Kleine „Japanerin“ besitzt größtes Genom

11.10.2010 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Japanische Einbeere. (Quelle: © 64/wikimedia.org; CC BY 3.0)

Japanische Einbeere. (Quelle: © 64/wikimedia.org; CC BY 3.0)

Eine seltene japanische Blütenpflanze besitzt das größte bisher bekannte Genom. Paris japonica, die japanische Einbeere, hat ein um den Faktor 50 größeres Genom als der Mensch.

Auf insgesamt 149 Mrd. Basenpaare (bp) und einen C-Wert von 1C=152,23 pg bringt es das Genom von Paris japonica, einem Germ- oder Schwarzblütengewächs (Melanthiaceae). Gemessen wurde die Genomgröße mittels Durchflusscytometrie (Flow Cytometrie), einem Verfahren zur quantitativen Charakterisierung von Zellen. Die Anregung zur Messung der Emission erfolgt mittels eines Laserstrahls. Dabei korreliert die Menge des gestreuten Lichts mit der Größe der Zelle und deren innerer Komplexität. Vergleichswerte lassen Rückschlüsse auf die DNA-Menge im Zellkern zu. 

Mit dem jetzt analysierten Genom von P. japonica, wird das des Menschen um das Fünfzigfache überboten. Die Gesamtmenge des menschlichen Genoms beträgt 3.000 Megabasen (Mbp), also drei Milliarden Basenpaare. Die japanische Einbeere stellt selbst das Genom des Lungenfisches mit seinen 130 Mrd. Basenpaaren in den Schatten. Dieses galt bisher als das größte bekannte Genom. Die in der Natur mögliche Plastizität zur anderen Seite hin unterstreicht das Genom eines humanpathogenen Parasiten. Das Genom von Encephalitozoon intestinalis bringt es auf bescheidene 2,25 Mbp. Das kleinste bekannte Genom überhaupt besitzt ein Bakterium. Carsonella ruddii, ein Endosymbiont des Blattflohs, begnügt sich mit einem zirkulären Genom aus knapp 160.000 Basenpaaren. Allen diesen Organismen gemein ist, dass deren Erbsubstanz (DNA) alle relevanten Informationen speichert, welche zum Leben und überleben benötigt werden. 

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Dem Geheimnis des Genoms auf der Spur.

Dem Geheimnis des Genoms auf der Spur.

Bildquelle: © iStockphoto.com/ Mark Evans

Ein anderer Versuch die Unterschiede von Genomen fassbar zu machen, berechnet deren Länge in Meter. Ein Nukleotid, also eine Base, besitzt eine Länge von ca. 0,34 Nanometer (1 nm entspricht einem Millionstel Millimeter). Damit könnte das menschliche Genom auf eine Länge von ca. 2 Meter ausgerollt werden. Das kleinste bekannte Genom, jenes von E. intestinalis würde gerade mal mit 2,0 mm zu Buche schlagen, während jenes vom Lungenfisch (Protopterus aethiopicus) auf 88 Meter käme. Das Genom der Einbeere könnte nun genutzt werden, um den Glockenturm "Big Ben" in London mit seinen knapp einhundert Metern zu vermessen. Dabei wird deutlich, dass die Größe eines Organismus nicht mit der Menge an Erbsubstanz korreliert. Die Einbeere ist eine eher krautige Pflanze.

Biologische Komplexität

Auch die biologische Komplexität hat nichts mit der Größe des Genoms zu tun und auch nicht mit der Anzahl der Gene, wie die aktuelle Arbeit beweist. Bedeutungslos ist die DNA-Menge aber auch nicht. Frühere Studien haben gezeigt, dass sich Pflanzen mit großem Erbgut schlechter auf extremer werdende Umweltbedingungen einstellen können. So sind Pflanzen mit vergleichsweise riesigen Genomen deutlich anfälliger gegenüber Umweltfaktoren wie extremen klimatischen Schwankungen, Luftverschmutzung oder Schadstoffen im Boden. Zum Nachteil kann diesen Organismen auch werden, dass sie deutlich langsamer wachsen und sich vermehren. Die Replikation, also die Vervielfältigung der Erbsubstanz einer Zelle bei deren Teilung und Fortpflanzung, dauert länger und benötigt mehr Energie. Damit sterben Pflanzen mit riesigen Genomen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit aus, als jene mit kompakten Genomen. 

Die sich verbessernden Analyse- und Sequenziertechnologien werden vertiefende Einblicke in die biologischen, biochemischen und ökologischen Zusammenhänge ermöglichen und so zu einem holistischen Verständnis der Genomgrößenunterschiede beitragen. 


Quelle:

Jaume Pellicer et al. Botanical Journal of the Linnean Society, Vol. 164(1), pp 10-5, DOI 10.1111/j.1095-8339.2010.01072.x (abstract).

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Titelbild: Japanische Einbeere. (Quelle: © Σ64/wikimedia.org; CC BY 3.0)