Stand der Biomasseerzeugung in Deutschland

07.12.2012 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Der mit Abstand wichtigste Bioenergieträger in Deutschland ist das Holz. (Quelle: © Peter Fenge / pixelio.de)

Der mit Abstand wichtigste Bioenergieträger in Deutschland ist das Holz. (Quelle: © Peter Fenge / pixelio.de)

Deutschland stehen insgesamt 17 Mio. ha landwirtschaftliche Nutzfläche und 11 Mio. ha Waldfläche für die Produktion von Biomasse, Nahrungs- und Futtermittel sowie von Rohstoffen für die Industrie zur Verfügung. Welcher Anteil dieser Flächen in Zukunft für die Erzeugung von Biomasse zur bioenergetischen Nutzung vorhanden ist, berechneten die Autoren der Studie „Globale Analyse und Abschätzung des Biomasse-Flächennutzungspotentials“.

In Deutschland ist Biomasse der wichtigste erneuerbare Energieträger. Biomasse wird fest, flüssig und gasförmig zur Strom- und Wärmeerzeugung und zur Herstellung von Biokraftstoffen genutzt. Laut den Zielen der Europäischen Union sollen erneuerbare Energien, d.h. vor allem Biokraftstoffe, wegen ihrer wichtigen Rolle für Klimaschutz und Versorgung bis 2020 rund 10 % des Energiebedarfs im Verkehrssektor decken, derzeit sind es gut 4 %. Ob, mit Hinblick auf den bis zur Mitte des Jahrhunderts noch kräftig zunehmenden Bedarf an Nahrungsmitteln und Energie, die Flächennutzung dafür in Deutschland, Europa und weltweit zweckmäßig und vernünftig ist, wird kontrovers diskutiert und bewertet.

#####bildbox1#####
Biomasse kann beispielsweise in Biogasanlagen vergärt und somit energetisch genutzt werden.

Biomasse kann beispielsweise in Biogasanlagen vergärt und somit energetisch genutzt werden.

Bildquelle: © iStockphoto.com/LianeM

Durch Satellitenaufnahmen fanden kanadische Wissenschaftler heraus, dass derzeit etwas mehr als ein Drittel der eisfreien Landfläche weltweit für den Ackerbau genutzt werden. Europa, Südasien und die östlichen USA haben die größten Anbauflächen (15 Mio. Quadratkilometer, das entspricht etwa 12 % der gesamten eisfreien Landmasse der Erde), während in Südamerika, China, im tropischen Afrika und in den westlichen USA das meiste Weideland besteht (28 Mio. Quadratkilometer, 22 % der gesamten eisfreien Landmasse der Erde).

Nach Angaben der Weltlandwirtschaftsorganisation FAO wurden im Jahr 2008 auf 74 % aller landwirtschaftlichen Flächen Futtermittel, auf 18 % Nahrungsmittel und auf 8 % nachwachsende Rohstoffe (4,3 %) wie Baumwolle und Energie (3,7 %) als primäre Anbauziele angebaut.  

Allein Deutschland verfügt über 17 Mio. ha landwirtschaftlich genutzter Fläche (ca. 12 Mio. ha Ackerfläche und ca. 5 Mio. ha Grünlandfläche). Hinzu kommen 11 Mio. ha Waldfläche. Auf diesen Flächen müssen Biomasse, Nahrungs- und Futtermittel und Rohstoffe für die Industrie produziert werden.

Welche Bioenergieträger produziert Deutschland?

Der mit Abstand wichtigste Bioenergieträger in Deutschland ist das Holz. Davon werden insgesamt rund 77 Millionen Kubikmeter stofflich und rund 53 Millionen Kubikmeter energetisch genutzt.

Neben der Forstwirtschaft ist auch die Landwirtschaft ein wichtiger Lieferant von Biomasse für die energetische Nutzung. Laut dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit wurden im Jahr 2011 in Deutschland bereits knapp 2 Mio. ha größtenteils für Energiepflanzen genutzt. Das entspricht fast 17 % der Ackerfläche, für den Anbau von nachwachsenden Rohstoffen. Im Vordergrund stehen dabei der Rapsanbau zur Biodieselproduktion (910.000 ha), die Bereitstellung von Substraten für die Biogaserzeugung (800.000 ha) - in der Regel Mais - und der Anbau von Pflanzen zur Bioethanolherstellung (250.000 ha).

