wie alle chemischen und physikalischen Abläufe und Prozesse von der Temperatur beeinflusst werden, gilt dies auch im Zusammenhang mit der Photosynthese und den Stoffwechselprozessen von Pflanzen, die im Grunde nichts anderes sind als chemische Prozesse in Lebewesen. Aus diesem Grund gilt auch für diese Prozesse, dass sie schneller ablaufen, je höher die Umgebungstemperatur ist. Dennoch existieren eine Ober- und eine Untergrenze. Während bei zu hohen Temperaturen (über 45 °C) Enzyme zunehmend beschädigt werden, die an wichtigen Prozessen beteiligt sind, und der Wasserverlust ansteigt, verlangsamen niedrige Temperaturen besagte Prozesse, bis sie zum Erliegen kommen. Hinzu kommt, dass unterhalb des Gefrierpunkts auch die Wasseraufnahme beeinträchtigt wird, was die Photosynthese und die Nährstoffaufnahme zusätzlich bremst.

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Fraß- und Trittschäden durch grasendes Vieh zählen zum Beispiel zu den mechanischen Faktoren, die auf Pflanzen einwirken.

Fraß- und Trittschäden durch grasendes Vieh zählen zum Beispiel zu den mechanischen Faktoren, die auf Pflanzen einwirken.

Bildquelle: © Rainer Sturm/ pixelio.de

Chemische Faktoren: Wie Menschen benötigen auch Pflanzen Nährstoffe, die als Ausgangsstoffe und Bausteine von Stoffwechselprozessen und somit der Energiegewinnung oder dem Aufbau von Biomasse dienen. Die Nährstoffe und Salze sorgen zudem dafür, dass ein osmotischer Druck entsteht, durch den das Wasser in die Zellen strömt. Neben den elementaren Bausteinen für die Photosynthese, nämlich Sauerstoff (O), Wasserstoff (H) und Kohlenstoff (C), bilden Stickstoff (N), Kalium (K) und Phosphor (P) sowie Magnesium (Mg), Calcium (Ca) und Schwefel (S) die wichtigsten Nährstoffe für Pflanzen. Neben diesen Makronährstoffen, die Pflanzen in größeren Mengen benötigen sind sogenannte Mikronährstoffe wichtig. Zu diesen zählen Chlor (Cl), Eisen (Fe), Bor (B), Mangan (Mn), Zink (Zn), Kupfer (Cu), Molybdän (Mo), Nickel (Ni) und Selen (Se). Aber auch Iod (I), Cadmium (Cd), Cobalt (Co) und Silizium (Si) sind für manche Pflanzen wichtig. Mikronährstoffe werden nur in kleinen Mengen teilweise nur in Spuren benötigen.

Mechanische Faktoren: Unter dem Oberbegriff mechanische Faktoren werden alle Einflüsse zusammengefasst, die auf Pflanzen auf physische Weise, von außen einwirken. Dazu zählen zum Beispiel Feuer, Wind oder Blitzschlag aber auch Fraßschäden durch Insekten oder grasende Tiere.

Das Klima – Sekundär, aber keineswegs zweitrangig

Das Klima ist für Pflanzen von besonderer Bedeutung. Dass es nicht in der Kategorie der primären Standortfaktoren auftaucht, bedeutet nicht, dass seine Bedeutung zu vernachlässigen ist, sondern unterstreicht die Vielschichtigkeit seiner Auswirkungen auf den Standort einer Pflanze oder, genauer gesagt, auf die primären Standortfaktoren: Eine Veränderung des Klimas zieht nicht nur Temperaturveränderungen oder -schwankungen nach sich, sondern beeinflusst zum Beispiel auch die Niederschlagsmenge. Durch eine verstärkte Wolkenbildung kann zudem die Sonneneinstrahlung verändert und durch starke Winde und Stürme Pflanzen zerstört werden, um nur einige Auswirkungen zu nennen.

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Erst die Kenntnisse über die primären Standortfaktoren ermöglichen es, deren Angebot zu optimieren. Bis auf die technischen Möglichkeiten und Dimensionen hat sich an diesem Grundprinzip der Landwirtschaft seit ihren Anfängen nicht viel verändert.

Erst die Kenntnisse über die primären Standortfaktoren ermöglichen es, deren Angebot zu optimieren. Bis auf die technischen Möglichkeiten und Dimensionen hat sich an diesem Grundprinzip der Landwirtschaft seit ihren Anfängen nicht viel verändert.

Bildquelle: © Sam Beebe/ wikimedia.org/ CC BY 2.0

Wie das Klima, gibt es weitere Faktoren, wie den Boden oder die Lage (Relief), aber auch den Menschen und die Tiere (biotische Faktoren), welche nicht direkt, sondern indirekt auf Pflanzen einwirken. Weil sie die primären Standortfaktoren beeinflussen und verändern, zählen sie zur Kategorie der sekundären Standortfaktoren.

Voraussetzung für die Landwirtschaft

Das Wissen über die Standortfaktoren ist ebenso wie die Fähigkeit, diese auf einer Anbaufläche in einem möglichst optimalen Maß zur Verfügung zu stellen, die entscheidende Voraussetzung, um Landwirtschaft zu betreiben. Und zwar seit Beginn der Sesshaftigkeit der Menschen vor über 12.000 Jahren bis heute. Zwar haben sich im Laufe der Zeit das Wissen, die Dimensionen und technologischen Möglichkeiten gewandelt, dennoch schaffen die Standortfaktoren nach wie vor die Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft.

Die Verantwortung des Menschen

Vor dem Hintergrund des Klimawandels, begrenzter natürlicher Ressourcen, sich verändernder und verschiebender Standorte leistet die Pflanzenforschung einen Beitrag, indem sie an der Entwicklung neuer Sorten forscht, die an neue und sich verändernde Gegebenheiten angepasst und z. B. weniger anfällig gegenüber Hitze oder Trockenheit sind oder mit weniger Wasser auskommen können. Gleichzeitig gilt nach wie vor, dass die besten Standortvoraussetzung und Wachstumsbedingungen in funktionierenden Ökosystemen vorzufinden sind, weshalb im Grunde alle Menschen in der Verantwortung und Pflicht stehen, nachhaltig mit der Umwelt umzugehen und sich ihrer Rolle als sekundärer Standortfaktor bewusst zu sein.


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Titelbild: Wasser, Licht und Wärme sowie ausreichend Nährstoffe und Schutz vor mechanischen Einflüssen machen aus einem Standort ein Zuhause. (Bildquelle: © Daniel Bleyenberg / pixelio.de)