Nachhaltigkeit

Ursprung und Bedeutung für die Landwirtschaft

21.10.2010 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Das Ziel: Nachhaltige Landwirtschaft. (Quelle: © iStockphoto.com/ FredFroese)

Das Ziel: Nachhaltige Landwirtschaft. (Quelle: © iStockphoto.com/ FredFroese)

"Nachhaltigkeit" ist ein gängiges Schlagwort, doch was ist darunter zu verstehen und welche Rolle spielt das Konzept in der Landwirtschaft und in der Pflanzenforschung?

Der Begriff der Nachhaltigkeit

Der Begriff der "Nachhaltigkeit" wird in vielen Zusammenhängen als Schlagwort benutzt – ob in Politik, Wirtschaft oder Forschung, als Begründung einer Forderung, als Rechtfertigung einer Maßnahme oder als Qualitätsmerkmal eines Produkts. Dabei verwenden jedoch viele Akteure "Nachhaltigkeit" in vielerlei Zusammenhängen – ob Umweltschutz, Ressourcenverbrauch, Landwirtschaft, Forschung, Wirtschaftswachstum, Globalisierung, Arbeitsplatzsicherung, Bildung, Konsumverhalten, Bevölkerungswachstum, Armutsbekämpfung, Verantwortungsbewusstsein, ... .

Was ist unter Nachhaltigkeit also zu verstehen, woher kommt der Begriff und welche Rolle spielt das Konzept in der Landwirtschaft und in der Pflanzenforschung? 

Ursprünge des Begriffs 

Während im internationalen Bereich die Ursprünge des Konzepts der Nachhaltigkeit in einem Bericht des "Club of Rome" aus dem Jahr 1972 und im "Brundtland-Bericht" der Vereinten Nationen gesehen werden, wird in deutschen Quellen darauf hingewiesen, dass der Begriff einer nachhaltenden Nutzung bereits 1713 in der Forstwirtschaft verwendet wurde. Holz war somit die erste Ressource bei der erkannt wurde, dass ihrer langfristigen Nutzung – als Baumaterial und Brennstoff – Grenzen gesetzt sind durch ihre Regenerierbarkeit. 

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Der Begriff Nachhaltigkeit hat seinen Ursprung in der Forstwirtschaft.

Der Begriff Nachhaltigkeit hat seinen Ursprung in der Forstwirtschaft.

Bildquelle: © Bettina Stolze / pixelio.de

Die grundlegende Idee, dass es langfristig zu einem Konflikt zwischen gegenläufigen Entwicklungen in Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt kommen kann, wurde also schon knapp 300 Jahren etabliert. Der Begriff der "nachhaltigen Entwicklung" hingegen erst vor gut 25 Jahren. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen berief 1983 eine Kommission ins Leben, deren Hauptaufgabe es war, langfristige Umweltstrategien vorzuschlagen, um nachhaltige Entwicklung zu verwirklichen. Diese "Weltkommission für Umwelt und Entwicklung" wurde nach ihrer Vorsitzenden, der norwegischen Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland, gemeinhin als "Brundtland-Kommission" bekannt. Ihren Bericht stellte die Kommission 1987 vor. 

Die „Erdgipfel“ von Rio und Johannesburg

Ausgehend vom Weckruf der Brundtland-Kommission entschied die UN-Generalversammlung, für 1992 eine "Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung" einzuberufen. Diese Konferenz, wegen ihrer noch nie dagewesenen Größe und Reichweite gemeinhin auch "Erdgipfel" genannt, fand in Rio de Janeiro (Brasilien) statt. Inhaltlich ging es darum, die wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten der Staaten zu überdenken. Es sollten Wege gefunden werden, natürliche Ressourcen zu erhalten und die globale Umweltverschmutzung zu stoppen. Dabei sollten anstehende schwierige und unpopuläre politische Entscheidungen durch die UN Konferenz legitimiert und eine nachhaltige Entwicklung in allen Ländern sichergestellt werden. Die Verflechtung von Umweltschutz, wirtschaftlicher Entwicklung und gesellschaftlichem Wohlergehen wurden dabei ebenfalls unterstrichen. Der Erdgipfel von Rio mündete in der "Erklärung über Umwelt und Entwicklung“, sowie in der Annahme der "Agenda 21“. Als Nachfolger des Erdgipfels von Rio fand im Jahr 2002 der "Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung" in Johannesburg (Südafrika) statt. Zehn Jahre nach Rio sollte dieser die vollständige Umsetzung der in Rio beschlossenen Agenda 21 voranbringen. In Südafrika wurden die Millenniums-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen definiert. In diesen kommt der Landwirtschaft bei der Bekämpfung von Hunger und Armut und bei der Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung eine herausragende Bedeutung zu.

