Mehr Nützlinge durch gezielte Landschaftsgestaltung?

22.05.2012 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Marienkäfer ernähren sich hauptsächlich von Blattläusen. Hier auf einem Rosenzweig (Quelle: © XIIIfromTOKYO / wikimedia.org; CC BY-SA 3.0)

Marienkäfer ernähren sich hauptsächlich von Blattläusen. Hier auf einem Rosenzweig (Quelle: © XIIIfromTOKYO / wikimedia.org; CC BY-SA 3.0)

Nutzinsekten helfen Schädlinge auf natürliche Weise zu bekämpfen. Dadurch können Landwirte Pestizide einsparen. Doch kann man die Anzahl an Nützlingen durch eine gezielte Landschaftsgestaltung auch in Agrarlandschaften sinnvoll beeinflussen?

Die Biodiversität in komplexen Landschaften kann nützliche Ökosystemdienstleistungen positiv beeinflussen, untermauert eine nun vorgestellte Studie. Agrarlandschaften, die für die menschliche Gesellschaft wichtig sind, zeichnen sich hingegen durch eine geringe Komplexität aus. Eine Hypothese ist, dass in diesen die gezielte Landschaftsgestaltung - z.B. das Pflanzen von „Blumen“ neben Ackerflächen (sogenannten Blühstreifen) - die Anzahl der nützlichen Insekten erhöhen kann. Biologische Schädlingsbekämpfung, d.h. natürliche Feinde gegen Schädlinge einzusetzen, ist eine Alternative zur Verwendung von Pestiziden. Teure Betriebsmittel, wie Schädlingsbekämpfungsmittel oder Kraftstoffe, aber auch Arbeitszeit für die Bekämpfungsmaßnahmen, können dadurch eingespart werden. Forscher schätzen, dass allein in den USA 4,5 Milliarden US-Dollar pro Jahr durch natürliche Feinde von Schadinsekten eingespart werden. Eine großflächige Umgestaltung der Agrarlandschaften könnte diesen positiven Effekt der Nützlinge verstärken. Die Anzahl an Schädlingen könnte dadurch auf natürliche Weise reduziert und die Erträge gesichert werden. 

Wie genau muss eine Landschaft aussehen, damit sich Nützlinge ausbreiten?

Um dies zu testen, untersuchten Forscher beispielhaft, welche Auswirkungen die Landschaftsgestaltung rund um Sojabohnenfelder auf die Räuber-Beute-Beziehung zwischen der Soja schädigenden Blattlaus Aphis glycines und seinen natürlichen Feinden, den Marienkäfern (Coccinellidae), hat. Dabei beobachteten sie die Population der Schädlinge sowie die der Nützlinge an 17 Standorten im Sommer der Jahre 2008 und 2009. Die Standorte umfassten dabei jeweils zwei Sojabohnenfelder und waren in unterschiedliche Landschaftsmuster eingebettet. Am Rand des einen Sojabohnenfeldes pflanzten sie einen Streifen Buchweizen (Fagopyrum esculentum) an; Am anderen befand sich eine Wiese zur Kontrolle. Sie wählten Buchweizen für diesen Feldversuch, da Pollen eine wichtige alternative Proteinquelle für die fleischfressenden Marienkäferarten darstellt, wenn die Insektenbeute knapp ist.

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Die Forscher pflanzten einen Blühstreifen am Rand der Felder. Sie nutzten dabei Buchweizen Fagopyrum esculentum.

Die Forscher pflanzten einen Blühstreifen am Rand der Felder. Sie nutzten dabei Buchweizen Fagopyrum esculentum.

Bildquelle: © Dalgial / wikimedia.org; CC BY-SA 3.0

Die Wissenschaftler untersuchten zudem die Landschaftsmuster, welche die Felder umgaben. Dafür betrachteten sie einem Radius von 2,0 km. Auf ihrer Suche nach Nahrung und Schutz nutzen die Käfer ein Gebiet dieser Dimension aktiv. Die Landschaften wurden grob in zwei Kategorien eingeteilt: Die erste war eine typische Agrarlandschaft und zeichnete sich durch einen höheren Anbau von Nutzpflanzen aus (hauptsächlich Mais, Sojabohnen, Weizen); Die zweite Kategorie umfasste mehr naturnahe Lebensräume, wie Wälder oder Graslandschaften.

