Kartoffeln:

Geschichte, Züchtung und eine Katastrophe

06.03.2019 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Illustration der Kartoffel: Nirgendwo sonst auf der Welt ist der Pro-Kopf-Verbrauch höher als in Deutschland. Er liegt bei rund 60 Kilo. (Bildquelle: © Pflanzenforschung.de)

Illustration der Kartoffel: Nirgendwo sonst auf der Welt ist der Pro-Kopf-Verbrauch höher als in Deutschland. Er liegt bei rund 60 Kilo. (Bildquelle: © Pflanzenforschung.de)

Eine Einwanderung mit Hürden.

Die Kartoffel (Solanum tuberosum) ist eine Einwandererin. Erst im 16. Jahrhundert brachten Seefahrer diese Pflanze nach Europa. Die Heimat der Kartoffel liegt in den Anden im heutigen Bolivien und Peru. Doch zunächst war die Kartoffel für den Anbau in unseren Breiten wenig geeignet. In Äquatornähe sind die Tage im Sommer sehr viel kürzer als bei uns. Das ungewohnte Klima führte dazu, dass die Kartoffelpflanze nur kleine und grüne Knollen produzierte. Diese waren wegen des hohen Gehaltes eines giftigen Alkaloides zum Verzehr weniger geeignet.

Der exotischen Knolle stand die europäische Bevölkerung als Nahrungsmittel daher lange Zeit sehr skeptisch gegenüber. Meist wurde sie wegen ihrer hübschen Blüte in Gärten angepflanzt. Doch Friedrich der Große (1712-1786) erkannte den prinzipiellen Wert der Kartoffel als Grundnahrungsmittel für seine Soldaten. Für den großflächigen Anbau in Schlesien und Pommern machte sich Friedrich der Große unter Androhung von Strafen stark. 

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Zu Besuch im Schaugarten des Max-Planck-Institutes für Pflanzenzüchtungsforschung (MPIPZ) in Köln.

Videoquelle: © Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung (MPIZ)

Erst Anfang des 20 Jahrhunderts konnten neue Sorten gezüchtet werden, die auch mit einer Tageslänge von über 14 Stunden gut zurechtkamen. Und die Züchtung ging noch weiter. Denn heute können wir Kartoffeln nicht nur im Herbst ernten, sondern auch schon im Frühjahr – als Frühkartoffeln und passende Beilage zu Spargel, Grüner Soße und anderen Frühlingsgerichten.

Landwirte können heute unter über 3000 Sorten wählen, die in vier Reifegruppen eingeteilt werden. Die sehr frühen Sorten werden bereits nach 90 Tagen geerntet. Darüber hinaus gibt es frühe Sorten, mittelfrühe Sorten und mittelspäte bis späte Sorten. Sehr späte Sorten brauchen bis zu 160 Tage, ehe sie erntereif sind. Und die Kartoffeln sind durch die Züchtung absichtlich unterschiedlich groß und geformt. Große, lange und glatte Kartoffeln werden beispielsweise bevorzugt für die Herstellung von Pommes Frites verwendet.

Kartoffeln finden heute Verwendung als Nahrungs- und Futtermittel sowie zur Herstellung von Alkohol und industriellen Rohstoffen. 60 % der Kartoffelernte in Deutschland werden als Nahrungsmittel, etwa 30 % zur Herstellung von Stärke und etwa 4 % für die Ethanolgewinnung genutzt. Von der verbleibenden Ernte fallen etwa 6 % als Saatgut und nur 1,2 % als Futtermittel an. Die Stärke wird industriell zur Herstellung von Papier, Pappe, Kleister, Baustoffen und Verpackungen, Waschmittel, Zahnpasta, Tabletten und vielen anderen Produkten verwendet.

Doch die Züchtung geht auch bei den Kartoffeln weiter. Heute geht es u. a. um eine Verbesserung der Verarbeitungsqualität sowie Fortschritte bei der Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten. Phytophthora infestans - so heißt  der Erreger der Kraut- und Knollenfäule.

Dieser Pilz gehört zu den wichtigsten Kartoffelkrankheiten und verursacht weltweit immer noch Ernteeinbußen von etwa zwanzig Prozent. Seine Bekämpfung ist aufwändig und belastet die Umwelt. Dieser Pilz hat übrigens auch schon zu einer großen Katastrophe beigetragen: Vor etwa 170 Jahren setzte in Irland die größte Hungersnot (1845-1852) in der Geschichte des Landes ein. Die Kartoffeln verfaulten nach Dauerregen durch diese Pilzinfektion. Die irische Bevölkerung, neun Millionen Menschen, reduzierte sich in kurzer Zeit um ein Drittel. Eine Millionen Menschen starben und zwei Millionen wanderten aus.


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Titelbild: Illustration der Kartoffel: Nirgendwo sonst auf der Welt ist der Pro-Kopf-Verbrauch höher als in Deutschland. Er liegt bei rund 60 Kilo. (Bildquelle: © Pflanzenforschung.de)