Verschiedene Ursachen für rätselhaftes Bienensterben

05.05.2010 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Honigbiene im Anflug auf eine Baumblüte. Gut zu erkennen sind die Pollensäckchen an den hinteren Gliedmaßen des Insekts. (Quelle: © iStockphoto.com/ rodho)

Honigbiene im Anflug auf eine Baumblüte. Gut zu erkennen sind die Pollensäckchen an den hinteren Gliedmaßen des Insekts. (Quelle: © iStockphoto.com/ rodho)

Parasiten, Viren, Bakterien, Pflanzenschutzmittel, Mangelernährung - die fleißigen Honigbienen sind vielen Gefahren ausgesetzt. Forscher suchen seit Jahren fieberhaft nach dem Grund des rätselhaften, weltweiten Bienensterbens. Die Internationale Tiergesundheitsorganisation OIE kommt nun zu der Überzeugung, dass die Ursachen vielfältig und nicht allein auf einen einzelnen Faktor zurückzuführen sind.

Honigbienen sind unentbehrlich für eine erfolgreiche landwirtschaftliche Ernte. Rund 80 Prozent der heimischen Nutz- und Wildpflanzen sind auf die Bestäubung durch Honigbienen angewiesen. Obstbäume hängen von ihrer emsigen Arbeit ebenso ab wie Erdbeer-, Tomaten-, Rapspflanzen oder Sonnenblumen. Bienen tragen so bedeutend zur weltweiten Nahrungssicherung bei. Deutsche und französische Forscher haben 2008 errechnet, dass der volkswirtschaftliche Wert der Bestäubung weltweit jährlich rund 150 Milliarden Euro beträgt.

Die Wertschöpfung von Bienen und Hummeln lag ihren Berechnungen nach in der Obst- und Gemüsezucht bei jeweils 50 Milliarden Euro. 39 Milliarden Euro entfielen auf die Vermehrung von essbaren Ölfrüchten sowie 14 Milliarden Euro auf Kaffee, Gewürze und Nüsse. Allein in Deutschland erwirtschaften rund 80.000 Imker mit ihren 655.000 Bienenvölkern geschätzte drei bis fünf Milliarden Euro.

Vor diesem Hintergrund wird die globale Bedeutung des Bienensterbens, das Imker seit einigen Jahren in den USA, Europa, dem Mittleren Osten sowie Japan beobachten, deutlich. Laut Professor Tautz von der Universität Würzburg ist ein Verlust von etwa zehn Prozent der Bienenvölker im Winter normal. Doch das vor allem in Nordamerika, aber auch in Europa und Japan beobachtete Phänomen des Bienenvolk-Kollapses (CCD) führte in der vergangenen Jahren zu einem Verlust von 30 – 50 Prozent, in manchen Regionen gar bis 90 Prozent. Typisch für dieses Phänomen ist das plötzliche Absterben ganzer Bienenvölker.

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Ein fleißiges Bienchen bei der Arbeit. (Quelle: © Angelika Wolter / www.pixelio.de)

Ein fleißiges Bienchen bei der Arbeit. (Quelle: © Angelika Wolter / www.pixelio.de)

In Deutschland hat laut einer Umfrage des Fachzentrums Bienen und Imkerei im rheinländischen Mayen mit 1500 Imkern jede fünfte Biene den langen Winter 2009/2010 nicht überlebt. Das ist doppelt so viel wie üblich. Die Ursache wird jedoch weniger in den kalten Temperaturen gesehen. Denn Bienen haben perfekte Strategien entwickelt, um im Inneren ihres Stocks ca. 35 °C aufrecht zu halten und so gut über den Winter zu kommen. Vielmehr schwächen Parasiten, wie die blutsaugende Varroa-Milbe und der Darmparasit Nosemose die Tiere.

So beobachteten Imker im Spätsommer 2009, dass sich Varroa-Milben verstärkt als Parasiten in die Bienenstöcke einnisteten. Dort haben sie ihre Wirte bereits im Herbst geschwächt und weitere Krankheiten übertragen. Die Bienen wurden anfälliger für Viren und Bakterien, die von den Milben miteingeschleppt werden. Erst ab 10 °C verlassen die Bienen ihre Stöcke für Reinigungsflüge, d.h. sie scheiden unverdauliche Bestandteile des Honigs - ihre Nahrung auch im Winter - aus. Dieses Jahr stiegen die Temperaturen erst spät wieder an. Infizierte Bienen haben daher verstärkt im eigenen Stock gekotet und somit Krankheiten auf weitere Bienen übertragen. Im schlimmsten Falle sterben auf diese Weise alle Bienen im Stock.

Weltweit führen Experten der OIE die Bienensterblichkeit auf weitere Ursachen zurück. Neben dem Befall mit Viren und Bakterien steht der verantwortungslose Einsatz von Insektiziden in Verdacht, Bienen zu schwächen, sodass sie anfälliger für verschiedene Krankheiten werden. Zudem seien Biosicherheitsmaßnahmen, im Speziellen der Schutz gegen Infektionskrankheiten, vernachlässigt worden. Und auch der Klimawandel spielt laut Experten möglicherweise eine Rolle. Hinzu kommt das Auftreten neuer Schädlinge. So wurde 2008 in Ozeanien eine neue Form der Varroa-Milbe entdeckt, die Bienenvölker zunächst in Australien und Neuseeland, aber zukünftig auch weltweit bedroht.

Selbst Unterernährung wird als Ursache für das Bienensterben von den Experten der OIE angeführt. Im Rahmen von Monokulturen werden Hecken und Wildblumen durch Unkrautvernichtungsmittel verdrängt, viele Bauern mähen ihre Wiesen bevor die Pflanzen blühen. In der Folge fehlt Bienen ihre Nahrungsgrundlage.

Die OIE möchte aufgrund dieser Erkenntnisse in den nächsten fünf Jahren einen Schwerpunkt ihrer Tätigkeit auf die Bienengesundheit legen.


Anregungen zum Weiterlesen:   

  • Zum Volkswirtschaftlichen Wert von Bienen als Überblick oder die Originalpublikation zum ökonomischen Wert von Bienen: Nicola Gallai et al.(2008): Economic valuation of the vulnerability of world agriculture confronted with pollinator decline. Ecological Economics (2008), DOI:10.1016/j.ecolecon.2008.06.014.
  • Ein Beitrag zum Bienensterben in Europa auf Pflanzenforschung.de