Marienkäfer reduzieren die Blattläuse

Die meisten Marienkäfer ernähren sich von Blattläusen und agieren daher als nützliche Helfer bei der Bekämpfung von Schädlingen (siehe hierzu auch Obrycki, J.J. et al. (2009). Die Wissenschaftler testeten, ob die Anwesenheit der Marienkäfer die Anzahl der Soja-Blattläuse (Aphis glycines) dezimierte. Dazu entnahmen sie den Feldern und Randstreifen jeweils Proben und zählten die Blattläuse bzw. Marienkäfer. Zusätzlich verglichen sie zur Kontrolle zwei Gruppen von Sojapflanzen miteinander, die alle mit Blattläusen infiziert wurden: Eine Gruppe der infizierten Pflanzen wurde unter Netzen von den Käfern ferngehalten, die andere Gruppe wurde unter natürlichen Bedingungen beobachtet. Entsprechend den Erwartungen, waren die Pflanzen signifikant stärker von Blattläusen befallen, die unter den Netzen von den Marienkäfern abgeschirmt waren. Auch in den untersuchten Feldern verringerte die Anwesenheit von Marienkäfern die Anzahl an Blattläusen. Die biologische Bekämpfung der Schädlinge war an allen Versuchsstandorten nachweisbar, unabhängig von der umgebenden Landschaft.

Gezielte Landschaftsgestaltung zeigt positive Effekte

In allen Landschaftstypen war die Population der Marienkäfer in den mit Buchweizen bepflanzten Randstreifen signifikant höher als in den Kontrollrandstreifen. Dies beweist, dass die Landschaftsgestaltung der Feldränder einen stabilen Einfluss auf die Population der Nutzinsekten hatte. Dieser Populationszuwachs spiegelte sich jedoch nicht in den angrenzenden Sojabohnenfeldern wider. Das bedeutet, dass der positive Effekt an den Feldrändern in dieser Studie nicht auf die Felder an sich übertragen werden konnte. Das Anpflanzen von Blühstreifen am Rand von Feldern ist daher nur eine Teillösung. Deutlich größer war der Einfluss der die Felder umgebenden Landschaften.

Naturnahe Lebensräume bieten den räuberischen Insekten Nahrung und Schutz. Daher konnten auch 2009 mehr Marienkäfer in Soja-Feldern gefunden werden, die einen höheren Anteil an naturnahen Lebensräumen in der umliegenden Landschaft aufwiesen. Dies führten die Forscher auf den Fakt zurück, dass die Marienkäfer in diesen Landschaften geschützter überwintern konnten und in einer höheren Anzahl im zweiten Beobachtungsjahr auf die Felder zurückkehrten. Es macht jedoch auch etwas anders deutlich: Der Effekt der lokalen Landschaftsgestaltung war hier nicht der wesentliche Treiber. Die natürlichen Lebensräume scheinen in dieser Studie für die Marienkäfer wichtiger gewesen zu sein als die Buchweizenstreifen an den Feldrändern.

Dies steht im Kontrast zu anderen Forschungsarbeiten, die den Vorteil von Blühstreifen dokumentierten. Die Forscher führen diese widersprüchlichen Ergebnisse auf die unterschiedlichen untersuchten Tier- und Pflanzenarten in diesen Studien zurück. Je nach Insektenart und Nutzpflanze können sich Unterschiede im Einfluss von Blühstreifen ergeben.

Die umgebende Landschaft und die untersuchte Art haben Einfluss

Schädlinge haben meist mehrere natürliche Feinde und jede Nutzpflanze verschiedene Schädlinge. Dazu kommen verschiedene klimatische Umgebungen und Landschaftszusammensetzungen. Ein größeres Verständnis für diese komplexen Zusammenhänge kann es Bauern erleichtern, die Ackerflächen an individuelle Bedürfnisse anzupassen. Die Studie verdeutlicht, dass dabei jedoch nicht nur im kleinen Maßstab gedacht werden darf, sondern auch die umliegenden Landschaften einbezogen werden müssen. Die Forscher machten keine Angaben darüber, wie sich z.B. großflächige Blühstreifen-Programme auf die Erträge auswirken. Also ob die durch Blühstreifen reduzierte Ackerflächen stabilere und idealerweise höhere Erträge liefern. Wodurch die Flächenreduktion kompensiert wäre. 

Fazit: Eine effektive biologische Schädlingsbekämpfung stellt eine sinnvolle Unterstützung für die Praktiker dar. Diese sollte die lokale Feldgestaltung (z.B. Blühstreifen), als auch die umgebenden Landschaften einbeziehen.


Quelle:
Woltz, J. M., Isaacs, R., Landis, D. A. (2012): Landscape structure and habitat management differentially influence insect natural enemies in an agricultural landscape. In: Agriculture, Ecosystems and Environment 152 (2012) 40– 49, (online 21. März 2012), doi.org/10.1016/j.agee.2012.02.008.  

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