Mehr als nur schöne Blumen

Das Projekt SUNRISE treibt die Sonnenblumenzüchtung voran

09.06.2015 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die Sonnenblume ist eine weltweit wichtige Ölpflanze. 2013 wurden rund 12 Mio. Tonnen Sonnenblumenöl produziert. Damit ist das Sonnenblumenöl nach Palm-, Soja- und Rapsöl, das viertwichtigste Pflanzenöl. (Bildquelle: © syomao - Fotolia.com)

Die Sonnenblume ist eine weltweit wichtige Ölpflanze. 2013 wurden rund 12 Mio. Tonnen Sonnenblumenöl produziert. Damit ist das Sonnenblumenöl nach Palm-, Soja- und Rapsöl, das viertwichtigste Pflanzenöl. (Bildquelle: © syomao - Fotolia.com)

Sonnenblumen sind nicht nur schön anzusehen, es sind auch wichtige Ölpflanzen. Damit die Züchtung dieser nachwachsenden Rohstoffe weiter vorangetrieben wird, haben Forscher im PLANT 2030-Projekt „SUNRISE“ die genetischen Grundlagen ins Visier genommen, um die molekularen Ressourcen für die gezielte züchterische Verbesserung der Sonnenblume zu schaffen. Wir sprachen mit der Projektkoordinatorin Dr. Silke Wieckhorst von der KWS SAAT SE über ihr schönes Forschungsobjekt.

Pflanzenforschung.de: Sie haben im Projekt „SUNRISE“ an Sonnenblumen geforscht. Was genau war ihr Ziel dabei?

Dr. Wieckhorst: Wir haben uns darauf konzentriert, molekulare und genetische Ressourcen für die Sonnenblumenforschung und -züchtung zu entwickeln. Dabei haben wir viele Tausend molekulare Marker identifiziert, mit deren Hilfe man gezielt Sorten mit verbesserten Eigenschaften züchten kann. Besitzt man solche Marker, genügen kleinste Mengen Blattmaterial eines Keimlings, um zu überprüfen, ob ein gewünschtes Gen bei dieser Pflanze vorhanden ist. Die markergestützte Selektion ermöglicht es dem Züchter, natürlich wesentlich schneller auf bestimmte Merkmale zu züchten.

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Wir sprachen mit der Projektkoordinatorin Dr. Silke Wieckhorst, KWS SAAT SE.

Wir sprachen mit der Projektkoordinatorin Dr. Silke Wieckhorst, KWS SAAT SE.

Bildquelle: © KWS SAAT SE

Pflanzenforschung.de: Wie weit ist man eigentlich bei der Züchtung von Sonnenblumen weltweit?

Dr. Wieckhorst: Die Sonnenblume wird seit Anfang des 20. Jahrhunderts gezüchtet, vor allem weil sie ein wichtiger Öllieferant ist. Beim Start unseres PLANT 2030-Projekts „SUNRISE“ gab es allerdings noch nicht viele genetische und molekulare Ressourcen für die Sonnenblume. Wir wollten die Grundlagen schaffen, damit auch innovative Züchtungsstrategien zum Einsatz kommen können. Dabei betrachtet man nicht mehr nur – wie bei der klassischen Züchtung – das äußere Erscheinungsbild der Pflanzen, sondern wagt einen Blick in das Erbgut, die Gene.

Pflanzenforschung.de: Dann blickt man bei der Züchtung von Sonnenblumen auf eine lange Tradition zurück und immer mehr genetische Daten können die Züchtung bereichern.

Dr. Wieckhorst: Genau. Die Geschichte der Sonnenblume ist übrigens sehr interessant! Sie stammt ursprünglich aus Nordamerika und wurde bereits von den Indianern domestiziert. Zu diesem Zeitpunkt war die Sonnenblume noch nicht als Ölpflanze bekannt. Die Menschen aßen die Kerne oder verarbeiteten sie in anderen Speisen. Das war damals noch nicht die Kultursonnenblume, wie wir sie heute kennen, sondern die Wildsonnenblume. Aber der Unterschied vom wilden Vorfahren zur jetzigen Nutzpflanze ist gar nicht so groß.

Im 16. Jahrhundert fand die Blume ihren Weg nach Europa. Dort wurde sie zunächst als Zierpflanze angebaut. Erst später begann man, sie als Ölpflanze zu nutzen und den Ölgehalt der Sonnenblumenkerne züchterisch zu erhöhen. Russland war hier ein Vorreiter. Auch heute liegen die Hauptanbaugebiete eher in Südosteuropa – Russland, Ukraine, Spanien und Frankreich – und Südamerika, hier vor allem Argentinien. Aber auch in Deutschland kann sie angebaut werden.

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Wissenschaftler des PLANT 2030 Projekts SUNRISE haben molekulare und genetische Ressourcen für die Sonnenblumenforschung und -züchtung geliefert. Mehr zum Projekt ...

Wissenschaftler des PLANT 2030 Projekts SUNRISE haben molekulare und genetische Ressourcen für die Sonnenblumenforschung und -züchtung geliefert.
Mehr zum Projekt ...

