Testen ohne zu töten

Terahertz-Spektroskopie misst nichtinvasiv den Wassergehalt von Pflanzen

22.04.2014 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Ob eine Pflanze ausreichend Wasser gespeichert hat oder bereits kurz vor dem Vertrocknen steht, lässt sich mit dem bloßen Auge nicht immer erkennen. (Bildquelle: © uschi dreiucker/ pixelio.de)

Ob eine Pflanze ausreichend Wasser gespeichert hat oder bereits kurz vor dem Vertrocknen steht, lässt sich mit dem bloßen Auge nicht immer erkennen. (Bildquelle: © uschi dreiucker/ pixelio.de)

Im Zuge des Klimawandels leiden viele Regionen bereits heute unter Trockenheit und die Landwirte müssen Wasser sparen. Dazu könnten intelligente Bewässerungssysteme beitragen, die die Pflanzen nur dann gießen, wenn es wirklich notwendig ist. Doch bisher ist es unmöglich, den Wasserstatus einer Pflanze zu analysieren, ohne sie dabei permanent zu schädigen. Physiker kommen den Biologen jetzt mit der Terahertz-Spektroskopie zu Hilfe.

Ob eine Pflanze ausreichend Wasser gespeichert hat oder bereits kurz vor dem Vertrocknen steht, lässt sich mit dem bloßen Auge nicht immer erkennen. Die Fluoreszenz des Chlorophylls oder die Öffnung der Stomata korrelieren zwar mit dem Wassergehalt, geben aber nur indirekte Informationen.

Aussagekräftigere direkte Messmethoden haben alle ein großes Manko: Sie schädigen die Pflanze. Scholanders Bombe presst mit Hilfe von Druckluft das Wasser aus einem abgeschnittenen Blatt, bei der gravimetrischen Methode wird der Gewichtsunterschied zwischen getrocknetem und frischem Blatt zur Berechnung des Wassergehalts herangezogen. Am Ende der langwierigen Messungen ist aus dem Blatt Biomüll geworden.

#####1#####
Die Technik basiert auf der Eigenschaft des Wassers, Terahertz-Strahlung zu absorbieren. Leidet die Pflanze unter Trockenstress und hat nur noch wenig Wasser gespeichert, wird weniger Strahlung absorbiert. 

Die Technik basiert auf der Eigenschaft des Wassers, Terahertz-Strahlung zu absorbieren. Leidet die Pflanze unter Trockenstress und hat nur noch wenig Wasser gespeichert, wird weniger Strahlung absorbiert. 

Bildquelle: © Verena N. / pixelio.de

Je mehr Wasser die Pflanze gespeichert hat, umso weniger Terahertz-Strahlung dringt durch

Wissenschaftler der Philipps-Universität Marburg demonstrieren jetzt erstmals eine nichtinvasive Methode zur Bestimmung des Wassergehalts von Pflanzen. Sie maßen mit Hilfe von Terahertz-Spektroskopie den Wassergehalt in Tannennadeln, die dazu nicht geerntet werden mussten, sondern an der Pflanze verblieben. „Das ist der große Vorteil unserer Methode, dass man relativ schnell und ohne die Pflanze zu zerstören den Wassergehalt bestimmen kann“, erklärt Physiker Martin Koch, der das Experiment geleitet hat.

Bereits vor 19 Jahren als die Technik zur Terahertz-Bildgebung noch in den Kinderschuhen steckte, haben Physiker damit Blätter analysiert. „Seit dieser Zeit weiß man, dass solche Messungen theoretisch möglich sind, aber noch niemand hat ein ernsthaftes Experiment in Zusammenarbeit mit Pflanzenphysiologen gestartet“, erklärt Koch. Biologischen Beistand bekam seine Arbeitsgruppe von Birgit Ziegenhagen, die an der Universität Marburg den Lehrstuhl für Naturschutzbiologie innehat.

Die Technik basiert auf der Eigenschaft des Wassers, Terahertz-Strahlung zu absorbieren. Je mehr Wasser ein Gewebe gespeichert hat, desto weniger Terahertz-Strahlung lässt es durch. Physiker sagen: Die Transmission ist niedrig. Leidet die Pflanze unter Trockenstress und hat nur noch wenig Wasser gespeichert, ist die Transmission hingegen hoch.

Ist der permanente Welkepunkt überschritten, ist die Pflanze endgültig vertrocknet

Koch und seine Arbeitsgruppe überwachten über mehrere Wochen hinweg den Wasserhaushalt von Tännlingen, die sie erst unter Trockenstress setzten und dann wieder bewässerten. Das äußere Erscheinungsbild der Tännlinge änderte sich nicht, nur die Terahertz-Spektren gaben Aufschluss über den Wassergehalt der Nadeln. Um aussagekräftige Daten zu erhalten, musste immer exakt am gleichen Punkt gemessen werden. Die Forscher positionierten die Tännlinge deshalb kreisförmig um die Terahertz-Antennen und fixierten die zu analysierenden Tannennadeln mit einer Klammer.