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„Der  Landwirtschaft kommt eine entscheidende Rolle bei der Deckung des Bedarfs einer wachsenden Weltbevölkerung zu, und sie ist auf untrennbare Weise mit der Bekämpfung der Armut, insbesondere in den Entwicklungsländern, verbunden.“ (Johannesburg, 2002)

In Bezug auf Wissenschaft, Forschung und Technologie enthält der Bericht weitere Forderungen. So soll der Einsatz moderner Technologien unterstützt, der Technologietransfer gewährleistet, größere wissenschaftlich-technologische Kapazitäten zu Gunsten der nachhaltigen Entwicklung aufgebaut, wissenschaftliche Erkenntnisse und Technologien stärker genutzt und sichergestellt werden, dass Wissenschaft, Technologieentwicklung und Ingenieurtechnik eine größere Bedeutung zukommen. 

Das Drei-Säulen-Modell 

Neben der wachsenden Wahrnehmung und Diskussion nachhaltiger Entwicklung in Politik und Gesellschaft wurde das Konzept der Nachhaltigkeit in den letzten Jahrzehnten auch theoretisch diskutiert und weiterentwickelt. Während zu Beginn der Nachhaltigkeitsdiskussion vor allem darauf hingewiesen wurde, dass ungebremstes Wirtschaftswachstum in die ökologische Katastrophe führt, hat sich inzwischen ein Konsens gebildet, dass Umweltschutz auch durch eine wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung unterstützt werden kann bzw. durch diese erst möglich wird. Es ist weitestgehend unstrittig, dass nachhaltige Entwicklung auf einem Ausgleich zwischen ökologischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zielen beruht – selbst wenn offensichtlich ist, dass es hierbei zu Zielkonflikten kommen kann, z.B. zwischen industriellem Wachstum und dem Erhalt natürlicher Ressourcen. 

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Biogas - eine Alternative zu fossilen Rohstoffen.

Biogas - eine Alternative zu fossilen Rohstoffen.

Bildquelle: © iStockphoto.com/LianeM

Das Spannungsfeld zwischen diesen drei Kategorien wird oftmals in Form des Dreiecks dargestellt. Das grundlegende Problem der nachhaltigen Entwicklung besteht daher weniger in der Frage welche Ziele verfolgt, sondern wie die Zielerreichung gemessen und einzelne Ziele gewichtet werden sollen.  Ein Zielkonflikt besteht z.B. wenn arme Bevölkerungsgruppen in Entwicklungsländer ihre Existenz "heute" auf Kosten der Umwelt "morgen" sichern. Zusätzlich stellen ein Systemdenken und eine Langzeitperspektive wesentliche Merkmale nachhaltiger Entwicklung dar. 

Substituierbarkeit der Mittel 

Schon früh wurde darauf hingewiesen (z.B. durch den Wirtschaftsnobelpreisträger Robert Solow), dass nachhaltige Entwicklung keine absolute Bewahrung der Umwelt oder gar eine Umkehrung der Entwicklung bedeuten muss. Denn die gängige Definition von Nachhaltigkeit – dass zukünftige Generationen ihre Bedürfnisse genauso gut befriedigen können sollen wie die gegenwärtige – bedeutet nicht, dass sie dies mit denselben Mitteln erreichen müssen. Um die Nachhaltigkeit einer Entwicklung einzuschätzen, gilt es daher vielmehr die Ressourcen, die von einer Generation verbraucht werden, den Mitteln gegenüberzustellen, die sie hinterlässt, d.h. auch dem produktiven Sachkapital und dem wissenschaftlich-technischen Kenntnisstand.  Denn Ressourcen sind bis zu einem gewissen Grad austausch- und ersetzbar, und dieser Grad wird durch technischen Fortschritt beständig erweitert. Für eine nachhaltige Entwicklung kann daher auch die Substituierbarkeit von Ressourcen, Gütern und Dienstleistungen genutzt werden. Ausschlaggebend ist nur, dass eine Verteilungsgerechtigkeit zwischen den Generationen erreicht wird. Insbesondere der Ersatz knapper Ressourcen kann dazu beitragen, sozialen Wohlstand und wirtschaftliche Entwicklung mit ökologischen Belangen in Einklang zu bringen. 

