Rekordanstieg der Weltenergienachfrage und der CO2-Emissionen in 2010

24.06.2011 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

BP-Chefökonom Christof Rühl stellt den Weltenergiebericht vor (Quelle: © genius).

BP-Chefökonom Christof Rühl stellt den Weltenergiebericht vor (Quelle: © genius).

Erneuerbare Energien verdreifachen ihren Anteil an der weltweiten Energieversorgung im Vergleich zum Jahr 2000, bleiben aber mit lediglich 2% in der Summe noch marginal. Öl bleibt der wichtigste Energieträger. Die Nachfrage nach Erdgas und Kohle wächst stark. BP stellte im Juni in Berlin seinen 60. Weltenergiebericht vor.

Die Energieversorgung wird sich im 21. Jahrhundert wandeln müssen. Fossile Rohstoffe wie Öl, Gas und Kohle werden knapper und teurer. Zudem tragen sie mit ihren enormen CO2-Emissionen erheblich zum Klimawandel bei. Eine Alternative bieten die erneuerbaren Energien. Derzeit ist die Biomasse deren tragende Säule bei Wärme und Kraftstoff. Andere Bereiche wie BioErdgas für Strom oder Flüssiggas als Kraftstoff sind ebenfalls im Kommen. Der Energiekonzern BP investiert seit Jahren in die Biomasseforschung und befördert stoffliche Nutzungskonzepte durch den Bio-Energie-Push. Ein Grund für Pflanzenforschung.de, sich den neuen BP-Weltenergiebericht einmal genauer anzusehen. 

Mit dem „Statistical Review of World Energy 2011“ veröffentlicht BP bereits zum 60. Mal eine umfassende Zusammenstellung globaler Daten zu den weltweiten Energiemärkten. Im Juni stellte BP den Bericht in Berlin vor und diskutierte mit Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik die Zukunft der globalen Energieerzeugung. Der BP-Weltenergiebericht zählt neben dem „World Energy Outlook“ der Internationalen Energieagentur (IEA) und den Shell Szenarien zu den bedeutendsten globalen Analysen und Prognosen für den Energiemarkt. 

Weltweit steigender Energiehunger 

Für das Jahr 2010 belegt der Bericht den stärksten Anstieg der globalen Energienachfrage seit 1973. Der Verbrauch stieg demnach bei allen Energieträgern und in allen Weltregionen an. Die Energienachfrage wuchs in den Nicht-OECD-Ländern mit 7,5% doppelt so stark wie in den OECD-Ländern (3,5%). Allein in China nahm der Verbrauch um 11,2% zu. Damit ist das Land nun vor den USA der weltgrößte Energieverbraucher. 

Der Energiekonsum wuchs schneller als die Wirtschaft, so dass in der Folge die Energieintensität, also der Energieverbrauch pro Kopf, anstieg. Zwar nimmt die Effizienz der Energieproduktion und des Verbrauchs weltweit zu, der massive Ausbau energieintensiver Industriezweige in den Schwellen- und Entwicklungsländern hat jedoch im globalen Mittel eine Erhöhung der Energieintensität zur Folge. 

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Von links: Corinna Wohlfeil (n-TV), MdB Thomas Bareiß (CDU/CSU), Stephan Kohler (Deutsche Energie-Agentur dena), Prof. Dr. Claudia Kemfert (DIW Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) und Lothar Balling (Simens AG) diskutieren die Ergebnisse des Weltenergieberichts. 

Von links: Corinna Wohlfeil (n-TV), MdB Thomas Bareiß (CDU/CSU), Stephan Kohler (Deutsche Energie-Agentur dena), Prof. Dr. Claudia Kemfert (DIW Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) und Lothar Balling (Simens AG) diskutieren die Ergebnisse des Weltenergieberichts. 

