Photosynthese optimieren

Neuer CETCH-Zyklus erhöht die Photosyntheserate

24.02.2020 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Epidermiszellen eines Blattes: In den in ihnen eingelagerten Chloroplasten läuft die Photosynthese ab. (Bildquelle: © iStock.com/barbol88)

Epidermiszellen eines Blattes: In den in ihnen eingelagerten Chloroplasten läuft die Photosynthese ab. (Bildquelle: © iStock.com/barbol88)

Forscher haben zwei künstlich veränderte Stoffwechselwege am Computer kombiniert: Eine neu designte CO2-Fixierung und eine umorganisierte Photorespiration erhöhen die Photosyntheserate durch eine effektivere Arbeitsweise, die die Schwächen der natürlichen Stoffwechselwege vermeidet.

Die Photosynthese steht in der Pflanzenforschung schon lange im Mittelpunkt. Ihre Optimierung könnte zu erhöhten Erträgen und einer verbesserten Lebensmittelproduktion beitragen. Eine damit einhergehende, effizientere CO2-Fixierung (Carboxylierung) könnte zudem der Atmosphäre mehr CO2 entziehen und den Klimawandel möglicherweise abschwächen – so die Vision der Forscher. Allerdings ist es nicht so einfach, die komplexen Zusammenhänge und das feine Zusammenspiel von Enzymen, Co-Enzymen und Substraten zu durchschauen und zu verbessern. In einer neuen Studie haben Forscher der Julius-Maximilians-Universität Würzburg jetzt die Kombination eines synthetischen CO2-Fixierungsweges und einer optimierten Photorespiration am Computer simuliert.

Modifizierter Stoffwechsel

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Blätter fixieren CO2, um daraus in der Photosynthese Kohlenhydrate herzustellen. Allerdings ist die natürliche Photosynthese an manchen Stellen ineffektiv. Forscher versuchen daher, sie zu optimieren, um eine höhere Biomasseproduktion zu erreichen.

Blätter fixieren CO2, um daraus in der Photosynthese Kohlenhydrate herzustellen. Allerdings ist die natürliche Photosynthese an manchen Stellen ineffektiv. Forscher versuchen daher, sie zu optimieren, um eine höhere Biomasseproduktion zu erreichen.

Bildquelle: © Josch13/Pixabay/CC0

Pflanzen mit natürlichem Stoffwechsel zeigen tagsüber ein Phänomen, bei dem Sauerstoff verbraucht und CO2 freigesetzt wird. Dieses Phänomen wird als Photorespiration bezeichnet und steht im Gegensatz zur Photosynthese, bei der CO2 verbraucht und Sauerstoff frei gesetzt wird.

Der Hauptgrund für die Photorespiration liegt im wichtigsten Enzym der Photosynthese: Die RuBisCo hat nicht nur eine Affinität zu CO2, das von ihr fixiert und in die Dunkelreaktion (Calvin-Zyklus) eingeschleust wird. Sie bindet in geringerem Umfang auch an Sauerstoff. Bei dieser Oxygenase-Reaktion entstehen nicht wie bei der Fixierung von CO2 zwei Moleküle 3-Phosphoglycerat pro Molekül CO2, sondern nur ein 3-Phosphoglycerat-Molekül sowie ein Molekül giftiges 2-Phosphoglycolat. Dieses 2-Phosphoglycolat wird aufwändig und unter CO2-Freisetzung im Peroxisom und in den Mitochondrien zu 3-Phosphoglycerat umgebaut und kann dann erst, nach Rückführung in den Chloroplasten, im Calvin-Zyklus genutzt werden.

Ineffektiver Prozess

Ein Zweck der Photorespiration ist also, den Kohlenstoffverlust zu verringern, den die RuBisCo durch ihre O2-Affinität verursacht, und das giftige 2-Phosphoglycerat dem Stoffwechsel zu entziehen. Allerdings ist dieser Stoffwechselweg für die Pflanze energieaufwändig und damit kostspielig. Zudem werden nur zwischen 30 und 50 Prozent des beim Umbau zu 3-Phosphoglyerat freigesetzten CO2 von der RuBisCo wieder fixiert, der Rest bleibt ungenutzt. Die Photorespiration schlägt sich daher sehr negativ auf die Photosynthesebilanz um.

