Welche Ökosysteme gibt es?

16.09.2013 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Aquatisches Ökosystem. (Quelle: © Reiner Rosenwald / pixelio.de)

Aquatisches Ökosystem. (Quelle: © Reiner Rosenwald / pixelio.de)

Ökosysteme werden oftmals hinsichtlich ihrer Lage charakterisiert (zum Beispiel aquatische oder terrestrische Ökosysteme) oder hinsichtlich ihrer Gemeinsamkeiten zusammengefasst (zum Beispiel tropischer Regenwald).

Wichtige Ökosysteme

Ökosystem Wald

Waldökosysteme gelten als die produktivsten Landökosysteme, sie haben neben den Meeren den größten Einfluss auf das globale Klima (Sauerstoffproduzenten, CO2-Senken) und auf die Region (Wasserspeicher, Frischluftlieferant, Erholungsraum). Sie sind sehr artenreich und erfüllen daher eine wichtige Funktion beim Artenschutz. Um sich zu einer Klimaxgesellschaft zu entwickeln, braucht ein Wald mehrere Jahrhunderte.

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Waldökosysteme gelten als die produktivsten Landökosysteme.

Waldökosysteme gelten als die produktivsten Landökosysteme.

Bildquelle: © Willow / wikimedia.org (CC BY-SA 2.5)

Wälder treten weltweit auf. Begrenzend wirken die Niederschlagsmenge sowie die Höhe über NN im Gebirge bzw. die geographische Breite (sogenannte Waldgrenze). In Mitteleuropa unterscheidet man verschiedene Waldtypen: Auenwälder an Fließgewässern, Bruchwälder mit hohem Grundwasserstand, sommergrüne Laubwälder, Bergwälder, Nadel- und Mischwälder. Innerhalb Deutschlands gibt es keine natürlichen Urwälder mit unbeeinflussten Ökosystemen mehr. Lediglich in einigen Nationalparks gibt es noch naturnahe, nicht mehr genutzte Wälder (zum Beispiel Bayerischer Wald, Kellerwald-Edersee, Harz). Wirtschaftlich genutzte Wälder bezeichnet man als Forst.

Ökosystem Meer

71 Prozent der Erde sind von Meeren bedeckt. Meere oder Ozeane haben einen großen Einfluss auf das Klima: Hier bilden sich die großen Tiefdruckgebiete, die mit Regen oder Stürmen über das Land ziehen. Das als Regen abgegebene Wasser füllt die Grundwasserspeicher auf dem Land und fließt in Bächen und Flüssen wieder zurück ins Meer. Auch hat das Meer ausgleichende Wirkung auf die Temperatur, da sich Wasser langsamer erwärmt als Land und dafür Wärme länger speichert. Meeresströmungen wie der Golfstrom, die auf der Nordhalbkugel warmes Oberflächenwasser nordwärts transportieren, das hier wieder absinkt und zurück nach Süden transportiert wird, beeinflussen das Klima in Europa maßgeblich. Diese sogenannte Thermohaline Zirkulation verbindet vier der fünf Weltmeere miteinander.

Im Meer sind neben der Verfügbarkeit von Sonnenenergie („Licht“) die Nährstoffe Stickstoff und Phosphor limitierende Faktoren. Licht ist nur in der „euphotischen“ Zone in den oberen Bereichen des Ozeans verfügbar. Hier findet sich das Phytoplankton, einzellige Pflanzen, die Photosynthese betreiben und damit die Grundlage der Nahrungskette im Meer bilden. Aufgrund der temperaturabhängigen Wasserlöslichkeit von CO2 (je kühler das Wasser, desto mehr CO2 ist im Wasser gelöst und damit für das Phytoplankton verfügbar) sind die kühlen Ozeane der gemäßigten Breiten wesentlich „fruchtbarer“ als die Ozeane in den Tropen. Auch die küstennahen Gebiete sind sehr produktiv: In den Schelfbereichen (Schelf = überfluteter Kontinentbereich) münden die großen Flüsse und bringen viele Mineralstoffe vom Festland mit, so dass hier besonders viel Phytoplankton gedeihen kann. Es produziert bis zu 20 Milliarden Tonnen Biomasse pro Jahr und nimmt dazu sehr viel CO2 auf. Es bildet die Nahrungsgrundlage für viele andere Lebewesen im Meer und damit für die biologische Vielfalt der Ozeane.

