Phänotypisierung mit 3D-Echtzeitanalyse

Für leistungsfähigere Wurzeln

12.04.2013 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die Wissenschaftler der vorliegenden Studie untersuchten speziell die Wurzeln verschiedener Reisarten genauer. (Quelle: © tallburn46 - Fotolia.com)

Die Wissenschaftler der vorliegenden Studie untersuchten speziell die Wurzeln verschiedener Reisarten genauer. (Quelle: © tallburn46 - Fotolia.com)

Die züchterische Optimierung von Wurzeln steckt noch in den Kinderschuhen. Das könnte sich bald ändern, denn Forschern gelang es mit modernen Methoden zahlreiche Wurzeleigenschaften ihrem genetischen Hintergrund zuzuordnen.

Obwohl sie selten in Erscheinung treten, sind die Wurzeln einer Pflanze maßgeblich an deren Gedeihen und Ernteertrag beteiligt. Wurzeln sind dafür verantwortlich, ob Pflanzen in salzigen, sauren oder trockenen Böden wachsen können. Sie unterstützen die pflanzliche Immunabwehr und sogar der Bedarf an Kunstdünger ist von der Wurzelfunktion abhängig.

Wurzeltypen züchten

Die räumliche Anordnung der Wurzeln spielt eine wichtige Rolle für eine Pflanze, wenn es darum geht, unter widrigen Umweltbedingungen zu wachsen. Pflanzen züchterisch an derartige Umweltfaktoren anpassen zu können, wäre ein großer Fortschritt in der Landwirtschaft. Die modernen molekularbiologischen Methoden der Pflanzenzüchtung würden es theoretisch erlauben, die Wurzelarchitektur von Pflanzen durch gezielte Züchtung an bestimmte Umgebungen anzupassen. Welcher Wurzelphänotyp jedoch zu welchem genetischen Hintergrund gehört, ist bisher nur spärlich erforscht und kann daher auch nicht in züchterische Anwendungen einfließen. Diesem Problem haben sich nun Wissenschaftler in einer Phänotypisierungsstudie mit verschiedenen Reisarten und einer Echtzeit-3D-Beobachtung der Wurzeln gewidmet.

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Unscheinbar und doch eines der wichtigsten Organe: die Wurzel.

Unscheinbar und doch eines der wichtigsten Organe: die Wurzel.

Bildquelle: © iStockphoto.com / George Clerk)

Was verrät das Genom über die Wurzel?

Den Wissenschaftlern ging es vor allem darum, Formen der Wurzelarchitektur bestimmten genetischen Eigenschaften zuzuordnen, sogenannten Quantitativen Trait Loci (kurz: QTL) zuzuordnen. Ein QTL ist ein Genomabschnitt, der die Ausprägung eines quantitativen phänotypischen Merkmals beeinflusst. Bei den in dieser Studie benutzten Reispflanzen handelte es sich um eine Kreuzung der Reissorten Bala mit Azucena, in denen bereits zahlreiche Wurzel-assoziierte QTL identifiziert worden waren.

Insgesamt phänotypisierten die Wissenschaftler mehr als 1.400 3D-Wurzelmodelle und mehr als 57.000 2D-Bilder, die genauestens vermessen wurden. Sie untersuchten 25 Wurzelmerkmale wie beispielsweise die Ausbreitung, die Form, die Ausdehnung und Wurzelverzweigungen 12, 14 und 16 Tage nach dem Ausbringen der Pflanzen einem Gummi-Medium (Gellan). Gellan Gummi Medium eignet sich für Beobachtungsstudien von Wurzeln besonders gut, da es eine gelartige, durchsichtige Struktur hat, durch die sich das Wachstum der Pflanzenwurzeln ungehindert beobachten lässt. Aus allen Daten identifizierten die Forscher 89 QTL, die für verschiedene Wurzeleigenschaften verantwortlich zu sein scheinen.

Wurzelarchitektur lässt sich vorhersagen

Mit der Entwicklung ihrer bildgebenden und parallel analytischen Methode haben die Wissenschaftler eine wichtige Grundlage geschaffen, wie sich Wurzeleigenschaften einem genetischen Hintergrund zuordnen lassen. Auf dieses Wissen können Züchter zurückgreifen, wenn es darum geht, in Zukunft Pflanzenarten mit optimierten Wurzeln zu züchten, die höhere Erträge bringen, weniger Chemikalien benötigen und auch unter widrigen Umweltbedingungen wachsen können.

Auch in Deutschland nahm zu Beginn dieses Jahres ein Pflanzen Phänotypisierungs-Netzwerk seine Arbeit auf. Das Deutsche Pflanzen Phänotypisierungs-Netzwerk (DPPN) ist eine Kooperation zwischen dem Forschungszentrum Jülich, dem Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben und dem Helmholtz-Zentrum München (HMGU). Das DPPN will die strukturellen und physiologischen Eigenschaften von Pflanzen für die Pflanzenforschung und die praktische Pflanzenzüchtung quantitativ erfassen. Die Partner werden dazu überwiegend neuartige, nicht invasive Methoden entwickeln und einsetzen, um zum Beispiel die Größe und Gestalt, die Widerstandsfähigkeit von Pflanzen gegenüber Stress oder die Konzentrationen wichtiger Inhaltsstoffe zu bestimmen.

In dem Interview mit Pflanzenforschung.de erzählt Professor Dr. Ulrich Schurr, Leiter des Instituts für Pflanzenwissenschaften im Forschungszentrum Jülich und Koordinator des DPPN, warum „Phänotypisierung“ zu den neuen Schlüsseltechnologien in der Pflanzenforschung gehört.


Quelle:
Topp, C.N., et al. (2013): 3D phenotyping and quantitative trait locus mapping identify core regions of the rice genome controlling root architecture. In: PNAS, (11. April 2013), doi: 10.1073/pnas.1304354110.

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