Kiefern verursachen Feinstaub

15.08.2012 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Kiefern setzen Gase frei, die in der Atmosphäre mit Chemikalien reagieren und zu Feinstaubpartikeln werden. (Quelle: © Miguel Vieira / wikimedia.org; CC BY 2.0)

Kiefern setzen Gase frei, die in der Atmosphäre mit Chemikalien reagieren und zu Feinstaubpartikeln werden. (Quelle: © Miguel Vieira / wikimedia.org; CC BY 2.0)

Kiefern setzen Gase frei, die mit freien Radikalen in der Luft reagieren. Die Bäume tragen so zur schädlichen Feinstaubbelastung bei. In Experimenten konnten Forscher erstmals zeigen, wie biogene Partikel in der Atmosphäre chemisch verändert werden. Ihre Erkenntnisse sollen Klimamodelle verlässlicher und Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität wirksamer machen.

In Großstädten und im Sommer ist die Feinstaubbelastung in der Atmosphäre besonders hoch. Die Luft ist dann voll von sogenannten Aerosolen, winzigen festen oder flüssigen Teilchen in Verbindung mit einem Gas.

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VIDEO: Winde verbreiten Aerosole auf der ganzen Welt: Staub (rot), Meersalz (blau), Sulfat (weiß) sowie schwarzen und organischen Kohlenstoff (grün).

Videoquelle: NASA/Goddard Space Flight Center/youtube.com

Diese Partikel kommen aus ganz unterschiedlichen Quellen: Bäumen, Vulkanen, Auto- und Industrieabgasen, Holzfeuer. Die Feinstaubpartikel beeinflussen nicht nur die Wolkenbildung und das Klima. Sie verursachen auch schwere Herz- und Lungenleiden. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben jährlich mehr als eine Millionen Menschen an der Luftverschmutzung.  

Die Erdatmosphäre ist hoch reaktiv. Areosole werden dort sehr schnell oxidiert. Die entstehenden Partikel haben häufig eine völlig andere Zusammensetzung und auch andere Eigenschaften als der Ursprungsstoff. Wenig bekannt ist bislang, wie die Größe und die chemische Zusammensetzung dieser Partikel die gesundheitsschädliche Wirkung des Feinstaubs beeinflussen. Bisherige Studien konzentrierten sich vor allem auf die Auswirkungen von Auto- und Industrieabgasen in der Atmosphäre. Sie beschrieben, wie freie Radikale diese Areosole chemisch verändern, sie altern lassen. Ob auch Emissionen aus biologischen Quellen wie Bäumen signifikant zur Feinstaubbelastung betragen, betrachteten diese Studien nicht.

In der künstlichen Atmosphäre 

Mit Laborexperimenten gingen Forscher dieser Frage nach. Sie untersuchten am Beispiel des von Kiefern freigesetzten Stoffs Alpha-Pinen, was mit organischen Partikeln in der Atmosphäre geschieht.  

Die Geschehnisse in der Atmosphäre simulierten die Forscher in vier speziellen Luftkammern. In diesen künstlichen Atmosphären in der Größe von mehreren Kubikmetern reicherten sie Luft mit Ozon (O3) und Alpha-Pinen an. Dies löste eine Reihe von Reaktionen in der Dampfphase ebenso wie in den Kondensaten aus. Dann gaben sie Hydroxyl-Radikale (OH) in die Kammern. Diese hoch reaktiven Moleküle sind in der Atmosphäre stark verbreitet. Sie entstehen durch UV-Strahlung aus einem Wasserstoff- und einem Sauerstoffatom und reagieren sehr leicht mit anderen Chemikalien in der Luft. In ihren Experimenten untersuchten die Forscher den Einfluss dieser freien Radikale und weiterer Faktoren – Temperatur, Licht, Flüchtigkeit der Substanzen, Größe der künstlichen Atmosphäre – auf die biogenen Aerosole. Ausgewertet wurden die Daten mit einem Computermodell, welches die verschiedenen Einflussfaktoren integrierte. 

Kiefern sind Luftverschmutzer

Die Versuche bestätigten, dass die freien Radikale mit den Alpha-Pinenen der Kiefern reagierten. Sie veränderten deren chemische Zusammensetzung und auch die Konzentration der Partikel. Nach der Zufuhr der OH-Radikale nahm die Masse der biogenen Aerosole stark zu und auch deren Sauerstoffgehalt. Im Durchschnitt verdreifachte sich die Masse der Aerosole. Aber die Konzentration der Aerosole in der Atmosphäre ist nicht allein entscheidend für die Feinstaubbelastung. Viel wichtiger noch sind eine hohe Oxidationsrate und eine geringe Flüchtigkeit der Partikel in der Atmosphäre. 

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Feinstaubbelastung über Peking an einem sonnigen Tag (rechts) bzw. an einem Tag nach Regenschauern, die die Staubpartikel aus der Luft

Feinstaubbelastung über Peking an einem sonnigen Tag (rechts) bzw. an einem Tag nach Regenschauern, die die Staubpartikel aus der Luft "spülen" (links).

Bildquelle: © Bobak / wikimedia.org; CC BY-SA 2.5

Was in der Atmosphäre passiert 

Bislang gab es eine Verständnislücke zwischen den in Laborstudien simulierten Prozessen und dem tatsächlichen Vorgehen in der Atmosphäre. Mit ihren Experimenten können die Forscher diese Lücke nun zumindest teilweise schließen. Sie konnten zeigen, dass freie Radikale mit biogenen Stoffen wie Alpha-Pinenen reagieren und damit die Entstehung und Oxidation biogener Aerosole in der Atmosphäre begünstigen. Nur wenige atmosphärische Vorhersagemodelle berücksichtigen diese natürlichen Aerosole bislang. Die neuen Erkenntnisse sollen nun Klimamodelle verlässlicher und Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität wirksamer machen, so hoffen die Wissenschaftler.   

Der Einfluss des Menschen

Auch natürliche Aerosole wie Alpha-Pinene können zur Feinstaubbelastung in der Luft beitragen, dies zeigen die Experimente. Bäume setzen große Mengen dieser organischen Verbindungen frei. Aus diesen entstehen aber erst dann gesundheitsschädliche Partikel, wenn sie in der Atmosphäre mit bestimmten anderen Chemikalien reagieren. Je nach chemischer Zusammensetzung der Atmosphäre werden sich die Menge und auch die Eigenschaften dieser Partikel unterscheiden. 

Hierin sehen die Forscher eine Chance, denn der Mensch beeinflusst durch die Freisetzung von Abgasen und Treibhausgasen die Chemie der Atmosphäre. Indem diese Emissionen reduziert werden, kann auf die Zusammensetzung der Atmosphäre Einfluss genommen und so die Entstehung gesundheitsschädlicher Feinstaubpartikel reduziert werden.