„Tännlinge sind da sehr dankbar, denn sie wachsen extrem langsam, aber theoretisch ließen sich mit diesem System auch Feldfrüchte wie Weizen, Mais und Gerste analysieren“, so Koch. Um mit so schnell wachsenden Pflanzen mitzuhalten, müsse allerdings der Versuchsaufbau noch überarbeitet werden.

Die Biologen interessiert besonders, wie bestimmte Genotypen auf Trockenheit reagieren und wo der spezifische permanente Welkepunkt liegt. Ist dieser überschritten, hilft alles Gießen nichts mehr. Die Pflanze ist vertrocknet und kann nicht mehr gerettet werden. Bewässert man vorher, erholt sich die Pflanze wieder. Diese Informationen sind wichtig, um in Regionen mit großer Wasserknappheit ein effizientes Mangel-Bewässerungssystem zu etablieren. Dabei erhalten die Pflanzen zwar nicht ausreichend Wasser, aber immerhin so viel, dass sie weiterhin wachsen und Erträge liefern.

Eine Labortechnik will aufs Feld

Bisher kann die Technik nur im Labor oder im Gewächshaus eingesetzt werden. Koch schwebt jedoch ein transportables System vor, das man sich wie einen Rucksack auf den Rücken schnallt und dann im Feld die Pflanzen analysiert. „Auf dem Acker würde man die Pflanzen natürlich nicht in eine Apparatur setzen, aber man könnte hunderte Pflanzen verschiedener Genotypen untersuchen und die Ergebnisse dann vergleichen“, erläutert Koch.

#####2#####
Mittels Terahertz-Spektrokopie ermittelten die Forscher den Wassergehalt in den Nadeln der Weißtanne (Abies alba).

Mittels Terahertz-Spektrokopie ermittelten die Forscher den Wassergehalt in den Nadeln der Weißtanne (Abies alba).

Bildquelle: © Crusier / wikimedia.org/ CC BY 3.0

Die Analyse der sichtbaren Merkmale von Pflanzen, die Phänotypisierung, ist kein neues, aber ein stetig wachsendes Forschungsgebiet. Seit Tausenden von Jahren beobachten Menschen ihre Nutzpflanzen und wählen diejenigen mit den vielversprechendsten Merkmalen aus. Ein hoher Ertrag oder ausgeprägte Krankheitstoleranz gelten seit jeher als wünschenswerte Eigenschaften. Was früher von den ersten Bauern und später von den Pflanzenzüchtern noch per Augenmaß analysiert wurde, wird mehr und mehr automatisiert oder durch die im Genom verankerten Informationen vorhergesagt. Der technische Fortschritt ermöglicht es nun, Pflanzen immer schneller und präziser zu vermessen und eben auch die Merkmale zu erfassen, die dem bloßen Auge verborgen bleiben. Die Verbindung von Phänotypisierung und molekularen Analysen wird die Züchtung verändern.

Statt nur per Augenmaß, werden Pflanzen jetzt mit hochsensiblen Geräten vermessen

Erst vor einem Jahr wurde deshalb das Deutsche Pflanzen Phänotypisierungsnetzwerk (DPPN) aus der Taufe gehoben. 2012 nahm bereits das europäische Pendant EPPN seine Arbeit auf. Beiden Netzwerken ist gemein, dass sie Kompetenzen bündeln und fachübergreifend
an nichtinvasiven Hochdurchsatz-Methoden zur Phänotypisierung arbeiten.

Die Terahertzstrahlung war bisher für technische Anwendungen weitgehend ungenutzt. „Jetzt steht sie an der Schwelle zur Industrietauglichkeit“, sagt Koch, und bei Weitem nicht nur für die Phänotypisierung von Pflanzen. In der Papier- und Kunststoffindustrie ließen sich mit Terahertz-Technik die Produktionsprozesse überwachen, während Mediziner sie zur Krebsdiagnose einsetzen wollen, denn Krebs ist oft besser durchblutet und damit wasserreicher als normales Gewebe.

Für das menschliche Auge ist Terahertzstrahlung unsichtbar. Sie liegt im elektromagnetischen Spektrum zwischen Infrarotstrahlung, die zum Beispiel von Wärmelampen abgegeben wird, und Mikrowellenstrahlung, die nicht nur in Mikrowellen sondern auch beim Mobilfunk und WLAN-Netzen zum Einsatz kommt.


Quelle: 

Born, N. und Behringer, D. (2014): Monitoring Plant Drought Stress Response Using Terahertz Time-Domain Spectroscopy. In: Plant Physiology, (April 2014), DOI: 10.1104/pp.113.233601.

Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:

Titelbild: Ob eine Pflanze ausreichend Wasser gespeichert hat oder bereits kurz vor dem Vertrocknen steht, lässt sich mit dem bloßen Auge nicht immer erkennen. (Bildquelle: © uschi dreiucker/ pixelio.de)