Reis: Vom Labor auf den Teller

Funktionelle Genomforschung bringt Schwung in die Züchtung

19.02.2018 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Reis ist eine der wichtigsten Nahrungspflanzen weltweit. 3,5 Milliarden Menschen verzehren täglich mindestens eine Portion Reis. (Bildquelle: © kurapy / Fotolia.com)

Reis ist eine der wichtigsten Nahrungspflanzen weltweit. 3,5 Milliarden Menschen verzehren täglich mindestens eine Portion Reis. (Bildquelle: © kurapy / Fotolia.com)

Bei mehr als 3,5 Milliarden Menschen steht Reis täglich auf dem Speiseplan. Um die steigende Nachfrage an Reis und an anderen Grundnahrungsmitteln zu decken, müssen diese Pflanzen weiter optimiert werden. Dazu sind umfassende Kenntnisse der molekularen Mechanismen von komplexen Pflanzeneigenschaften wie Trocken- und Schädlingstoleranz oder Ertragsmenge und Kornqualität erforderlich. Moderne Hochdurchsatzverfahren und Bioinformatik zur Auswertung riesiger Datensätze helfen Wissenschaftlern dabei, die einzelnen Puzzlestücke zu einem großen Ganzen zusammenzusetzen.

Die funktionelle Genomik hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. Mit ihrer Hilfe können Wissenschaftler bestimmten Genen oder zumindest Regionen im Genom verschiedene Funktionen zuordnen. Bisher ist das bereits bei über 2.000 Genen gelungen, die mit wichtigen agronomischen Eigenschaften in Verbindung stehen. In einigen Fällen konnten Wissenschaftler zusätzlich noch die molekularbiologischen Funktionsweisen der Genprodukte aufklären – also zeigen, wie die einzelnen Stoffwechselprodukte (Metaboliten) voneinander abhängen und welche Enzyme an ihrer Herstellung beteiligt sind.

Die Erfolge in der Reis-Genom-Forschung

Reis besitzt ein relativ kleines Genom, das inzwischen schon recht gut charakterisiert wurde. Die Erfolge in der Reis-Genom-Forschung lassen sich grob in drei unterschiedliche Bereiche einteilen:

1. Es wurden die technologischen Möglichkeiten geschaffen, Gene im Hochdurchsatzverfahren zu identifizieren.
2. Auf dieser Grundlage war eine funktionelle Analyse von Gennetzwerken möglich, bei der zahlreiche biologische Prozesse aufgedeckt wurden.
3. Es wurden neue Methoden entwickelt, mit denen sich bisher unbekannte Gene charakterisieren lassen.

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Um Reis züchterisch für den Klimawandel und die höhere Nachfrage fit zu machen, benötigen Züchter zahlreiche unterschiedliche Daten.

Um Reis züchterisch für den Klimawandel und die höhere Nachfrage fit zu machen, benötigen Züchter zahlreiche unterschiedliche Daten.

Bildquelle: © coffeekai / Fotolia.com

Seit der vollständigen Sequenzierung des Reisgenoms sind mehrere funktionelle Genom-Plattformen entstanden. Dazu zählen Datenbanken zum Keimplasma und verschiedene Mutanten, zahlreiche cDNA-Bibliotheken, Daten aus Genexpressions-Mikroarrays und RNA-Sequenzinformationen. Parallel wurden überall auf der Welt die Plattformen weiterentwickelt, die Daten über Metabolite, Proteine und verschiedene phänotypische Merkmale enthalten.

All diese Informationen sind für Wissenschaftler und Züchter wertvoll, wenn es darum geht, ihre Reispflanzen besser an sich verändernde Umweltbedingungen anzupassen und gleichzeitig die Erträge zu verbessern.

Phänotypisierungsplattformen

Phänotypisierungsplattformen, die im Hochdurchsatzverfahren präzise arbeiten, haben sich in den letzten Jahren zu einem eigenen Forschungsgebiet innerhalb der funktionellen Genomanalyse gemausert. Das belgische Unternehmen CropDesign entwickelte beispielsweise eine Plattform namens „TraitMill“, mit der sich verschiedene Eigenschaften wie oberirdische Biomasse, Pflanzenhöhe, Anzahl und Gewicht der Samen und ein Ertagsindex automatisiert messen lassen. All diese Parameter sind für Züchter äußerst interessant.