Bildquelle: © genius

Erneuerbare Energien sind auf Wachstumskurs

Erstmals bezieht der Statistical Review erneuerbare Energien in die Analyse ein. Im Jahr 2010 verbuchten Biokraftstoffe ( 13,8%) und erneuerbare Energien zur Stromerzeugung – einschließlich Windkraft, Solarenergie, Geothermie und Biomasseproduktion – ( 15,5%) einen starken Zuwachs. Seit dem Jahr 2000 hat sich deren Anteil an der globalen Energienachfrage damit verdreifacht. Dennoch stammen heute erst 1,8% der Weltenergieproduktion aus erneuerbaren Quellen. 1,3% davon entfallen auf die Stromerzeugung und 0,5% auf Biokraftstoffe. 

In den vergangenen fünf Jahren haben erneuerbare Energien zu 10% des Primärenergiewachstums beigetragen. Ein Großteil der Energieproduktion aus erneuerbaren Quellen entfällt auf die OECD-Staaten. Die größten Produzenten sind derzeit Brasilien und die USA. Während die US-Branche derzeit noch stark durch staatliche Subventionen getrieben wird, hat sich in Brasilien eine konkurrenzfähige Industriebasis etabliert. Einen deutlichen Beitrag zum Ausbau der erneuerbaren Energien leisten immer stärker die Nicht-OECD-Länder. Während die Branche im Jahr 2010 in den OECD-Ländern um 12,5% wuchs, beschleunigte sich der Ausbau in den Nicht-OECD-Staaten auf nunmehr 28% Zuwachs. China investierte in den vergangenen Jahren massiv in den Bau von Offshore-Windkraftanlagen und verdreifachte damit seine Produktionskapazitäten im Vergleich zu 2008. 

Fossile Energie bleibt grundlegend für die Energieversorgung

Nach den Berechnungen des BP-Berichts gewinnen wir immer noch 83% der globalen Energieproduktion aus fossilen Energieträgern. Mit einem Anteil von rund 34% am globalen Energieverbrauch bleibt Öl der wichtigste Energieträger. Um die steigende Nachfrage nach Ölprodukten zu befriedigen, bauten die Nicht-OECD-Länder ihre Raffineriekapazität im vergangenen Jahr stark aus. Allein China erweiterte seine Kapazitäten um 640.000 Barrel pro Tag. Gleichzeitig wurden in den OECD-Ländern Anlagen stillgelegt (Nettorückgang der Produktionskapazität um 620.000 Barrel pro Tag).

Der Erdgasmarkt verzeichnete in 2010 sowohl bei der Produktion als auch beim Verbrauch ein überproportionales Wachstum. Der Weltgasverbrauch stieg um mehr als 7% und erzielte damit das bisher höchste Volumenplus aller Zeiten. Die Produktion von Flüssiggas (LNG) stieg in den vergangenen fünf Jahren dabei dreimal so stark an wie die gesamte Erdgasproduktion ( 58%, allein in 2010: 23%). 

Den stärksten Nachfragezuwachs von allen fossilen Rohstoffen verzeichnete der Energieträger Kohle. Vor allem in den Nicht-OECD-Ländern, wie China und Indien, wurde im Vergleich zu den vergangenen Jahren überproportional viel Kohle verbraucht. Der internationale Kohlemarkt wuchs 2010 um knapp 18% und damit doppelt so schnell wie die eigentliche Nachfrage. 

Steigende CO2-Emissionen 

Mit dem Anstieg des Energieverbrauchs stiegen in 2010 sowohl in den OECD-Ländern ( 3,4%) als auch in Nicht-OECD-Regionen ( 7,6%) die CO2-Emissionen rapide an. Ursachen hierfür sind der bislang vor allem auf fossilen Rohstoffen basierende Energiemix und der starke Zuwachs des Kohleverbrauchs. Den weltweit größten Emissionsanteil steuerte mit 43% China bei, gefolgt von den USA mit 13%. 

Auch die globale Emissionsintensität, d.h. die CO2-Menge, die pro Energieeinheit freigesetzt wird, nahm weiter zu. Obwohl in einigen Ländern die Emissionsintensität reduziert werden konnte, führte der wachsende Anteil CO2-intensiver Länder am weltweiten Energieverbrauch zu einem Anstieg der globalen Emissionsintensität. Bedeutet somit Wirtschaftswachstum zunehmend das Ende des Klimaschutzes?

