Proteinarm fit werden

Eiweißreduktion in der Ernährung senkt Blutzucker- und Insulinspiegel

06.09.2016 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Eine proteinarme Ernährung kann einer Studie zufolge die Gesundheit fördern. (Bildquelle: © Dani Vincek / Fotolia.com)

Eine proteinarme Ernährung kann einer Studie zufolge die Gesundheit fördern. (Bildquelle: © Dani Vincek / Fotolia.com)

Forscher untersuchen die Auswirkungen einer reduzierten Proteinaufnahme mit der Nahrung auf den Zuckerstoffwechsel.

Übergewicht und Adipositas sind mit die gewichtigsten Probleme der Menschheit. War von einigen Jahrzehnten noch die Mehrheit der Weltbevölkerung normal- bis untergewichtig, gibt es heutzutage nach Zahlen der WHO mehr als eine Milliarde übergewichtige Menschen. Hauptgründe sind falsche Ernährung und Bewegungsmangel. Neben den großen Gesundheitsgefahren für die Betroffenen bedeutet das auch eine große Belastung für die Gesundheitssysteme. Insbesondere Krankheiten wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind auf dem Vormarsch. In einer neuen Studie untersuchen Forscher des Institutes für Diabetes und Krebs am Helmholtz-Zentrum in München zusammen mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg daher neue Wege der Ernährung, um diesen Problemen zu begegnen.

Positive Effekte bei Verzicht auf Proteine

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Sport kann nicht nur helfen, Stress abzubauen. Bewegungsmangel und eine falsche Ernährung gelten als Hauptgründe für Übergewicht und Adipositas.

Sport kann nicht nur helfen, Stress abzubauen. Bewegungsmangel und eine falsche Ernährung gelten als Hauptgründe für Übergewicht und Adipositas.

Bildquelle: © Petra Bork / pixelio.de

Im Fokus der aktuellen Ernährungsforschung liegen die drei Hauptnährstoffgruppen Fette, Kohlenhydrate und Proteine. Besonders für Fette und Kohlenhydrate in der Ernährung gibt es Empfehlungen in Bezug auf Menge und Qualität, während die Rolle der Proteine bisher eher vernachlässigt wurde. Dabei gibt es auch hier Hinweise, dass ein Zuviel an Proteinen Fettleibigkeit und Diabetes begünstigen kann, wenn auch die Zusammenhänge noch nicht vollständig geklärt werden konnten, besonders im Zusammenhang mit dem Glukosestoffwechsel.

Um festzustellen, wie sich eine proteinarme Diät auf den Organismus auswirkt, gaben die Forscher einer Gruppe von Mäusen eine proteinreduzierte Diät (5 Prozent des Gesamtkaloriengehaltes, eine Kontrollgruppe bekam den gleichen Gesamtkaloriengehalt mit 20 Prozent Proteinanteil). In der Folge zeigten proteinarm ernährte Mäuse einen bis zu 50 Prozent geringeren Zuwachs an Körpermasse als die andere Gruppe, besonders die Fettdepots waren deutlich geringer. Zudem konnte eine erhöhte Futteraufnahme bei den proteinarm ernährten Mäusen beobachtet werden, mit der sie offenbar versuchten, ihr Proteindefizit auszugleichen.

Bilanzierten die Forscher die Gesamtenergieaufnahme über die Nahrung gegen den Zuwachs an Körpermasse, so zeigte sich, dass die proteinarm ernährten Mäuse ihre Nahrung um bis zu 40 Prozent schlechter verwerteten als die Kontrollmäuse. In einem weiteren Versuch werteten die Forscher die Stickstoffmengen in den Exkrementen sowie den Sauerstoffverbrauch und die CO2-Freisetzung aus, um daraus Rückschlüsse auf die hauptsächlich verwerteten Nahrungskomponenten zu ziehen. Es zeigte sich, dass proteinarm ernährte Mäuse deutlich mehr Fett und Kohlenhydrate verbrauchten.

Eine Blutuntersuchung ergab bei den proteinarm ernährten Mäusen dagegen deutlich verbesserte Werte: Der Blutfettspiegel sank, ebenso der Insulin- und der Cholesterinspiegel. Bereits vorhandene Insulinresistenzen – eine Stoffwechselstörung,  oftmals eine Vorstufe von Diabetes – bildeten sich sogar zurück. Zudem zeigten die Mäuse eine deutliche Erhöhung des sogenannten Fibroblasten-Wachstumsfaktors 21 (FGF21). Auch bei zu dicken Mäusen zeigte sich eine Erholung der Blutwerte bei proteinarmer Diät, auch wenn diese Mäuse kein Gewicht verloren.