Pflanzenforschung.de: Ja, jeder kennt Sonnenblumen. Sie sind schön anzusehen und man nutzt die Kerne und das Sonnenblumenöl in der Küche. Wofür nutzt man die Blume eigentlich noch?

Dr. Wieckhorst: Die Sonnenblume ist vielfältig. Man nutzt sie, wie Sie schon sagten als Schnittblumen, die Kerne für den direkten Verzehr, um Margarine herzustellen und zur Speiseölproduktion. Aber das Öl der Sonnenblumen wird auch in der Industrie, beispielsweise für Farben oder Lacken, in der Pharmabranche und der Kosmetikindustrie genutzt. Auch der Abfall der Ölproduktion wird verwertet – es wird als Viehfutter eingesetzt. Sie kann darüber hinaus als Energiepflanze für die Produktion von Biogas und Biokraftstoffen (Pflanzenölkraftstoff sowie Biodiesel) zum Einsatz kommen.

Je nach Verwendungszweck hat man unterschiedliche Ansprüche an die Sonnenblumensorten. Aber generell ist der Fokus, vor allem in Europa, auf der Ölproduktion. Daher liegt das züchterische Augenmerk auf der Erhöhung des Ertrags und auf dem Ölgehalt der Kerne. Weltweit wird an der Sonnenblume geforscht, obwohl die Forscher-Community recht überschaubar ist. Da ist man schnell im Kontakt mit den unterschiedlichen Forschungsgruppen.

Pflanzenforschung.de: Und seit wann forschen Sie an der Sonnenblume?

Dr. Wieckhorst: Schon eine ganze Weile. Ich habe bereits bei meiner Doktorarbeit an der Sonnenblume forschen dürfen und freue mich, dass ich das auch weiterhin machen kann. 

Pflanzenforschung.de: Das Projekt „SUNRISE“ lief bis Ende März 2015. Wie geht es nun weiter?

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Vielfältige Blume: Die Sonnenblume (Helianthus annuus) wird als Zierpflanze, für den Verzehr und in der Industrie als Rohstoff genutzt. 

Vielfältige Blume: Die Sonnenblume (Helianthus annuus) wird als Zierpflanze, für den Verzehr und in der Industrie als Rohstoff genutzt. 

Bildquelle: © KWS SAAT SE

Dr. Wieckhorst: Unsere erarbeiteten Daten können nun für die praktische Züchtung genutzt werden. Beispielsweise um in Zukunft den Ertrag von Sorten zu erhöhen. Auch, um innovative Züchtungsmethoden wie die sogenannte „genomic selection“ (genomische Selektion) anzuwenden und damit den Züchtungsprozess deutlich zu beschleunigen. Bei dieser Methode kann man den Ertrag von Genotypen vorhersagen, ohne die Keimlinge überhaupt ins Feld zu setzen. Dafür bedarf es jedoch einer Population, die man als Referenz nutzen kann, für die sowohl die phänotypischen als auch die genetischen Daten vorliegen. Dazu haben wir nun die Grundlage geschaffen.

Darüber hinaus haben wir viele neue Ideen für Forschungsprojekte zur Sonnenblume und hoffen, dass neue Projekte gefördert werden, damit wir weiter daran forschen können.

Pflanzenforschung.de: Das klingt als wäre die Zusammenarbeit mit allen Projektpartner sehr gut gelaufen?

Dr. Wieckhorst: Ja, ich möchte die enge Zusammenarbeit mit den Projektpartnern hervorheben. Das SUNRISE-Konsortium bestand aus der Technischen Universität München und der Universität Hohenheim als wissenschaftliche Partner sowie der TraitGenetics GmbH und der KWS SAAT SE als Industriepartner. Jeder hat seine Expertise in das Projekt eingebracht, damit es ein Erfolg werden konnte. Der intensive Austausch zwischen Industrie und Wissenschaft war beim Förderprogramm „PLANT 2030“ ein Zugewinn. Diese Projekte leisten einen sehr wichtigen Beitrag. Unsere Forschungsergebnisse aus „SUNRISE“ können beispielsweise direkt in die Praxis umgesetzt werden.  

Pflanzenforschung.de: Haben Sie vielen Dank für das Gespräch!


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Titelbild: Die Sonnenblume ist eine weltweit wichtige Ölpflanze. 2013 wurden rund 12 Mio. Tonnen Sonnenblumenöl produziert. Damit ist das Sonnenblumenöl nach Palm-, Soja- und Rapsöl, das viertwichtigste Pflanzenöl. (Bildquelle: © syomao - Fotolia.com)

PLANT 2030 vereint die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsaktivitäten im Bereich der angewandten Pflanzenforschung. Derzeit umfasst dies die nationale Förderinitiative „Pflanzenbiotechnologie für die Zukunft“ und die Ausschreibungen des transnationalen Programms „PLANT-KBBE“, an denen sowohl Wissenschaftler aus dem akademischen Bereich als auch privatwirtschaftliche Unternehmen beteiligt sind.
Weitere Informationen finden Sie unter: PLANT 2030