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Überdüngung kann die Bodenqualität verringern und wirkt sich negativ auf die biologische Vielfalt aus.

Überdüngung kann die Bodenqualität verringern und wirkt sich negativ auf die biologische Vielfalt aus.

Bildquelle: © iStockphoto.com/Federico Rostagno

Drei grundsätzliche Prinzipien 

Herman Daly, einer der Begründer der Umweltökonomie, hat drei grundsätzliche Prinzipien der Nachhaltigkeit aufgestellt: 

  • Erneuerbare Ressourcen dürfen nicht schneller verbraucht werden als sie sich regenerieren.
  • Nichterneuerbare Ressourcen dürfen nur in dem Maße erschöpft werden wie erneuerbare Ersatzstoffe und Substitutionsmittel bereitgestellt werden.
  • Schadstoffemissionen und Abfallstoffe dürfen nur in dem Maße ausgestoßen werden wie die Selbstreinigungskraft der Umwelt ihre negativen Auswirkungen neutralisieren kann. 

Die Bereitstellung von Alternativen für nichterneuerbare Ressourcen kann dabei insbesondere durch Investitionen in entsprechende Forschung und Entwicklung erreicht werden. Diese können z.B. durch Steuern auf nichterneuerbare Ressourcen finanziert werden. Preise von weniger nachhaltigen Produkten steigen und ein Lenkungseffekt auf den Verbrauch nachhaltiger Produkte entsteht, so die Theorie. 

Messbarkeit und Bewertung einer nachhaltigen Entwicklung 

Um zu erkennen, ob eine Entwicklung nachhaltig ist, müssen die Auswirkungen menschlichen Handelns in den Bereichen Ökologie, Wirtschaft und Gesellschaft erfasst werden. Die wirtschaftliche Situation einer Gesellschaft wird anhand einer Vielzahl von Indikatoren beschrieben, z.B. durch die Arbeitslosenzahlen, die Inflationsrate oder das Bruttonationaleinkommen. Daneben wird z.B. über die Messung  der Einkommensverteilung  oder der "menschlichen Entwicklung" (z.B. mittels des "Human Development Index") auch die soziale Dimension integriert. Im Bereich der Ökologie sind solche Bemühungen hingegen neu. 

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Die Landwirtschaft muss vielfältigen Ansprüchen genügen: Erträge sichern, ökologisch sein und wirtschaftlich arbeiten.

Die Landwirtschaft muss vielfältigen Ansprüchen genügen: Erträge sichern, ökologisch sein und wirtschaftlich arbeiten.

Bildquelle: © Rainer Sturm / pixelio.de

Ein Vorreiter bei der Messung der Umweltbelastung war der "ökologische Fußabdruck". Dabei wird der aktuelle Ressourcenverbrauch einer Gesellschaft berechnet und den langfristig vorhandenen Ressourcen, gegenübergestellt. Entsprechende Berechnungen auf globaler Ebene zeigen, dass die Menschheit derzeit 1,4 Mal so viele Ressourcen verbraucht, wie die Erde langfristig bereitstellen kann. Dieses Prinzip wird mittlerweile weitverbreitet angewandt, z.B. auch spezifisch für den Wasserverbrauch. Einen neueren und umfassenderen Indikator stellt der "Environmental Performance Index" (EPI) dar. Der EPI bündelt über zwei Dutzend Indikatoren, die Themen wie Klimawandel, Landwirtschaft, Biodiversität, Wasser, Luftverschmutzung oder die umweltbedingte Krankheitslast abdecken. Damit soll er helfen abzuschätzen, wie erfolgreich einzelne Länder mit ihrer Umweltpolitik sind. In Deutschland verfolgt der Rat für Nachhaltige Entwicklung mit seinem "Ampelbericht" ein ähnliches Ziel. 