Zukunftsprognosen

Auf Basis eines Szenarios zur „wahrscheinlichsten Entwicklung“ aus heutiger Sicht, stellt BP Prognosen zur zukünftigen Entwicklung des Energiemarktes auf. BP-Chefökonom Christof Rühl erkennt im Langzeitvergleich eine sich öffnende Schwere zwischen Wirtschaftsentwicklung und Energieverbrauch, nicht aber zwischen Energieverbrauch und Emissionen. Während also das Wirtschaftswachstum aufgrund einer effizienteren Energienutzung den Energieverbrauch nicht im selben Maße ansteigen lässt. Scheint zwischen dem wachsenden Energieverbrauch und dem Anstieg der Treibhausgasemissionen ein nahezu linearer Zusammenhang zu bestehen. 

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Biogasanlage zur Vergärung von Biomasse zu Biogas (Quelle: iStockphoto®).

Biogasanlage zur Vergärung von Biomasse zu Biogas (Quelle: iStockphoto®).

Bildquelle: © iStockphoto.com/Jeannot Olivet

Für das Jahr 2030 prognostiziert BP einen weiter steigenden Energieverbrauch, der insbesondere durch die Nicht-OECD-Länder getrieben wird. Die Energienachfrage wird durch zunehmend diversifizierte Energiequellen gedeckt werden. Eine bedeutende Stellschraube bei der Senkung von Emissionen wird auch eine weiter steigende Energieeffizienz bei der Nutzung, Produktion und dem Verbrauch von Energie sein. Der Energiemix wird sich dabei langsam weg von Öl und Kohle verlagern. Der Gasverbrauch wird sich weiter erhöhen (jährliches Wachstum von 2%). Am schnellsten wird jedoch, nach dem Szenario, der Anteil der erneuerbaren Energien, insbesondere der Biokraftstoffe (jährliches Wachstum von 8%), wachsen. 

Die steigende Nachfrage nach sauberer, bequemer Energie, dort wo sie gebraucht wird, wird den Ausbau erneuerbarer Energien weiter beschleunigen, sodass im Jahr 2030 die nicht-fossilen Energieträger erstmals einen größeren Beitrag zur Energieproduktion leisten könnten als jeder fossile Energieträger einzeln. Damit würde der Anteil fossiler Energieträger an der Energieproduktion von 83% im Jahr 2010 auf 64% in 2030 gesenkt werden. 

Wegweisende Entscheidungen

Die energiepolitischen Entscheidungen zur Senkung der CO2-Emissionen zeigen heute allmählich Wirkung. Bis 2030 werden sie sich, nach Ansicht der Ökonomen, signifikant auf einen Anstieg der Emissionen auswirken. 

Sollte die zunehmende Energienachfrage weiter zu einem starken Ausbau fossiler Rohstoffe insbesondere Kohle führen, so wird dies einen massiven Anstieg der weltweiten CO2-Emissionen zur Folge haben. Eine solche Entwicklung würde das Kyoto-Protokoll, in dem sich die Industrieländer 1997 zur Reduktion der weltweiten CO2-Emissionen verpflichteten, infrage stellen. Ein Nachfolgeprotokoll für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll ist derzeit noch nicht in Sicht

Ein deutsches Vorbild?

Derzeit blickt die Welt auf Deutschland. Die politisch initiierte Energiewende könnte, wenn sie erfolgreich ist, internationale Vorbildwirkung haben. Wenn es im Industrieland Deutschland gelingt, ohne negative Folgen auf die wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit des Landes auf die Kernenergie zu verzichten, die erneuerbaren Energien weiter auszubauen und den Anteil der fossilen Energieerzeugung zu verringern. Scheitert der deutsche Weg, könnte dies auch ein Scheitern der erneuerbaren Energien im globalen Maßstab bedeuten. Gelingt diese Wende, könnte dies den Umbau der Energieversorgung der Welt im 21. Jahrhundert zusätzlich beschleunigen.