Kakao hätte es gerne etwas schattiger

Wie man Kakaoplantagen vor Klimawandel und Schädlingen schützen kann

05.06.2018 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Kakaoplantage in Ghana: Forscher und Kleinbauern haben auf Kakaoplantagen den optimalen Verschattungsgrad gesucht und gefunden. (Bildquelle: © Wilma Blaser/ETH Zurich)

Kakaoplantage in Ghana: Forscher und Kleinbauern haben auf Kakaoplantagen den optimalen Verschattungsgrad gesucht und gefunden. (Bildquelle: © Wilma Blaser/ETH Zurich)

Morgens Kakao, zwischendurch ein Eis und abends vielleicht noch eine Praline: Auf Schokolade wollen die meisten nur ungerne verzichten. Während weltweit der Heißhunger auf Schokolade steigt, müssen die Kakaofarmer aber mit alternden Plantagen, sinkender Bodenfruchtbarkeit, erhöhten Schädlings- und Krankheitsraten sowie den Folgen des Klimawandels zurechtkommen. Eine Rechnung, die schwerlich aufgeht und schon in naher Zukunft dafür sorgen könnte, dass der Rohstoff Kakao knapp wird.

Forscher der „Sustainable Agroecosystems Group“ der ETH Zürich haben sich jetzt aufgemacht, die Zukunft der Schokolade zu sichern. Agroforstsysteme sollen es richten. Bei dieser Form der Landnutzung werden Elemente der Landwirtschaft mit denen der Forstwirtschaft kombiniert – natürlich zum beiderseitigen Vorteil. Denn bevor Kakaobäume in ertragreichen Monokulturen angebaut wurden, wuchsen sie stets im Schatten anderer Bäume. Nun haben sich die Forscher eine Frage gestellt: War der Anbau von Kakao als Monokultur eher eine ökonomische und ökologische Sackgasse?

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Die Frucht des Kakaobaums wird bis zu einem halben Kilogramm schwer.

Die Frucht des Kakaobaums wird bis zu einem halben Kilogramm schwer.

Bildquelle: © iStock.com/Evgeny Kozhevnikov

Dienstleister für den Kakao

Denn die Schattenbäume sind in der Lage, wichtige Dienstleistungen für den Kakaobaum zu erbringen: Schutz vor übermäßiger Sonne, eine Regulierung von Temperatur und Feuchtigkeit, die Bereitstellung eines Lebensraums für Pflanzen und Tiere sowie die Eindämmung von Schädlingen. Bestenfalls, so erhofften sich die Forscher, könnten die Schattenbäume auch die Bodenfruchtbarkeit besser erhalten und Kohlenstoff aus der Atmosphäre aufnehmen. Alles wichtige Ökosystemdienstleistungen, auf die Prof. Dr. Johan Six, Leiter der Forschungsgruppe, ein Auge hat.

Hält der Schattenbaum, was er verspricht?

Aber die Vorteile, die ein überdachtes Plätzchen für die Nutzpflanze Kakao in Aussicht stellt, haben im wahrsten Sinne des Wortes auch ihre „dunklen Seiten“. So konkurrieren die Schatten spendenden Bäume mit der Kakaopflanze um Licht und Nährstoffe - was zu Ertragseinbußen führen kann. Bisher gab es keine Studie, die Kosten und Nutzen  beim Anbau von Kakao in Agroforstsystemen näher untersucht hat und konkrete Empfehlungen für den optimalen Verschattungsgrad geben konnte.       

Zeit, das sich das ändert, Zeit für eine Feldstudie - das dachte sich wohl auch Wilma Blaser, Postdoktorandin in der Arbeitsgruppe von Johan Six: „Wir waren daran interessiert, ob die Schattenbäume tatsächlich alles halten können, was sie versprechen und wie wir die Kakao-Agrarforstsysteme optimieren können." Zu diesem Zweck wurden in einer Feld-Studie in Ghana (Westafrika) – dem zweitgrößten Kakaoproduzenten der Welt – „schattige“ Kakao-Anbausysteme mit „nicht-schattigen“ verglichen. Die Wissenschaftler arbeiteten dazu mit den dort ansässigen Kleinbauern eng zusammen.

Das Optimum der Verschattung liegt bei 30 Prozent

Diese Zusammenarbeit wurde belohnt. Die Forscher konnten exakt bestimmen, bei wieviel Schatten sich der Kakaobaum am wohlsten fühlt: Eine Beschattung von 30 % durch andere Baumarten ist ideal. Schädlinge und Krankheiten wurden bei diesem Wert deutlich zurückgedrängt, die Temperatur auf der Plantage sank deutlich, es wurde mehr Kohlenstoff von den Pflanzen gebunden und die Bodenfeuchte stieg deutlich an. Aber mehr Schatten sollte diese Plantagen nicht haben, denn dann fällt der Ertrag deutlich ab. 30 Prozent Beschattung ist also der Wert, den man sich im Kakao-Business merken sollte.

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Einige Arbeitsschritte vor der fertigen Tafel Schokolade: Die Kakaobohnen müssen zunächst fermentiert, getrocknet und geröstet werden.

Einige Arbeitsschritte vor der fertigen Tafel Schokolade: Die Kakaobohnen müssen zunächst fermentiert, getrocknet und geröstet werden.

Bildquelle: © pixabay/CC0

Agrarökosysteme für mehr Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft

Bei allen positiven Auswirkungen: als Allheilmittel möchte Six das neue Anbausystem auch nicht verstanden wissen. Selbst das allerbeste Agrarökosystem ist nicht in der Lage, das natürliche Ökosystem und dessen große Verdienste im Hinblick auf Kohlenstoff-Aufnahme oder Biodiversität zu ersetzen. Six fasst es so zusammen: „Landwirtschaft ist nie natürlich; die Idee hinter der Agrarökologie ist einfach, mehr Ökologie in die Landwirtschaft einzubringen." Insgesamt könne die Landwirtschaft somit nachhaltiger und stabiler werden.  

Auf der Suche nach dem perfekten Schattenbaum

Während die Forscher sich freuen, den Farmern jetzt erstmals konkrete Anbauempfehlungen an die Hand geben zu können, bleibt nach wie vor genügend Forschungsbedarf. „Gezielte Düngung, rechtzeitige Schädlingsbekämpfung, regelmäßiges Beschneiden oder Unkrautjäten können den Kakaoertrag auch bei höherem Schattenwurf erhöhen", ist sich Blaser sicher. Auch müssen noch die besten Schattenbäume für Kakaoplantagen durch weitere Feldstudien ausgewählt werden. Die Forscher fanden in Ghana 38 verschiedene Arten, die dafür in Frage kommen - z. B. Orangen-, Mango- und Avocadobäume.


Quelle:
Blaser, W.J. et al. (2018): Climate-smart sustainable agriculture in low-to-intermediate shade agroforests. In: Nature Sustainability, 1, 234-239, (15. Mai 2018), doi: 10.1038/s41893-018-0062-8.

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Titelbild: Kakaoplantage in Ghana: Forscher und Kleinbauern haben auf Kakaoplantagen den optimalen Verschattungsgrad gesucht und gefunden. (Bildquelle: © Wilma Blaser/ETH Zurich)