Auch der Scanalyzer 3D des Unternehmens LemnaTec kann pflanzliche Phänotypen inzwischen vollautomatisch im großen Maßstab analysieren. Eine australische Forschungsgruppe nutzte das Gerät bereits bei Studien zum Salzstress, Trocken- und Toxintoleranz, sowie zur Anpassung und Vorhersage von Ernteerträgen und Wurzelausbildung. Auch Deutschland ist an dieser Entwicklung beteiligt. Im Jahr 2011 gab die Firma LemnaTec zusammen mit KeyGene aus den Niederlanden die Fertigstellung einer kommerziellen Phäntypisierungsplattform (PhenoLab) bekannt, die bei der kommerziellen Pflanzenzucht verwendet wird.

Epigenom- und Metabolom-Datenbanken

Auch die Epigenom- und Metabolomanalyse spielt bei der Verbesserung der Pflanzen eine wesentliche Rolle. In den vergangenen 10 Jahren konnten Wissenschaftler auch in diesen beiden Bereichen wesentliche Erkenntnisse gewinnen, mit denen sich Reispflanzen züchterisch verbessern lassen. Nun stehen Datensammlungen zur Verfügung, die verschiedene Chromatininformationen unter unterschiedlichen Bedingungen erfassen. Epigenome spielen eine wichtige Rolle, wenn die Zellen während ihrer Differenzierung umprogrammiert werden. Epigenetische Veränderungen sind aber auch während der pflanzlichen Entwicklung und der Reaktion auf Stress z. B. bei Infektionen, Hitze oder Trockenheit wichtig.

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Das Reisgenom ist bereits entschlüsselt, nun sammelt man weltweit vielfältige Daten über Reis, beispielsweise über Metabolite, Proteine und verschiedene phänotypische Merkmale.

Das Reisgenom ist bereits entschlüsselt, nun sammelt man weltweit vielfältige Daten über Reis, beispielsweise über Metabolite, Proteine und verschiedene phänotypische Merkmale.

Bildquelle: © bannafarsai / Fotolia.com

Den Metaboliten auf der Spur

In Pflanzen sind zwischen 0,2 und 1 Million Metabolite an Wachstum, Entwicklung und Fortpflanzung beteiligt. Mit Hilfe der Massenspektrometrie und der Magnetresonanz-Bildgebung wurde die Analyse von Metaboliten in den letzten Jahren massiv vorangetrieben. Methoden wie Proteomics und die Bioinformatik runden die Informationen über den pflanzlichen Stoffwechsel ab. Bei der Identifikation von funktionellen Proteinen haben sich Antikörper-basierte Immunprotein-Technologien und Protein Mikro-Arrays durchgesetzt.

Große Datenbanken für züchterisches Know-how

Hochdurchsatzverfahren, wie sie in den verschiedenen Omics-Bereichen immer häufiger eingesetzt werden, produzieren oft extrem große Datensätze. Für Reis und andere Nutzpflanzen sind daher in den letzten Jahren zahlreiche Datenbanken entstanden, in denen diese Datenflut zum Genom, Transkriptom, Proteom und Metabolom der Pflanzen zusammengefasst sind.

Mit Hilfe dieser Informationen können die wichtigsten züchterischen Parameter der Reispflanze verbessert werden. Dazu zählen:

  • Ernteerträge,
  • Qualität der Reiskörner (Inhaltsstoffe),
  • Resistenzen gegenüber verschiedenen Krankheitserregern,
  • Resistenzen gegenüber Schadinsekten,
  • Toleranzen gegenüber abiotischem Stress wie Trockenheit,
  • Effektivität der Nährstoffaufnahme,
  • Reproduktionsfähigkeit.

Ein internationales Team von Wissenschaftlern hat sich im Projekt „Rice 2020“ zum Ziel gesetzt, mit den jetzt verfügbaren Informationen den „grünen Super-Reis“ zu erschaffen. Dabei handelt es sich um eine geplante Reisvarietät, die gegen alle wirtschaftlich bedeutenden Herbivoren und Krankheiten resistent sein soll, Wasser und Nährstoffe effizienter verwertet und hohe Ernteerträge mit einer guten Kornqualität erzeugt.


Quelle:
Li, Y. et al. (2018): Rice Functional Genomics Research: Past Decade and Future. In: Molecular Plant, (01. Februar 2018), doi: 10.1016/j.molp.2018.01.007.

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Titelbild: Reis ist eine der wichtigsten Nahrungspflanzen weltweit. 3,5 Milliarden Menschen verzehren täglich mindestens eine Portion Reis. (Bildquelle: © kurapy / Fotolia.com)