Wasser sparen oder Photosynthese ankurbeln?

Intelligente Steuerung der Blattöffnungen durch das Pflanzenhormon ABA

03.09.2019 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Stomata sind mikroskopisch kleine Poren auf den Blättern von Pflanzen. (Bildequelle: © iStock.com/imv)

Stomata sind mikroskopisch kleine Poren auf den Blättern von Pflanzen. (Bildequelle: © iStock.com/imv)

Die Spaltöffnungen (Stomata) der Pflanzenblätter schließen oder öffnen sich je nach Umweltbedingungen bzw. Versorgungszustand der Pflanze. Doch wie sich die Stomata längerfristig auf die neuen Bedingungen einstellen, ist wenig erforscht. Nun fand eine Studie heraus, dass das Phytohormon ABA dabei ein wichtiger Regulator ist. Ein ausgefeiltes Sensor-Netzwerk sorgt dabei für die richtige Balance zwischen Wassersparen und CO2-Aufnahme für die Photosynthese.

Betrachtet man die Unterseite von Blättern einmal genauer, entdeckt man zahlreiche mikroskopisch kleine Poren, die Stomata. Ihre Aufgabe ist es, den Gasaustausch unter sich ändernden Umgebungsbedingungen optimal zu steuern. Eine Pore, oder auch Spaltöffnung genannt, ist umgeben von zwei Schließzellen, die meist bohnenförmig um die Öffnung angeordnet sind. Diese registrieren interne und externe Signale und sorgen dafür, dass die Pore sich je nach Bedarf öffnet oder schließt.

Wann auf, wann zu?

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Gasaustausch über die Stomata: Kohlendioxid wird aufgenommen, gleichzeitig werden pro aufgenommenem CO2-Molekül hunderte Moleküle Wasser (H2O) abgegeben.

Gasaustausch über die Stomata: Kohlendioxid wird aufgenommen, gleichzeitig werden pro aufgenommenem CO2-Molekül hunderte Moleküle Wasser (H2O) abgegeben.

Bildquelle: © Rainer Hedrich & Peter Ache / Universität Würzburg

Die Öffnungsweite der Spaltöffnungen wird zum einen durch Lichtstärke und Lichtqualität gesteuert. Ist es hell, öffnen sich die Stomata. Nun kann Kohlendioxid (CO2) einströmen und für die Photosynthese genutzt werden. Gleichzeitig entweicht das dabei entstehende Nebenprodukt Sauerstoff (O2) und Wasserdampf. Diese Verdunstung von Wasser wird Transpiration genannt und führt zu einem Unterdruck in den Blättern, der für den Wasser- und Nährstofftransport aus dem Wurzelsystem bis in die Blätter benötigt wird. Wird es wieder dunkel, schließen sich die Poren und der Gasaustausch kommt nahezu zum Erliegen.

Licht und Dunkelheit sind aber nicht die einzigen Reize, auf die Stomata reagieren: Auch steigende CO2-Konzentrationen im Inneren des Blattes und eine Wasserunterversorgung der Pflanze bzw. eine Verringerung der relativen Luftfeuchtigkeit können dafür sorgen, dass die Schotten dicht gemacht werden.

Externe Signale werden in interne Signale umgewandelt. So wird das Pflanzenhormon Abscisinsäure (ABA) von der Pflanze bei Trockenheit gebildet. Es sorgt dafür, dass sich die Poren schließen, um den Wasserverlust zu minimieren. So können Pflanzen Dürreperioden überstehen. Allerdings verlangsamt das gleichzeitig die Photosyntheseleistung und ist auf Dauer daher lebensbedrohlich. Für das Überleben muss also das richtige Gleichgewicht zwischen „auf“ und „zu“ gefunden werden.

Auf lange Sicht gesehen

In der Vergangenheit konzentrierte sich die Forschung darauf, die schnellen intrazellulären Veränderungen zu verstehen, die zum Öffnen und Schließen der Stomata führen. Aber wie passen sich die Stomata an langfristige Veränderungen ihrer Umgebung an? Das war die Frage, der ein internationales Team um Rainer Hedrich von der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg nachging.

An langfristige Veränderungen ihrer Umgebung können Pflanzen sich anpassen, indem sie beispielsweise die Anzahl oder Größe der Stomata verringern, die sich auf ihren Blättern entwickeln. Denn eine geringere Stomatadichte kann die Wassernutzungseffizienz erhöhen. Stomata können sich aber auch an veränderte Umweltbedingungen „gewöhnen“, indem sie ihre Empfindlichkeit gegenüber ABA verändern. Daher war das Hormon von besonderem Interesse.

