Wassersparende Pflanzen

Hormon-Rezeptoren machen es möglich

15.07.2016 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Bewässerung eines Reisfeldes in Indien: In trockenen Gebieten ist die künstliche Bewässerung unabdingbar für die Nahrungsmittelversorgung. (Bildquelle: © Sebastianjude/wikimedia.org; CC BY-SA 3.0)

Bewässerung eines Reisfeldes in Indien: In trockenen Gebieten ist die künstliche Bewässerung unabdingbar für die Nahrungsmittelversorgung. (Bildquelle: © Sebastianjude/wikimedia.org; CC BY-SA 3.0)

„More crop per drop“ (mehr Ertrag pro Tropfen) lautet das Motto, unter dem Wissenschaftler Pflanzen dazu bringen, ohne Wachstumseinbußen mit weniger Wasser auszukommen. Ein wichtiger Ansatz, weil Pflanzen bei der Photosynthese viel Wasser verlieren. Daher ist dies weltweit der begrenzende Faktor für bessere Ernten. Vertreter der Abscisinsäure-Rezeptorfamilie bewirken, dass Pflanzen auch bei geringem Wasserverbrauch ausreichend wachsen.

Wasser ist eine der wichtigsten Ressourcen der Menschheit. Doch mehr als eine Milliarde Menschen hat keinen Zugang zu sicherem Trinkwasser - häufig mit tödlichen Folgen: Nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) sterben jedes Jahr rund vier Millionen Menschen an Krankheiten, die durch verschmutztes Trinkwasser verursacht werden. Das sind etwa 10 000 Menschen täglich - davon fast 4 000 Kinder. Selbst alle Kriege weltweit fordern jedes Jahr weit weniger Todesopfer.

Landwirtschaft weltweit größter Wasserkonsument

#####1#####
Bei Wasserknappheit schalten Pflanzen in einen Wassersparmodus. Allerdings hemmt der das Wachstum.

Bei Wasserknappheit schalten Pflanzen in einen Wassersparmodus. Allerdings hemmt der das Wachstum.

Bildquelle: © el2ror / Fotolia.com

Mehr als 70 Prozent des Wassers wird weltweit für die Landwirtschaft genutzt. Laut Weltagrarbericht ist der Wasserbedarf heute dreimal so hoch wie noch vor 50 Jahren. Die Zukunftsaussichten sind schlecht: Bis zum Jahr 2050 soll der Wasserverbrauch in der Landwirtschaft nochmals um ein weiteres Fünftel steigen. Die Folge: Aufgrund der nicht nachhaltigen Wassernutzung im Agrarsektor sinken die Grundwasserspiegel der Kontinente. Pro Jahr verlagert der Mensch etwa 200 Kubikkilometer Wasser – das entspricht 65 mal der Wassermenge des Starnberger Sees – vom Land in die Meere und sorgt damit zu etwa 30 Prozent dafür, dass der Meeresspiegel steigt.

Konkurrenz um Wasser verschärft sich

Gleichzeitig wächst die Zahl der Menschen auf unserem Planeten kontinuierlich an - bis zum Jahr 2050 gehen die UN von etwa 9,2 Milliarden Weltbürgern aus - und damit wächst auch die Konkurrenz um den Zugang zu Wasser. Ein Lösungsansatz aus der Wissenschaft: Kulturpflanzen mit einer verbesserten Wassernutzung könnten den hohen Wasserverbrauch der Landwirtschaft drosseln und die zukünftige Nahrungssicherheit bei steigenden Bevölkerungszahlen gewährleisten.

Bei Wassermangel verringern Pflanzen ihre interne CO2-Konzentration

Pflanzen nehmen Wasser über die Wurzeln im Boden auf. Abgeben können sie dieses über die Spaltöffnungen, die Stomata. Über die Spaltöffnungen an ihren Blättern steuern sie, wie viel CO2 aus der Umgebung für die Photosynthese aufgenommen und wieviel Wasser in Form von Wasserdampf abgegeben wird. Schließt die Pflanze ihre Spaltöffnungen, drosselt sie damit ihren Wasserverlust, kann aber gleichzeitig auch weniger CO2 aus der Umgebung aufnehmen, Photosyntheseleistung und Wachstum nehmen ab. Je nach Temperatur und Luftfeuchtigkeit kostet die Pflanze die Aufnahme eines CO2-Moleküls etwa 500 bis 1 000 Moleküle Wasser. Steht nicht genügend Wasser zur Verfügung, können Pflanzen die interne CO2-Konzentration verringern und so die Wasseraufnahme effektiver machen.  

