Hummeln im Sinkflug

Klimawandel macht Hummeln stärker zu schaffen als anderen Insektenarten

31.07.2015 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Hummel im Anflug auf eine Blüte: Die Veränderungen durch den Klimawandel machen den Hummeln stark zu schaffen. (Bildquelle: © Bernie/wikimedia.org; gemeinfrei)

Hummel im Anflug auf eine Blüte: Die Veränderungen durch den Klimawandel machen den Hummeln stark zu schaffen. (Bildquelle: © Bernie/wikimedia.org; gemeinfrei)

Forscher untersuchen das Vorkommen von Hummeln in Europa und Nordamerika und stellen fest, dass ihre Territorien immer kleiner werden.

Durch den Klimawandel wandern viele Tier- und Pflanzenarten in Regionen ab, wo die Bedingungen für sie geeigneter sind. Nicht so die Hummeln: Eine Gruppe von Forschern hat in einer neuen Studie die Reaktion verschiedener Hummelarten auf den Klimawandel untersucht und festgestellt, dass sie dem sich verändernden Klima nicht ausweichen, sondern dass ihre Gebiete immer mehr schrumpfen.

Fleißige kleine Brummer

Hummeln sind neben ihren Verwandten, den Honigbienen und einigen anderen Insekten wichtige Bestäuber in der Landwirtschaft. Die gesamte Arbeitsleistung aller bestäubenden Insekten liegt bei etwa 215 Milliarden Dollar pro Jahr. Etwa 75 Prozent unserer Nutzpflanzen sind abhängig von der Insektenbestäubung. Ohne sie gäbe es zum Beispiel keine Äpfel, keine Erdbeeren, keine Kirschen, keinen Kaffee, kein Rapsöl.

Wie schon seit längerem bekannt ist, geht es besonders den Hummeln schlecht. Sie kämpfen mit einem giftigen Cocktail aus Pflanzenschutzmitteln, mit eingeschleppten Parasiten sowie mit Habitatverlust und einem Mangel an Nahrungspflanzen. Denn eine einseitige Ernährung allein von einer Nutzpflanzen-Monokultur ist wie bei uns Menschen auch für sie nicht gesund. Auch der Klimawandel macht ihnen zu schaffen: Durch das sich verändernde Klima mit mehr Hitzewellen, Starkregen und Stürmen verschieben sich die Regionen, in denen Hummeln gute Bedingungen vorfinden.

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Die Dunkle Erdhummel (Bombus terrestris): Eine der wenigen Arten, die sich erfolgreich nach Norden ausbreiten konnten.

Die Dunkle Erdhummel (Bombus terrestris): Eine der wenigen Arten, die sich erfolgreich nach Norden ausbreiten konnten.

Bildquelle: © Penny Metal/flickr.com; CC BY 2.0

Da Hummeln sowohl im ökologischen als auch im ökonomischen Sinn eine wichtige Rolle spielen, untersuchten die Forscher das Verhalten verschiedener Hummelarten aus Europa und Nordamerika im Hinblick auf den Klimawandel. Dazu werteten sie Insektensammlungen aus Forschungseinrichtungen und privaten Sammlungen aus einem Zeitraum von 1901 bis 2010 aus und erhielten so einen Überblick über die Verbreitung von 36 europäischen und 31 nordamerikanischen Hummelarten. So kamen sie auf einen Datensatz von etwa 423.000 Einzeldaten. Auf dieser Datengrundlage untersuchten sie Veränderungen in den Verbreitungsgebieten der einzelnen Arten, deren jeweils wärmste und kühlste Vorkommen sowie den Einfluss von Pflanzenschutzmitteln und Landnutzung.

Zu langsam zum Ausweichen

Dabei stellte sich heraus, dass bei einigen Hummelarten seit 1974 eine deutliche Verkleinerung der Verbreitungsgebiete von Süden her stattgefunden hatte – um bis zu 300 Kilometer.  Gleichzeitig hatten nur wenige Arten ihr Territorium nach Norden ausdehnen können. Parallel dazu waren die Verbreitungsgrenzen besonders bei Arten aus südlichen Gebieten um bis zu 300 Höhenmeter angestiegen. Diese Tendenzen zeigten sich auch in Regionen ohne intensive Landwirtschaft und begannen schon, bevor zum Beispiel Neonicotinoide intensiver eingesetzt wurden. Daraus schlossen die Forscher, dass der Rückgang nicht an der Landnutzung oder am Einsatz von Pflanzenschutzmitteln lag, sondern hauptsächlich an veränderten Klimabedingungen.

Ein möglicher Grund ist den Forschern zufolge die Tatsache, dass Hummeln sich in kühleren Klimaten entwickelt haben und daher besonders empfindlich auf die Erwärmung reagieren. Das erklärt allerdings nur den Rückzug aus den wärmeren Bereichen, nicht aber die fehlende Expansion nach Norden. Hier könnte eine Ursache in der Entwicklung von Hummeln liegen. Viele Hummelarten bilden kleine Kolonien und können sich so nur langsam ausbreiten. Eine der wenigen Ausnahmen ist die Dunkle Erdhummel (Bombus terrestris), eine in Europa sehr häufige Hummelart. Sie bildet größere Kolonien und konnte ihr Territorium erfolgreich nach Norden ausdehnen. Viele andere Arten, besonders diejenigen mit speziellen Habitatansprüchen, haben dieses Glück nicht. Sie sind weniger zahlreich und nicht so flexibel Infolgedessen verkleinert sich ihr Verbreitungsgebiet mit steigender Erwärmung.

Eine neue Bleibe

Eine Möglichkeit, den Hummeln zu helfen, wären kontrollierte Umsiedlungen in nördlichere Gebiete, schlagen die Forscher vor. Zudem müssen die Habitatveränderungen durch den Klimawandel wesentlich intensiver erforscht werden. Und natürlich: Die Auswirkungen des Klimawandels müssen endlich begrenzt werden. Die Forscher betonen, dass die Menschheit es sich nicht leisten kann, wenn viele Hummelarten, die als Bestäuber so viel Bedeutung haben, aussterben sollten. Letztlich nehmen wir uns damit nur selbst einen wichtigen Teil unserer Lebensgrundlage.


Quelle:
Kerr, J. et al. (2015): Climate change impacts on bumblebees converge across continents. In: Science Vol 349, (10.Juli 2015), doi: 10.1126/science.aaa7031.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Hummel im Anflug auf eine Blüte: Die Veränderungen durch den Klimawandel machen den Hummeln stark zu schaffen. (Bildquelle: © Bernie/wikimedia.org; gemeinfrei)