Schluss mit Lustig!

Comammox-Bakterien reduzieren Lachgas-Freisetzung aus Böden

13.05.2019 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Zell-Aggregats von Comammox-Bakterien der Art Nitrospira inopinata. (Bildquelle: © Anne Daebeler und Stefano Romano)

Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Zell-Aggregats von Comammox-Bakterien der Art Nitrospira inopinata. (Bildquelle: © Anne Daebeler und Stefano Romano)

Lachgas ist ein Problem in der Landwirtschaft. Das Klimagas entsteht beim Abbau von stickstoffhaltigen Verbindungen durch Bodenbakterien. Die neu entdeckten Comammox-Bakterien leisten die gleiche mikrobielle Arbeit, aber bei deutlich geringerer Lachgas-Freisetzung.

Die globale Landwirtschaft hat einen maßgeblichen Anteil am Klimawandel. Bis zu 45 Prozent der globalen Lachgas-Freisetzungen stammen aus anthropogenen Quellen, wobei etwa zwei Drittel auf die Landwirtschaft entfallen. Ein Grund ist der Einsatz von stickstoffhaltigem Dünger zur Ertragssteigerung. Allerdings wird dabei überschüssiger Stickstoff von Bakterien unter anderem zu Lachgas umgesetzt. Um eine Lösung zu finden, haben Forscher in einer neuen Studie jetzt die Lachgas-Bilanz einer neu entdeckten Bakteriengattung untersucht.

Pflanzen sind auf Bodenbakterien angewiesen

#####1#####
Bei der Zersetzung von abgestorbenem organischem Material entsteht Ammoniak, das für Pflanzen nicht nutzbar ist. Erst im Zuge der Nitrifikation wandeln Bodenbakterien Ammoniak in zwei Schritten in pflanzenverfügbares Nitrat um. Bei der Umsetzung wird Lachgas freigesetzt. Diese Prozesse laufen überall ab, wo Ammoniak im Boden ist.

Bei der Zersetzung von abgestorbenem organischem Material entsteht Ammoniak, das für Pflanzen nicht nutzbar ist. Erst im Zuge der Nitrifikation wandeln Bodenbakterien Ammoniak in zwei Schritten in pflanzenverfügbares Nitrat um. Bei der Umsetzung wird Lachgas freigesetzt. Diese Prozesse laufen überall ab, wo Ammoniak im Boden ist.

Bildquelle: © andreas160578/Pixabay/CC0

Stickstoff ist einer der wichtigsten Nährstoffe für Pflanzen. Allerdings kommt Stickstoff in verschiedenen Formen in der Natur vor, von denen nur wenige von Pflanzen aufgenommen werden können. Dazu gehört Nitrat (NO3-). Bei der Zersetzung von abgestorbenem organischem Material entsteht Ammoniak (NH3), das für Pflanzen nicht nutzbar ist. Erst im Zuge der sogenannten Nitrifikation wandeln Bodenbakterien Ammoniak in zwei Schritten in pflanzenverfügbares Nitrat um: Der erste Schritt ist die Umsetzung von Ammoniak zu Nitrit (NO2-) durch Ammoniak-Oxidierer (AOB), der zweite die Umsetzung von Nitrit zu Nitrat durch Nitrit-Oxidierer (NOB).

Wie entsteht Lachgas?

Diese Prozesse laufen überall ab, wo Ammoniak im Boden ist, also auch auf gedüngten Flächen wie Äcker. Allerdings hat die Sache einen Nachteil: Bei der Umsetzung wird Lachgas freigesetzt. Das Treibhausgas hat eine 298-mal stärkere Klimawirkung als CO2 und schädigt die Ozonschicht. Lachgas entsteht bei der Nitrifikation auf zwei verschiedenen Wegen: Einmal bei der Umsetzung von Ammoniak zu Nitrit aus dem Zwischenprodukt Hydroxylamin (NH2OH) und einmal bei der „Nitrifizierer-Denitrifikation“, wobei aus Nitrit (NO2-) über Stickstoffmonoxid (NO) Lachgas entsteht.