Auf ähnliche Weise wie diese Indikatoren auf gesellschaftlicher Ebene, erlauben Ökobilanzen die "Nachhaltigkeit" bzw. die Umweltwirkungen eines Produkts, eines Verfahrens oder einer Dienstleistung über den gesamten Lebenszyklus abzuschätzen. Weitere Kennzahlen und Indizes für Nachhaltigkeit  rücken Aspekte wie Armut, gesellschaftliche Teilhabe, Kultur und Lebensstile stärker in den Vordergrund. Dies zeigt, dass eine Messung nachhaltiger Entwicklung immer auch eine Wertung bzw. Gewichtung der inhaltlichen und zeitlichen Dimensionen – Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft einerseits und Gegenwart und Zukunft andererseits – beinhaltet. 

Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft 

Wie bereits dargestellt, entspringt der Gedanke der Nachhaltigkeit der Land- bzw. Forstwirtschaft. Auch die großen politischen Ereignisse der letzten Jahrzehnte, auf denen die globale Politik der Nachhaltigkeit definiert wurde, unterstreichen die Rolle der Landwirtschaft. Die Landwirtschaft muss den Bedarf an Nahrung und nachwachsenden Ressourcen für eine wachsende Weltbevölkerung decken und dabei auch noch bei der Bekämpfung der Armut in Entwicklungsländern helfen. Gleichzeitig darf die Landwirtschaft nichterneuerbare Ressourcen und Land nicht weiter verknappen, sondern sie soll die Umwelt und biologische Vielfalt schützen. 

Landwirtschaft als Quelle von Nahrungsmitteln, Rohstoffen und Energieträgern 

In den nächsten 40 Jahren wird die Weltbevölkerung um 40 Prozent wachsen. Gleichzeitig wächst das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen. Mehr Menschen benötigen mehr Nahrung. Durch den steigenden Wohlstand konsumieren die Menschen zunehmend höherwertige Lebensmittel, insbesondere tierische Nahrung. Somit werden mehr Futtermittel benötigt. Gleichzeitig sollen mehr nachwachsende Energieträger und Rohstoffe genutzt werden. So will z.B. die EU bis zum Jahr 2020 mindestens 20 Prozent ihres gesamten Energieverbrauchs aus erneuerbaren Quellen decken. Und die USA wollen bis 2022 ihrem Benzin sieben Mal so viel Biokraftstoffe beimischen wie bisher. Die große Frage für die Zukunft ist daher, wie Landwirtschaft all diese Ansprüche nachhaltig befriedigen kann. 

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Eine falsche Bewässerung kann zu einer Versalzung des Bodens führen. Eine ausgeklügelte Bewässerungstechnik kann dies verhindern. 

Eine falsche Bewässerung kann zu einer Versalzung des Bodens führen. Eine ausgeklügelte Bewässerungstechnik kann dies verhindern. 

Bildquelle: © tokamuwi / pixelio.de

Landwirtschaft und Ressourcen 

Den steigenden Ansprüchen an die Landwirtschaft steht ihr zunehmender Ressourcenverbrauch gegenüber. Acker- und Weideland machen bereits heute ungefähr 40 Prozent der Landfläche der Erde aus. Nur der Waldbestand stellt ein ähnlich großes erdgebundenes Ökosystem dar. Es ist somit offensichtlich, dass Zuwächse in der Landwirtschaft nicht über eine Ausweitung der landwirtschaftlichen Fläche erfolgen können, zumindest nicht ohne dabei Naturlandschaften (und Kohlenstoffsenken) wie Regenwälder, Grünland oder Feuchtgebiete zu zerstören. Darüber hinaus erhöhen Bevölkerungswachstum und damit einhergehender Siedlungsdruck und Infrastrukturausbau den globalen Flächenbedarf. Außerdem nimmt auf einem Großteil der landwirtschaftlichen Fläche die Bodenqualität ab. In den letzten 60 Jahren hat menschliches Handeln fast 40 Prozent der Ackerfläche zumindest teilweise degeneriert. Bodenerosion, Nährstoffverluste durch Auswaschung oder Emission oder Versalzung durch falsche Bewässerung sind einige Ursachen dieser Entwicklung.