Wassersparmodus wird nur bei Trockenheit aktiv

„Die Wasserkosten der CO2-Aufnahme können Pflanzen halbieren“, erklärt Erwin Grill vom Lehrstuhl für Botanik der TUM – „jedoch schalten Pflanzen nur bei Wasserknappheit in diesen Wassersparmodus“. Bedauerlich, denn in Feldkulturen würden Pflanzen mit einem ständig aktivierten Wassersparmodus dem Boden Feuchtigkeit bewahren, die später bei Trockenheit für Wachstum und Überleben der Kulturen zur Verfügung stünde.

#####2#####
Über die Schließzellen im Blatt verliert die Pflanze Wasser, nimmt aber gleichzeitig CO2 für die Photosynthese auf. Vertreter der Abscisinsäure-Rezeptorfamilie können bewirken, dass Pflanzen auch bei geringem Wasserverbrauch ausreichend wachsen.

Über die Schließzellen im Blatt verliert die Pflanze Wasser, nimmt aber gleichzeitig CO2 für die Photosynthese auf. Vertreter der Abscisinsäure-Rezeptorfamilie können bewirken, dass Pflanzen auch bei geringem Wasserverbrauch ausreichend wachsen.

Bildquelle: © iStock.com/Nancy Nehring

Überexprimierter Abscisinsäure-Rezeptor RCAR6 spart bis zu 40 % Wasser

Das Wissenschaftlerteam um Grill konnte an der Modellpflanze Arabidopsis zeigen, dass die Pflanze bei Wassermangel das Hormon Abscisinsäure vermehrt bildet. Arabidopsis besitzt 14 für dieses Hormonsignal zuständige Pflanzenrezeptoren. Die Münchner Forscher fanden heraus, dass eine vermehrte Bildung mancher dieser Rezeptoren die Pflanzen schon bei guter Wasserversorgung in den Wassersparmodus wechseln lässt. Drei dieser Rezeptoren beeinträchtigten das Pflanzenwachstum zudem nicht. Bis zu 40 Prozent des zuvor benötigten Wassers konnte bei unveränderter Wuchsleistung der Pflanzen eingespart werden, wenn die Forscher den Abscisinsäure-Rezeptor RCAR6 in Arabidopsis überexprimierten.

Weitere Tests im Freiland und bei Nutzpflanzen

In einem weiteren Schritt werden die Wissenschaftler klären, ob diese Einspareffekte auch unter Feldbedingungen zu beobachten sind. Erste Simulationsversuche in Klimakammern des Helmholtz Zentrum München, Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, unterstützen diese Annahme.

„Ob auch die für die Ernährung wichtigen Pflanzen wie Weizen, Mais und Reis mehr Biomasse bei der gleichen Wassermenge mit diesem Mechanismus erzeugen können, bleibt zu beweisen“, so Grill. „Wir sind aber zuversichtlich, denn die beteiligten Mechanismen sind in allen Pflanzen zu finden. Sollte der Transfer von der Modellpflanze Arabidopsis in diese Kulturpflanzen gelingen, wäre ein wichtiger Schritt zur zukünftigen Sicherung der Ernährung getan.“ 


Quelle:
Yang, Z. et al. (2016): Leveraging abscisic acid receptors for efficient water use in Arabidopsis. In: Proc Natl Acad Sci U S A;113(24):6791-6, (14. Juni 2016), doi: 10.1073/pnas.1601954113.

Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:

Titelbild: Bewässerung eines Reisfeldes in Indien: In trockenen Gebieten ist die künstliche Bewässerung unabdingbar für die Nahrungsmittelversorgung. (Bildquelle: © Sebastianjude/wikimedia.org; CC BY-SA 3.0)