C4- und CAM-Pflanzen haben hier bereits eine Gegenmaßnahme entwickelt: Sie refixieren das CO2 über Malat (CO2-Vorfixierung), entweder räumlich getrennt in den Mesophyllzellen (C4-Pflanzen) oder zeitlich getrennt (Vorfixierung nachts bei den CAM-Pflanzen). Damit erhöht sich die Konzentration von CO2 in den Zellen im Vergleich zum Sauerstoff. Die RuBisCo fixiert in der Folge vermehrt CO2 und die Photorespiration verringert sich, wodurch der Nettogewinn der Photosynthese steigt. C3-Pflanzen, zu denen viele unserer Nutzpflanzen gehören, haben diese Vorfixierungswege nicht und sind daher weniger effektiv und ertragreich.

Umgehung der Photorespiration

Um die Effizienz von C3-Pflanzen zu erhöhen, versuchen Forscher daher schon seit längerem, die Photorespiration zu umgehen. Grundlage für die Berechnungen in der neuen Studie ist daher eine frühere Arbeit, die sich mit einer „räumlichen Umorganisation“ der Photorespiration befasst. Hier wird der Transport von 2-Phosphoglycerat vom Chloroplasten in das Peroxisom verhindert, indem die Synthese des entsprechenden Transporters (Plastidal Glycolate/Glycerate Transporter 1, PLGG1) unterbunden wird.

Anschließend wird das 2-Phosphoglycolat im Chloroplasten in RuBisCo-Nähe über Malat und unter CO2-Freisetzung wieder zu Ribulose-1,5-Bisphosphat, dem Ausgangssubstrat der RuBisCo, umgebaut. Dabei kommen zwei Enzyme aus einer anderen Pflanze und einem Bakterium zum Einsatz, die den Umbau im Chloroplasten ermöglichen. Auf diesem Weg veränderte Tabakpflanzen hatten eine bis zu 40 Prozent höhere Photosyntheseleistung als nicht veränderte Pflanzen.

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Thomas Dandekar (l.) und Muhammad Naseem. Würzburger Bioinformatiker haben jetzt möglicherweise einen Weg gefunden, der Pflanzen in die Lage versetzt, mehr Kohlendioxid zu binden.

Thomas Dandekar (l.) und Muhammad Naseem. Würzburger Bioinformatiker haben jetzt möglicherweise einen Weg gefunden, der Pflanzen in die Lage versetzt, mehr Kohlendioxid zu binden.

Bildquelle: Pressestelle / Universität Würzburg

Ersatz für den Calvin-Zyklus

Darauf aufbauend modellierten die Forscher in der aktuellen Studie einen neuen Stoffwechselweg, den CETCH-Zyklus (Crotonyl-CoA/Ethylmalonyl-CoA/Hydroxybutyryl-CoA-Zyklus). Er soll durch den Einsatz von 17 neu eingeführten, synthetisch optimierten Enzymen aus neun verschiedenen Organismen besonders effizient sein.

Möglicherweise könnte der CETCH-Zyklus in Zukunft den Calvin-Zyklus ersetzen. Die in ihm enthaltenen, sogenannten ECRs (Enoyl-CoA Carboxylase/Reductasen) können bis zu 80 Moleküle CO2 pro Sekunde fixieren, während die RuBisCo nur auf fünf kommt. Zusammen genommen mit der veränderten Photorespiration würde sich eine hocheffiziente CO2-Fixierung ergeben, die aufgrund ihrer optimierten Enzyme für eine deutlich höhere Biomasseproduktion und damit für höhere Erträge sorgen soll.

Die Forscher betonen, dass die bisherigen Ergebnisse noch nicht an lebenden Pflanzen getestet wurden. Daher könne auch noch nicht ausgeschlossen werden, dass durch den neuen CO2-Fixierungsweg eventuell giftige Stoffe entstehen, die die Pflanzen schädigen. Ebenso ist noch nicht sicher, ob die mit der Photorespiration verbundenen Stoffwechselwege, wie zum Beispiel die Aufnahme von Stickstoff und die Synthese von Aminosäuren, unter den veränderten Abläufen leiden würden. Viel Forschung sei hier noch nötig, so die Wissenschaftler.

Ob allerdings durch diese verbesserte CO2-Fixierung auch dauerhaft mehr CO2 aus der Atmosphäre entzogen und damit der Klimawandel aufgehalten werden kann, scheint fraglich. Denn die meisten Nutzpflanzen haben nur eine kurze Lebensdauer: Das CO2 würde nach der Ernte bzw. nach Konsum der daraus hergestellten Lebensmittel wieder freigesetzt.


Quelle:
Naseem, M. et al. (2020): Synthetic rewiring of CO2 Sequestration galvanizes plant biomass production. In: Trends in Biotechnology, (17. Januar 2020), doi: 10.1016/j.tibtech.2019.12.019.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Epidermiszellen eines Blattes: In den in ihnen eingelagerten Chloroplasten läuft die Photosynthese ab. (Bildquelle: © iStock.com/barbol88)