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Das heißt, die Landwirtschaft muss die steigenden Ansprüche auf gleichbleibender oder sogar abnehmender Fläche und auf minderwertigeren Böden erwirtschaften.

Neben der Ausdehnung der absoluten Ackerflächen konnten in den letzten Jahrzehnten Ertragszuwächse in der Landwirtschaft zu einem Großteil durch die Verwendung von Düngemitteln erzielt werden. Während in einigen Gegenden, insbesondere in Afrika, die Zufuhr von zusätzlichen Nährstoffen zur Erhalt der Bodenfruchtbarkeit angeraten ist, müssen in Gegenden mit intensiver Landwirtschaft einer Ausweitung auch die negativen Auswirkungen eines Düngemitteleinsatzes gegenübergestellt werden. So hat z.B. der massive Einsatz von Stickstoff und Phosphor in Düngemitteln einen negativen Einfluss auf die Wasserqualität. Außerdem sind einige der wichtigsten Nährstoffe, die derzeit in Düngemitteln verwendet werden, endlich. Vorhersagen gehen z.B. davon aus, dass die Vorräte von Phosphor in einigen Jahrzehnten erschöpft sind.

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Das heißt, die Landwirtschaft muss die steigenden Ansprüche an sie ohne nennenswerte Steigerung der Nährstoffzufuhr oder sogar mit weniger Nährstoffen erwirtschaften.  

Außer Land und Nährstoffen benötigt die Landwirtschaft vor allem Wasser: über 70 Prozent des weltweiten Wasserbedarfs geht auf sie zurück. In einigen Entwicklungsländern macht der Wasserverbrauch in der Landwirtschaft sogar über 90 Prozent der gesamten Wasserentnahme aus. Der Anteil des bewässerten Ackerlands nimmt stetig zu. Mittlerweile ist fast ein Fünftel des weltweiten Ackerlands bewässert. Einer weiteren Ausweitung des Wasserverbrauchs in der Landwirtschaft stehen jedoch Bevölkerungswachstum, der Wasserbedarf der Industrie und zunehmende Erschließungskosten neuer Quellen entgegen. Außerdem kann Grund- und Oberflächenwasser nicht unbegrenzt entnommen werden ohne ökologische Funktionen zu stören.  Die Bewässerung bringt auch für die Landwirtschaft selber Probleme mit sich, wie z.B. eine zunehmende Versalzung des Bodens. Überdies ist wahrscheinlich, dass der Klimawandel die Niederschlagsmuster weltweit ändert und insbesondere zu mehr Trockenheit in den tropischen und subtropischen Breiten führen kann.

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Das heißt, die Landwirtschaft muss die steigenden Ansprüche an sie ohne eine Steigerung ihres Wasserverbrauchs erwirtschaften bzw. dort wo die Ansprüche am meisten wachsen, könnte am wenigsten Wasser zur Verfügung stehen.

Landwirtschaft und Umweltschutz 

Die Landwirtschaft beansprucht nicht nur Ressourcen wie Land, Wasser und Nährstoffe, was sich negativ auf die natürliche Umwelt auswirkt, sie setzt auch Treibhausgase frei, die zum anthropogenen Treibhauseffekt beitragen. Laut BMELV entspricht der Anteil der Landwirtschaft am gesamten Ausstoß von Treibhausgasen in Deutschland über 10 Prozent. Gut ein Fünftel davon ist auf die Emission von Methan, gut ein Drittel auf die Emission von Lachgas und über 40 Prozent auf die Emission von Kohlendioxid zurückzuführen. Methan wird vor allem durch Rinder ausgestoßen, da es sich bei Wiederkäuern bei der Verdauung bildet. Ein Teil ist auch auf die Emissionen aus Düngemitteln zurückzuführen. Der Ausstoß von Lachgas geht vor allem auf Nährstoffüberschüsse in landwirtschaftlich genutzten Böden zurück, d.h. auf eine Überdüngung mit Stickstoffverbindungen. Die Kohlendioxid-Emissionen werden zum größten Teil durch die landwirtschaftliche Nutzung von entwässerten Moorflächen verursacht, wo sich der in den Mooren enthaltene Kohlenstoff über Jahrzehnte hinweg in Kohlendioxid umwandelt. Berechnungen des WWF zufolge müssen die Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft bis 2050 um 40 Prozent reduziert werden, um den Klimawandel zu bremsen und die globalen Temperaturerhöhungen auf zwei Grad zu begrenzen.

