Naturerlebnis per Smartphone

Mit Handy-Apps die Natur besser kennenlernen

30.08.2013 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Ein Apfelbaum? Mit den neuen Natur-Apps kann man auch das Smartphone fragen. (Quelle: © Andrzej Wilusz / Fotolia.com)

Ein Apfelbaum? Mit den neuen Natur-Apps kann man auch das Smartphone fragen. (Quelle: © Andrzej Wilusz / Fotolia.com)

Was wächst denn da? Smartphones bieten neue Möglichkeiten, um sich Wissen über Pflanzen und Tiere anzueignen.

Unser Alltag ist bestimmt von digitaler Vernetzung.  Diese technischen Entwicklungen beeinflussen auch unsere Art zu Lernen und unser Wissen. Waren es vor einhundert Jahren dicke Wälzer und die Eltern oder Großeltern, die den Kindern die Natur erklärt haben, greifen die Kinder heute wie selbstverständlich auf Wissensbestände in Form von Wikipedia und anderer digitaler Quellen zurück.

Neue Medien können Wissensdefizite ausgleichen

Eine Möglichkeit sind sogenannte Apps für Smart- und iPhones, mit denen man sich spielerisch der Natur nähern kann. Unter Apps (engl. Anwendungen) versteht man speziell auf die neue Mobiltelefongeneration angepasste Programme. Sie sind auf jedem Smartphone zu finden und ihre Bedienung ist einfach und intuitiv. Mittlerweile gibt es auch eine ganze Reihe von Anwendungen, die sich mit verschiedenen Aspekten der Natur beschäftigen. Egal ob Bäume, Pilze, Schmetterlinge oder Vogelstimmen, das mobile Lexikon hilft bei deren Bestimmung und liefert weitere hilfreiche Tipps.

Und das ist nötig. Denn in Deutschland gibt es, was die Artenkenntnis von Tieren und Pflanzen angeht, ein großes Defizit. Zwar schätzen, laut der großangelegten Umfrage des Bundesumweltministeriums „Naturbewusstsein 2011“, zwei Drittel der Deutschen die Natur als wertvoll, gleichzeitig gaben gerade einmal 40 Prozent an, die Flora und Fauna ihrer Umgebung sei ihnen auch bekannt. Es besteht also Informationsbedarf.

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Das Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) unterstützt die Entwicklung von Natur-Apps. Die kostenlose App „Die Waldfibel“ bietet verschiedene Möglichkeiten, Natur neu zu entdecken.

Das Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) unterstützt die Entwicklung von Natur-Apps. Die kostenlose App „Die Waldfibel“ bietet verschiedene Möglichkeiten, Natur neu zu entdecken.

Bildquelle: © BMELV

Das Telefon als Bestimmungsbuch

Ein verstärkter Einsatz von digitalen Hilfsmitteln, insbesondere der Apps, könnte hier Abhilfe schaffen. Das meint auch der Internetsoziologe Dr. Stephan Humer von der Universität der Künste in Berlin. Er sieht hier großes Potenzial: „Ich denke die Vorteile überwiegen klar“, betont der Wissenschaftler. Kritikern dieser Entwicklung hält er entgegnet: „Es wird ja auch nicht so sein, dass niemand mehr eine Blume anfasst, nur weil er mit dem Smartphone durch den Park geht. Dieser Kulturpessimismus hat keine wissenschaftliche Grundlage. Ohne ein Objekt, in diesem Fall die Pflanze, kann ja das Smartphone keine Ergebnisse liefern. Das Naturerlebnis wird also keineswegs obsolet.“

Ein interessantes Beispiel ist die kostenlose App „Die Waldfibel“ des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV), die Interessierten Flora, Fauna und Tierwelt des Waldes näherbringt. Illustriert mit schönen Zeichnungen bietet die Waldfibel ganz unterschiedliche Möglichkeiten, sich mit der Natur auseinanderzusetzen. Man kann einen Panoramaspaziergang durch den Wald unternehmen, es gibt Quizze zum Wald und zu den Bäumen, mit einer Funktion lässt sich die Höhe von Bäumen bestimmen und es werden viele Zusatzinformationen zum Wald in Deutschland geboten.

Vielversprechender Start

Die App ist ein voller Erfolg, wie Ralph Brockhaus, Pressesprecher des BMELV, bestätigt. Zunächst war „Die Waldfibel“ nur als Broschüre konzipiert, schnell wurde aber klar, dass man auf die neuen digitalen Möglichkeiten zurückgreifen muss, um Jugendliche und junge Erwachsene anzusprechen. Das ist mit der App gelungen: fast 300.000mal wurde sie bereits heruntergeladen, wie Brockhaus stolz hinzufügt: „Mit Printprodukten lässt sich eine solche Reichweite nur in Ausnahmefällen erreichen. Außerdem sprechen wir mit der App eine überwiegend junge und technikaffine Zielgruppe an, also genau die Menschen, um die es uns bei dieser Information geht.“

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Essbar oder giftig? Auch für Pilzsammler sind Bestimmungs-Apps praktisch. Aber Vorsicht: Nicht immer ist auf das Ergebnis Verlass.

Essbar oder giftig? Auch für Pilzsammler sind Bestimmungs-Apps praktisch. Aber Vorsicht: Nicht immer ist auf das Ergebnis Verlass.

Bildquelle: © Marianne J / pixelio,de

Amerikanische Anbieter sind kreativer

Die „Waldfibel“-App und ähnliche Anwendungen im deutschsprachigen Raum beinhalten bereits innovative Ansätze, ein Vergleich mit amerikanischen Anbietern zeigt aber, dass in Deutschland nur ein kleiner Teil der technischen Möglichkeiten ausgeschöpft wird. Ein Beispiel ist die von der Columbia University, der University of Maryland und dem Smithsonian Institution entwickelte App „Leafsnap“. Die Funktion ist so einfach wie genial: Man macht mit seinem iPhone ein Foto von einem Pflanzenblatt, eine Software gleicht die Blattkonturen mit einer Pflanzendatenbank des Smithsonian Institution ab und die App liefert dann den exakten Pflanzennamen. Leider ist es in der Praxis nicht immer so einfach. So kann es bei komplexen Pflanzenstrukturen durchaus lange dauern, bis ein Ergebnis geladen wird, und nicht immer entspricht dieses der tatsächlichen Pflanze. Der Hobbybotaniker kann also noch nicht ganz auf sein Pflanzenbestimmungsbuch verzichten.

Grenzen und Möglichkeiten

Doch die technische Entwicklung geht unaufhaltsam weiter. Wann allerdings solche anspruchsvollen Anwendungen für den deutschen Markt erhältlich sind, ist nicht absehbar. So wird beispielsweise das Bundeslandwirtschaftsministerium weitere Anwendungen entwickeln, aber, so Pressesprecher Brockhaus, Apps wie Leafsnap überschritten den vertretbaren Aufwand in zeitlicher, technischer und finanzieller Hinsicht.

Internetexperte Humer geht davon aus, dass wir erst am Anfang stehen. Seiner Meinung nach wird es langfristig noch mehr in Richtung Vernetzung unterschiedlicher Geräte gehen: „Da hat man die Fantasie noch nicht ausgeschöpft“, so der Wissenschaftler.

Man darf gespannt sein, was sich naturaffine Softwareentwickler noch einfallen lassen.


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Weitere Natur- und Bestimmungs-Apps:

Titelbild: Ein Apfelbaum? Mit den neuen Natur-Apps kann man auch das Smartphone fragen. (Quelle: © Andrzej Wilusz / Fotolia.com)