Eine erhöhte Lachgas-Freisetzung tritt besonders dann auf, sobald die Sauerstoffkonzentration im Boden knapp wird, zum Beispiel bei Staunässe nach Regen.

Die Forscher vermuten aber auch, dass eine gesteigerte Lachgas-Freisetzung auf ein mangelndes Zusammenspiel zwischen den einzelnen Bakteriengruppen zurückzuführen sei. So werden zum Beispiel durch hohe Stickstoffgaben die Nitrit-Oxidierer im Boden gehemmt, so dass sich Nitrit ansammelt, das dann wiederum zur Lachgas-Produktion zur Verfügung steht.

Hilfe kommt möglicherweise von einer neu entdeckten Bakteriengattung: Comammox-Bakterien (Complete ammonia oxidizer) können beide Prozesse auf einmal abwickeln, was eventuell das Problem der mangelnden Abstimmung zwischen den „traditionellen“ Bakteriengruppen lösen würde. Comammox-Bakterien wurden 2015 entdeckt und kommen in vielen Umgebungen vor. Allerdings ist noch nicht viel über ihre Stoffwechselwege bekannt. Daher untersuchte das Forschungsteam jetzt, wie der Stickstoff-Stoffwechsel bei diesen Bakterien funktioniert und wie hoch ihre Lachgas-Freisetzungsrate ist.

#####2#####
Auch in Kläranlagen, wo bei der Abwasserreinigung ebenfalls Lachgas entsteht, könnten die Comammox-Bakterien helfen.

Auch in Kläranlagen, wo bei der Abwasserreinigung ebenfalls Lachgas entsteht, könnten die Comammox-Bakterien helfen.

Bildquelle: © Michal Jarmoluk/Pixabay/CC0

Nur geringe Lachgas-Freisetzung

Dazu wurden Kulturen des Comammox-Bakteriums Nitrospira inopinata auf ihre Lachgas- und Stickstoffmonoxid-Freisetzung, die Stoffwechselwege und die beteiligten Enzyme hin untersucht.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Bakterien im Vergleich zu ihren Kollegen nur sehr geringe Mengen an Lachgas produzieren. Unter anderem fehlen ihnen wichtige Enzyme, die Stickstoffmonoxid-Reduktasen, die bei der Nitrifizierer-Denitrifikation die Umsetzung von Stickstoffmonoxid (NO) zu Lachgas katalysieren. Stattdessen scheinen die Lachgas-Freisetzungen aus abiotischer Umsetzung zu stammen, entstanden durch die Freisetzung des Zwischenproduktes Hydroxylamin, das in der Umgebung der Bakterien abgebaut wird. Dafür spricht auch, dass auch bei sauerstoffarmen Bedingungen die Lachgaskonzentration nicht steigt, wie es bei den „klassischen“ Nitrifizierern der Fall wäre.

Comammox-Bakterien könnten also eine Möglichkeit sein, um das Lachgas-Problem in landwirtschaftlichen Böden und in technischen Anlagen wie Kläranlagen anzugehen. Trotzdem müsste noch viel geforscht werden, um zu ergründen, welche Wachstumsbedingungen Comammox-Bakterien bevorzugen und wo sie vorkommen, betonen die Forscher.


Quelle:
Kits, K.D. et al. (2019): Low yield and abiotic origin of N2O formed by the complete nitrifier Nitrospira inopinata. In: Nature Communications, (23. April 2019), doi: 10.1038/s41467-019-09790-x.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Zell-Aggregats von Comammox-Bakterien der Art Nitrospira inopinata. Die Zellen haben einen Durchmesser von etwa 0,3 Mikrometer und sind bis zu 1,7 Mikrometer lang. (Bildquelle: © Anne Daebeler und Stefano Romano)