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Das heißt, die Landwirtschaft muss die steigenden Ansprüche an sie bei einer gleichzeitigen Verminderung ihres Ausstoßes schädlicher Treibhausgase erwirtschaften.

Landwirtschaft und Biodiversität

Ein anderer Bereich, in dem die Landwirtschaft Umweltbelangen gerecht werden soll, ist der Schutz der Artenvielfalt. Neben der Ausdehnung landwirtschaftlicher Nutzflächen und der Beeinflussung lokaler Wasserkreisläufe, welche natürliche Lebensräume zerstören und verändern, stellen auch der Umbruch abgeernteter Felder, die Bodenverdichtung durch Maschineneinsatz, die Beseitigung von Hecken und Randstreifen, die Verbreitung gebietsfremder Arten sowie insbesondere der Düngemittel- und Pestizideinsatz in der Landwirtschaft eine Bedrohung der Biodiversität dar. Insbesondere Breitbandpestizide können unbeabsichtigte Auswirkungen auf Arten haben, gegen die sie nicht eingesetzt wurden, z.B. wenn sie vom Wind verweht werden, im Boden versickern oder vom Regen in Gewässer gespült werden. Durch die Vernichtung von Pflanzen und Insekten, die am unteren Ende der Nahrungskette stehen, kann es auch weiterreichende indirekte Auswirkungen auf andere Arten geben. Darüber hinaus werden in der Landwirtschaft selber immer weniger Pflanzen- und Tierarten genutzt und sterben aus. Genetische Vielfalt ist jedoch die Grundlage aller Züchtungsbemühungen und Voraussetzung für die Anpassung von Tier- und Pflanzenarten an sich wandelnde Umweltbedingungen.

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Das heißt, die Landwirtschaft muss die steigende Nachfrage nach Nahrungs- und Futtermitteln, Energie und Rohstoffen erwirtschaften,dabei aber weder die landwirtschaftliche noch die natürliche Artenvielfalt weiter verringern.

Landwirtschaft und Armutsbekämpfung 

Während in den reichen Industrieländern nur noch ein kleiner Prozentsatz der Bevölkerung in der Landwirtschaft arbeitet (in Deutschland sind es zwei Prozent der Erwerbstätigen), ist in vielen Entwicklungsländern über die Hälfte der Bevölkerung von der Landwirtschaft abhängig und die meisten der Armen leben im ländlichen Raum. Es ist daher offensichtlich, dass der Landwirtschaft zumindest mittelfristig auch bei der globalen Armutsbekämpfung eine tragende Rolle zukommt.

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Das heißt, die Landwirtschaft muss die steigenden Ansprüche an sie erwirtschaften ohne dabei die sozialen Auswirkungen einer sich ändernden Landwirtschaft aus den Augen zu verlieren. 

Mögliche Wege zu einer nachhaltigen Landwirtschaft 

Mögliche Lösungsansätze sind in zwei prinzipiellen Richtungen denkbar: In der Begrenzung der Nachfrage nach Gütern aus der Landwirtschaft oder aber durch eine Steigerung der Effizienz der Landwirtschaft, d.h. der Produktion von mehr Gütern mit weniger oder alternativen Ressourcen. Während eine Begrenzung der Nachfrage auf eine strikte Verhaltenskontrolle der Menschen hinausläuft (von der Reglementierung der Ernährungsweise bis hin zur Geburtenkontrolle), kann eine Steigerung der Effizienz nur durch innovative Forschung und technischen Wandel erreicht werden. Ansätze zu mehr Innovation liefern z.B. ein Gutachten des BioÖkonomieRats „Innovation-BioÖkonomie“, ein Abschlussbericht des BMBF-Fachforums „Pflanzenforschung, Klima, Nachhaltigkeit“ oder die „Petersberger Thesen“. Allen gemein ist die Forderung nach verstärkter inter- und transdisziplinärer Forschung und Entwicklung, die Forderung, die finanziellen Aufwendungen in Agrar-, Ernährungs-, Umwelt- und Klimaforschung zu erhöhen und eine verstärkte internationale Kooperation.