Pflanzenbau im Windschatten

12.10.2010 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Geldsparen durch Bt-Mais? (Quelle: © iStockphoto.com/ Nick M. Do)

Geldsparen durch Bt-Mais? (Quelle: © iStockphoto.com/ Nick M. Do)

Genetisch veränderter Bt-Mais kann Bauern, die in der Nähe konventionelle Sorten anbauen, Geld sparen. Wissenschaftler zeigen warum.

In den USA wächst gentechnisch veränderter Bt-Mais mittlerweile auf etwa 22 Mio. Hektar Fläche, dies entspricht mehr als 60 % der gesamten Maisanbaufläche (zum Vergleich: die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche Deutschlands beträgt 17 Mio. ha).

Die Auswirkungen des Bt-Mais-Anbaus auf die Populationen der bedeutendsten Mais-Schädlinge haben nun US-Forscher untersucht. Ihr Ergebnis: Der konventionelle Landbau kann im „Windschatten“ vom Anbau genetisch veränderter Sorten profitieren. Durch den Anbau des insektenresistenten Mais sparten amerikanische Landwirte in den vergangenen 14 Jahren mehrere Milliarden US Dollar, das sie sonst für Pestizide ausgegeben oder durch Ernteverluste verloren hätten.

Den größten Teil dieser Summe, etwa zwei Drittel, konnten jedoch gerade die Farmer einsparen, die keinen Bt-Mais, sondern konventionelle Sorten anbauten. Kein Paradox, wie die Wissenschaftler zeigen. 

Ein Gen gegen Schädlinge

Mit Hilfe gentechnischer Verfahren werden dem Mais aus dem Bakterium Bacillus thuringiensis isolierte Bt-Protein-Gene eingepflanzt. Diese Proteine produzieren in der Pflanze einen für Fraßinsekten giftigen Wirkstoff, der die Pflanze vor Schädlingen wie dem Maiszünzler (Ostrinia nubilalis) oder dem Mais-Ohrwurm (Helicoverpa zea) schützt. Es gibt zirka 170 verschiedene Bt-Proteine, die spezifisch gegen einzelne Insektengruppen wirksam sind. 

Der in den USA weit verbreitetste Mais-Schädling ist der Maiszünsler, der jährlich Ernteverluste im Wert von etwa eine Mrd. US Dollar verursacht. Immer mehr Bauern pflanzen daher Bt-Mais an, um ihre Ernte zu schützen. Das Bt-Protein wirkt sehr spezifisch gegen das Schadinsekt. Dadurch braucht der Landwirt weniger Pflanzenschutzmittel und spart Geld. Der Nachteil: das Bt-Saatgut ist teurer als konventionelles Saatgut. 

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Auf 22 Mio. Hektar Ackerland wird derzeit in den USA genetisch veränderter Bt-Mais angebaut (Quelle: © Samossi / PIXELIO www.pixelio.de)

Auf 22 Mio. Hektar Ackerland wird derzeit in den USA genetisch veränderter Bt-Mais angebaut (Quelle: © Samossi / PIXELIO www.pixelio.de)

Unerwartete Vorteile

In den vergangenen 14 Jahren, seit dem verstärkten Anbau von Bt-Mais in den USA, ist die Population der Maiszünsler um 27% bis zu 73% geschrumpft, erklären die Wissenschaftler. Diese Verringerung der Schädlingspopulation beschränkt sich dabei nicht auf die Felder mit genetisch veränderten Pflanzen, sie ist ebenso auf angrenzenden konventionell bepflanzten Äckern zu beobachten. Daher können auch Landwirte von Bt-Mais profitieren, die selbst gar keinen anbauen. Auch sie benötigen dann weniger Pflanzenschutzmittel und erleiden weniger Ernteverluste. Sie sparen sogar mehr Geld als die GMO-Bauern, da ihr Saatgut preiswerter ist.

Resistenzen und andere Nebenwirkungen

Eine flächendeckende Bepflanzung von Bt-Mais führt schnell zu Resistenzen. Denn nur die gegen das Bt-Gift resistenten Tiere überleben und vermehren sich. Daher hat die US-amerikanische Umweltschutzagentur (U.S. Environmental Protection Agency) festgelegt, dass mindestens 20-50% der Maisanbaufläche im Umkreis von 800m um ein Bt-Maisfeld mit konventionellen Sorten bepflanzt werden muss, um den Schädlingen ein natürliches Rückzugsgebiet einzurichten. Hierdurch verspricht man sich eine langsamere Resistenzentwicklung. Auf den Rückzugsflächen überlebt ein Teil der nicht Bt-resistenten Schädlinge und erhält die Eigenschaft zur Anfälligkeit gegen das Bt-Toxin in der Gesamtpopulation am Leben. 

Neben diesem direkten Nutzen-Wirkungs-Gefüge, kann der Anbau von Bt-Pflanzen auch indirekte Effekte haben. Chinesische Wissenschaftler konnten zeigen, dass der Anbau von insektenresistenter Bt-Baumwolle zu einer Massenvermehrung von Weichwanzen führte. Diese waren zuvor ein recht unbedeutender Schädling. Die Weichwanzen konnten sich durch den massenhaften Anbau von Bt-Baumwolle gut entwickeln und verbreiten. Denn sie sind gegen das Bt-Toxin der Baumwolle von Natur aus immun und durch den Anbau von Bt-Baumwolle wurden weniger Breitbandpestizide eingesetzt. Um die Ernteverluste durch die Wanzen in den Griff zu bekommen, werden nun trotz Bt-Baumwolle wieder vermehrt chemische Mittel gesprüht. 

Beide Beispiele zeigen: eine Pauschalbetrachtung ist nicht möglich.

Die Bt-Mais-Studie zum Anbau in den USA weist darauf hin, dass die konventionelle Landwirtschaft im „Windschatten“ des Anbaus gentechnisch veränderter Sorten profitieren kann, da durch die pflanzenintegrierte Schädlingsabwehr die Populationen der Schädlinge verringert werden. Die chinesische Studie konnte hingegen zeigen, dass die Kosten für die Landwirte zunahmen, weil ein effektiver Pflanzenschutz nur durch die Kombination von Bt-Baumwolle und chemischen Pflanzenschutzmitteln erreicht werden konnte. 

Die Frage, wie sich bestimmte Produktionssysteme auf die Umwelt und auf andere Produktionssysteme auswirken, sollte ein Schwerpunkt zukünftiger Forschungen sein. Interessant ist diese Fragestellung nicht nur für die Risiko- und Chancenbewertung der Grünen Gentechnik. Sie berührt ebenso die Frage nach den positiven und negativen Folgen und der Interaktion unterschiedlicher Anbaumethoden. 

Fragen zukünftiger Forschung könnten also sein: Wie wirkt sich der Anbau gentechnisch veränderter bzw. anderer Higtech-Sorten auf die konventionelle und die ökologische Landwirtschaft aus? Was passiert, wenn der Ökolandbau in Europa massiv zunimmt und damit ein Teil der hoch effektiven Schädlingsabwehr wegfällt? Wie können langfristig Resistenzen gegen Pflanzenschutzmittel oder Bt-Proteine verhindert werden? Wie wirken sich die ökologischen und ökonomischen Effekte auf den einzelnen Betrieb oder auch auf eine ganze Region aus? 


Quelle:
Hutchison, W.D. et al. (2010): Areawide Suppression of European Corn Borer with Bt Maize Reaps Savings to Non-Bt Maize Growers. In: Science, Vol. 330. no. 6001, pp. 222 – 225, (8. Oktober 2010),  DOI: 10.1126/science.1190242.

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