Alle Wege führen zu ABA-Rezeptoren

Das Team betrachtete zunächst die genetischen Grundlagen, die den „Schließ“-Signalen zugrunde liegen. Schließzellen haben unterschiedliche Rezeptoren, um diese Signale wahrzunehmen und dementsprechend zu reagieren. In Experimenten, setzten die Wissenschaftler die Modellpflanze Arabidopsis thaliana unterschiedlichen Bedingungen aus – darunter verschiedenen ABA-Konzentrationen – und analysierten anschließend die Genexpressionsmuster der Schließzellen mit bioinformatischen Algorithmen.

Die Analysen ergaben, dass ABA, erhöhte CO2-Konzentrationen, verringerte relative Luftfeuchtigkeit und Dunkelheit ein jeweils einzigartiges Muster an Genen aktivieren. Diese unterscheiden sich mitunter stark voneinander. Allerdings gibt es auch Überschneidungen: Eine Aktivierung von ABA-Rezeptoren aus der PYR/PYL/RCAR-Familie fand in jedem Fall statt. Die Abkürzungen steht für: Pyrabactin Resistance, Pyrabactin-like und Regulatory Component of ABA Receptor. Je nachdem welches Signal der Auslöser für die Schließreaktion war, wurden die Gene für Rezeptoren dieser Familie hoch- oder herunterreguliert oder nur bestimmte Rezeptoren von dem Reiz „angesprochen“.

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Schematische Darstellung der Regelungsvorgänge an den Schließzellen.

Schematische Darstellung der Regelungsvorgänge an den Schließzellen.

Bildquelle: © Heike Müller & Peter Ache / Universität Würzburg

Sind alle Rezeptoren notwendig?

Im Erbgut von Arabidopsis kennt man 14 dieser ABA-Rezeptoren. Das Team konnte sechs davon (PYR1, PYL1, PYL2, PYL4, PYL5 und PYL8) in den Schließzellen finden. Alle sind dafür bekannt, dass sie für das Schließen der Stomata relevant sind. Hedrich stellte daher die entscheidende Frage: „Warum braucht eine Schließzelle gleich sechs Rezeptoren für ein einziges Hormon?“

Mit Mutanten, bei denen einzelne Rezeptortypen nicht gebildet werden, testeten sie deren Funktionen. „Auf diese Weise konnten wir jedem der sechs ABA-Rezeptoren eine Zuständigkeit im Netzwerk zuordnen und einzelne Rezeptoren identifizieren, die für den ABA- und CO2-induzierten Stomaschluss zuständig sind“, erklärt Peter Ache. PYL2 ist dabei für ABA-induzierte Reaktionen der Schließzellen wichtig, PYL4 und PYL5 für die Schließreaktionen bei erhöhten CO2-Konzentrationen.

ABA als wichtiger Regulator

In der Studie konnten die Forscher zeigen, dass ABA-Rezeptoren der PYR/PYL/RCAR-Familie an allen Schließreaktionen beteiligt sind. In den Experimenten zeigte sich auch, dass unterschiedliche ABA-Konzentrationen die Expression der unterschiedlichen ABA-Rezeptoren in den Schließzellen veränderte. Damit zeigt diese Arbeit die Bedeutung von ABA als zentralem Regulator und Integrator langfristiger Veränderungen des stomatalen Verhaltens. Dazu gehört auch eine Anpassung der Empfindlichkeit der Steuerungsmechanismen, die durch externe Signale hervorgerufen werden. 

Als nächstes wollen die Forscher die detaillierten Eigenschaften der ABA- und CO2-relevanten Rezeptoren weiter untersuchen, einschließlich deren Signalwege und Komponenten. Das bessere Verständnis dieser Regelkreisläufe ist eine wichtige Voraussetzung, dass in Zukunft Pflanzen mit verbesserter Wassernutzungs- und Nährstoffeffizienz gezielt gezüchtet werden können.


Quelle:
Dittrich, M. et al. (2019): The role of Arabidopsis ABA receptors from the PYR/PYL/RCAR family in stomatal acclimation and closure signal integration. In: Nature Plants, (26. August 2019), doi: 10.1038/s41477-019-0490-0.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Stomata sind mikroskopisch kleine Poren auf den Blättern von Pflanzen. (Bildequelle: © iStock.com/imv)