Dazu kommen noch mehr als 300.000 ha zum Anbau nachwachsender Rohstoffe für die stoffliche Verwertung, den so genannten Industriepflanzen.

Nutzung von Koppelprodukten

Als Koppelprodukte der Biokraftstofferzeugung fallen wichtige Futtermittel an. Bei Raps ist es der Rapskuchen, bei Getreide diverse Schlempen und bei Rüben die Rübenschnitzel, die als hochwertige Futtermittel vor allem in der Rinder- und  Schweinehaltung genutzt werden. Der Bundesverband für Bioenergie (BBE) spricht bei Raps pro Hektar Anbaufläche von einer Substitution der Sojaimporte auf 1,3 Hektar. Aber auch Düngemittel sind Koppelprodukte der Kraftstofferzeugung aus Biomasse.

#####bildbox2#####
In Deutschland wird auf 910.000 ha Raps für die Biodieselproduktion angebaut.

In Deutschland wird auf 910.000 ha Raps für die Biodieselproduktion angebaut.

Bildquelle: © Frank-Andreas Jütte / pixelio.de

Die Erzeugung von Biomasse für die stoffliche oder energetische Nutzung gewinnt durch Politikziele und ansteigende Preise für fossile Brennstoffe sowie deren Endlichkeit zunehmend an Bedeutung. Die treibenden Kräfte hinter diesen Bemühungen sind unterschiedlich.

In Europa und Deutschland war es bisher der Klimawandel und der Versuch, die durch den Menschen verursachten Emissionen an Treibhausgasen zu minimieren. Diese werden von zahlreichen Wissenschaftlern als Hauptfaktoren für den Klimawandel verantwortlich gemacht. Hintergrund ist eine enge Korrelation der industriellen Entwicklung, den damit verbundenen Emissionen und der globalen Erwärmung. In Nordamerika oder Brasilien sind es vor allem die Bemühungen, eine Unabhängigkeit von Energieimporten zu erzielen. Diese führten zum massiven Ausbau der Biokraftstoffe aus Mais oder Zuckerrohr. 

Viele Studien, viele Meinungen

In den letzten Jahren wurden zahlreiche Studien zu den Potenzialen der Bioenergie als nichtfossilem Energieträger veröffentlicht, die zum Teil große Differenzen aufwiesen. Daher widmete sich eine Studie des Johann Heinrich von Thünen-Instituts, des Bundesforschungsinstituts für Ländliche Räume, Wald und Fischerei und des Instituts für landwirtschaftliche Betriebslehre der Universität Hohenheim im August 2012 in ihrem Zwischenbericht der globalen Analyse und der Abschätzung des Biomasse-Flächennutzungspotentials auf besondere Weise.

Die Wissenschaftler berechneten verschiedene Szenarien mit Hilfe von komparativ-statistischen Modellrechnungen zu den wichtigsten Einflussparametern auf die Bioenergiepotenziale. Das sog. GAPP- Simulationsmodell (Globales Agrar-Produktionspotenzial) ermittelt die verfügbaren Flächen für Agrarrohstoffe, die nach Sicherstellung der Inlandsversorgung mit Nahrungsmitteln aus nationaler Produktion möglich sind.

Ziel der Studie war es, herauszufinden, welche Potenziale für Erzeugung von Biomasse in Zukunft weltweit zur Verfügung stehen werden. Dabei berücksichtigten die Wissenschaftler auch konkurrierende Flächenansprüche zur notwendigen Nahrungsmittel- und Futtermittelproduktion sowie für den Naturschutz, für Siedlungs- oder Verkehrsflächen. Bei der Auswahl der Szenarien legten die Forscher großen Wert darauf, die möglichen Entwicklungen für die Zeiträume bis zum Jahr 2050 möglichst realistisch abzuschätzen.