Wachstumsfaktor kurbelt Glukosestoffwechsel an

Interessant war für die Forscher besonders die Konzentration des FGF21 im Blut der Mäuse, eines Proteins, das für den Glukosestoffwechsel wichtig ist. Um seine Bedeutung zu testen, züchteten sie Mäuse ohne das entsprechende Gen und verglichen ihre Blutwerte mit Mäusen, die FGF21 herstellen konnten. Während eine proteinarme Diät bei Mäusen mit FGF21 die erwarteten Auswirkungen (schlechtere Futterverwertung sowie leicht erhöhte Futteraufnahme bei geringeren Körpermassezuwachs) bewirkte, konnten diese Effekte bei Mäusen ohne FGF21 nicht beobachtet werden. Die Effekte hingen daher offenbar direkt mit der Konzentration von FGF21 im Blut zusammen, vermuteten die Forscher.

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Wer weniger Proteine zu sich nehmen will, sollte Fleisch reduzieren. Aber auch Käse und Hülsenfrüchte sind Eiweißlieferanten.

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Als nächstes wurden die genauen Zusammenhänge zwischen der proteinarmen Diät und dem Anstieg von FGF21 untersucht. Dazu verglichen sie die Blutwerte von Mäusen, die normal gefüttert wurden, mit denen, die eine proteinreduzierte Diät erhielten. Nach einer Nacht ohne Futter waren die Werte beider Gruppen in etwa gleich. Während die Werte bei den proteinarm ernährten Mäusen sofort nach der Fütterung steil anstiegen, nahmen sie bei den normal gefütterten Mäusen nach und nach ab. Wurden die proteinarm ernährten Mäuse wieder auf Normaldiät gesetzt, sanken auch die FGF21-Werte im Blut innerhalb von Stunden auf die Normalwerte.

Die hohen Werte von FGF21 bewirkten offenbar die beobachteten Effekte. Die Forscher vermuteten, dass die erhöhte Produktion von FGF21 durch eine Stressreaktion der Leberzellen auf die proteinarme Ernährung entsteht und eine Umgestaltung der Stoffwechselprozesse bewirkt. In der Folge wird vermehrt Glukose verbraucht, was sich positiv auf den Zuckerstoffwechsel auswirkt. Die Forscher fanden zudem heraus, dass besonders das Fehlen von nicht-essentiellen Aminosäuren, also solchen, die der Körper selbst produzieren kann, diesen Effekt auslösen.

Stress kann auch gesund sein

Die entscheidende Frage bei all diesen Entdeckungen war natürlich, ob dieselben Effekte auch beim Menschen auftreten. Sollte das der Fall sein, wäre eine proteinarme Ernährung möglicherweise eine wichtige Hilfe bei Erkrankungen wie zum Beispiel Diabetes Typ II. In einem Versuch gaben die Forscher einer Gruppe junger Männer über sieben Tage eine proteinreduzierte Diät und untersuchten anschließend das Blut. Auch hier konnte ein Anstieg des FGF21 beobachtet werden. Ebenso waren der Glukose- und Insulinspiegel niedriger, obwohl mehr Kohlenhydrate konsumiert wurden.

Die Forscher werteten diese Ergebnisse als wichtige Erkenntnisse für die Vorbeugung vor Krankheiten wie Diabetes. Des Weiteren ist bereits in weiteren Studien festgestellt worden, dass eine proteinreduzierte Diät das Risiko von Alterungskrankheiten wie bestimmte Arten von Krebs oder Alzheimer senken und – zumindest bei Nagetieren – das Leben verlängern kann. Weitere Forschung zu den Auswirkungen auf den Menschen sind hier nötig, um den genauen Mechanismus und die Langzeitwirkungen erforschen zu können.

Wer also ab sofort gesund leben will, sollte – neben regelmäßiger Bewegung – daher zu einer Ernährung mit viel Obst und Gemüse sowie ungesättigten Fettsäuren (zum Beispiel Raps- oder Olivenöl) greifen.


Quelle:
Maida, A. et al. (2016): A liver stress-endocrine nexus promotes metabolic integrity during dietary protein dilution. In: The Journal of clinical investigation, 2016;126(9):3263–3278, (01. September 2016), doi: 10.1172/JCI85946.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Eine proteinarme Ernährung kann einer Studie zufolge die Gesundheit fördern. (Bildquelle: © Dani Vincek / Fotolia.com)