Immer der Nase nach…

Methylsalicylat dient verschiedenen Organismen als Schlüsselsignal bei der Orientierung

06.06.2014 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die Blattlaus Diaphorina Citri ist der Überträger der Pflanzenkrankheit Huánlóngbìng. (Bildquelle: © Jeffrey Weston Lotz (Florida Department of Agriculture)/ wikimedia/ CC0 1.0)

Die Blattlaus Diaphorina Citri ist der Überträger der Pflanzenkrankheit Huánlóngbìng. (Bildquelle: © Jeffrey Weston Lotz (Florida Department of Agriculture)/ wikimedia/ CC0 1.0)

Forscher beobachten zum ersten Mal, wie ein Bakterium, eine Wespenart und ein Parasit von der Wahrnehmung eines einzelnen pflanzlichen Signalstoffs profitieren.

Die Freisetzung von Blattduftstoffen ist eine Kommunikations- und Abwehrmaßnahme von Pflanzen. Bei der Abwehr geht es darum, Schadinsekten, Bakterien und oder Pilze fernzuhalten oder zu töten, und zwar sowohl direkt als auch indirekt durch das Anlocken von Fressfeinden der Schädlinge. Angestoßen wird die Produktion und Freisetzung der Signalstoffe durch die Beschädigung von Pflanzenteilen. Einer dieser Duftstoffe ist Methylsalicylat. Forscher beobachteten nun erstmals, dass drei verschiedene Arten von Lebewesen diesen Wirkstoff wahrnehmen und zu ihrem eigenen Vorteil nutzen.

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Die grünliche Färbung der Schale auf der unteren Hälfte ist ein typisches Symptom der Pflanzenkrankheit Huánlóngbìng.

Die grünliche Färbung der Schale auf der unteren Hälfte ist ein typisches Symptom der Pflanzenkrankheit Huánlóngbìng.

Bildquelle: © T.R.Gottwald u. S.M.Garnsey/ Wikimedia/ CC0 1.0

Wenn die Pflanzenabwehr zur Schwachstelle wird

Das Bakterium Candidatus Liberibacter asiaticus ruft eine Pflanzenkrankheit namens Huánlóngbìng hervor, die Orangenbäume (Citrus sinensis) in einigen Anbauregionen in Amerika, Asien und Afrika befällt. Durch die Infektion  wird die Produktion und Freisetzung von Methylsalicylat in Gang gesetzt. Der Signalstoff lockt eine bestimmte Blattlausart an (Diaphorina citri), die auf der Suche nach Nahrung und einem Platz zur Eiablage ist. Der Duftstoff signalisiert der Blattlaus, dass Teile des Orangenbaums beschädigt sein könnten, aus denen Pflanzensaft hervortritt, von dem sich die Blattlaus hauptsächlich ernährt. Bei der Nahrungsaufnahme nehmen die Blattläuse jedoch auch gleichzeitig die Bakterien auf. Da durch eine Infektion mit dem Bakterium der Nährstoffgehalt der Blätter sinkt, sehen sich die Blattläuse bald gezwungen, ihre Nahrungssuche nach der Eiablage auf anderen Bäumen fortzusetzen. Mit den Bakterien im Gepäck steuern sie auch gesunde Orangenbäume in der Umgebung an, die auf diese Weise infiziert werden. Die Bakterien nutzen die pflanzliche Produktion des Abwehr-Blattduftstoffes Methylsalicylat dazu, um sich einen Shuttle zu rufen, der sie von Baum zu Baum trägt und verbreitet.

Methylsalicylat lockt Wespen an und fördert Parasitismus

Wie die Forscher herausfanden lockt das Methylsalicylat jedoch nicht nur die Blattläuse, sondern auch eine Wespenart (Tamarixia radiata) an, die ihrerseits auch auf der Suche nach geeigneten Ablageplätzen für ihre Eier ist. Aus Sicht der Wespe sind Plätze in der Nähe der Nymphen der Blattlaus besonders geeignet. Die parasitischen Larven der Wespe nutzen den Nachwuchs der Blattläuse als proteinreiche Nahrungsquelle.

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Auch die Maispflanze (Zea mays) setzt Methylsalicylat frei, um Schädlinge abzuwehren.

Auch die Maispflanze (Zea mays) setzt Methylsalicylat frei, um Schädlinge abzuwehren.

Bildquelle: © piyagoon/ iStock/ Thinkstock

Die Forscher wiesen in Versuchen nach, dass sich die Wespenart bei der Suche nach Ablageplätzen an dem Blattduftstoff Methylsalicylat orientiert und gezielt Orangenbäume ansteuert, die den Duftstoff absondern. Sie beobachteten außerdem, dass auch die parasitischen Larven auf den Signalstoff reagieren und ihre Aktivität steigern, sobald sie diesen wahrnehmen. Der Effekt zeigte sich sowohl für den Fall, dass die Methylsalicylatproduktion und -freisetzung durch das Bakterium allein angestoßen wird, als auch im Rahmen der Abwehrreaktion auf Fraßschäden durch die Blattlaus. Das Methylsalicylat dient quasi als Wegweiser für die Wespe zu einer Pflanze, die von Blattläusen befallen ist. Die Chance, dort auf Blattlausnymphen zu treffen, ist dementsprechend höher.

Biologischer Pflanzenschutz für die Landwirtschaft

Die Wespe kann als biologische und natürliche Waffe zur Bekämpfung und Eindämmung der Pflanzenkrankheit Huánlóngbìng betrachtet werden. Diese verursacht bisweilen Schäden in Milliardenhöhe. Eine Infektion führt zu verkümmertem Wachstum und häufig auch zum Absterben der Bäume. Die Orangen der betroffenen Bäume, weisen eine grünliche Schalenfärbung auf ihrer unteren Hälfte auf, sind kleiner und schmecken bitter und sind somit nicht mehr für den Verkauf geeignet. Für die Landwirte in den betroffenen Regionen könnte das Wissen um die zentrale Rolle von Methylsalicylat von großem Nutzen sein, um die Ausbreitung der Pflanzenkrankheit mit Hilfe der Wespe und ihrem hungrigen Nachwuchs einzudämmen. Die Forscher konnten im Rahmen ihrer Studie nachweisen, dass auch künstlich hergestelltes Methylsalicylat den gewünschten Effekt erzielt und die Wespen anlockt.


Quelle:
Martini, X. et al. (2014): Plant pathogen-induced volatiles attract parasitoids to increase parasitism of an insect vector. In: Front. Ecol. Evol. 2:8, (29. Mai 2014) DOI: 10.3389/fevo.2014.00008.

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Titelbild:Die Blattlaus Diaphorina Citri ist der Überträger der Pflanzenkrankheit Huánlóngbìng. (Bildquelle: © Jeffrey Weston Lotz (Florida Department of Agriculture)/ wikimedia/ CC0 1.0)