In der bisher nur wenig erforschten Tiefsee gelangt wenig bis kein Licht („aphotische Zone“). Das Wasser hat hier im Schnitt eine Temperatur von 4 Grad Celsius. Neben verschiedenen Fischarten hat sich allerdings um die Mittelozeanischen Rücken eine eigene Lebensgemeinschaft entwickelt, gespeist von chemoautotrophen Organismen als Primärproduzenten, die die an den Black Smokern austretenden warmen, hydrothermalen Wässer nutzen, um Energie zu gewinnen.

Neben dem offenen Meer und den Mittelozeanischen Rücken gibt es noch einige  Sonderstandorte in und am Meer wie zum Beispiel die artenreichen Korallenriffe, (Felsen)Küsten, Mangrovenwälder und das Wattenmeer.

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Artenreiche Wiese: Kulturgrasland ist das häufigste vom Menschen geschaffene Ökosystem in Mitteleuropa.

Artenreiche Wiese: Kulturgrasland ist das häufigste vom Menschen geschaffene Ökosystem in Mitteleuropa.

Bildquelle: © Wolfgang Dirscherl / pixelio.de

Ökosystem Grasland

Grasländer bezeichnen Vegetationstypen, bei denen Gräser die dominierenden Pflanzenarten stellen. Sie sind natürlich entstanden, zum Beispiel durch Niederschläge unter 250 mm pro Jahr, so dass es für Wälder nicht reicht, oder weil der Boden zum Beispiel auf Sand oder Felsen keine höhere Vegetation zulässt. Durch menschliche Aktivitäten entstandene Grasländer nennt man Kulturgrasländer. Natürliche Grasländer in den gemäßigten Bereichen werden als Steppen bezeichnet, wie die Prärie Nordamerikas, die Pampa Argentiniens oder die Eurasische Steppe. Grasländer in den Tropen und Subtropen heißen Savannen, wie zum Beispiel die Serengeti in Ostafrika, wobei Savannen auch oftmals einen gewissen Baumanteil beinhalten. Beide Ökosysteme, Savanne und Steppe, sind an Trockenheit angepasst und ebenso an das regelmäßige Auftreten von Feuern. Typisch für diese Grasländer ist das Vorhandensein von großen Pflanzenfressern (Megaherbivoren) wie zum Beispiel Elefanten, Gnus, Zebras in den Savannen und Antilopen, Wildpferden, Bisons in den Steppen.

Kulturgrasland

Kulturgrasländer (Molinio-Arrhenatheretea) sind die in Mitteleuropa vorherrschende Vegetationsform. Sie setzen sich zusammen aus Pflanzenarten, die ursprünglich im Wald, an Ufersäumen und im Gebirge vorkamen und ersetzen heute die eigentlich für Mitteleuropa typische Vegetationsform der Buchenwälder. Das Kulturgrasland deckt einen weiten ökologischen Bereich ab, über nasse, frische bis feuchte bis hin zu trockenen Grasflächen im Tief- und Bergland. Es wird größtenteils intensiv durch Beweidung und Mahd genutzt, dazu regelmäßig aufgedüngt. Beherrscht wird das Kulturgrasland oftmals von stickstoffliebenden Süßgräsern („Fettwiese“) und Begleitkräutern wie Löwenzahn und Brennnessel. Auf weniger stark gedüngten und extensiv genutzten Wiesen und Weiden (sogenannten „Magerstandorten“) herrschen Magergräser wie Schwingelarten, Ruchgras und eine meist erhöhte Anzahl von Wildkräutern wie Margerite, Flockenblume, Glockenblume, vor. Die mageren Standorte sind oftmals artenreicher als die Fettwiesen, durch die hohe Anzahl an Wildblumen finden sich hier zusätzlich viele Schmetterlinge und weitere Insektenarten.

Weitere durch den Menschen geprägte Ökosysteme (Kulturlandschaften)

Heide ist ein Ökosystem, das natürlichen Ursprungs nur in Gebirgen und an der Küste vorkommt. Er zeichnet sich durch einen nährstoffarmen, sauren Boden aus und ist vorwiegend mit Zwergsträuchern bewachsen. Im Tiefland auftretende Heide ist in der Regel menschlichen Ursprungs und durch die Rodung von Wäldern entstanden. Auf diesen mageren Böden existieren spezielle Pflanzenarten wie Wacholder und Besenheide sowie verschiedene Flechtenarten und viele Vogelarten wie Neuntöter, Birkhuhn und die Heidelerche. Um Heideflächen zu erhalten, müssen sie meist aufwändig von jungen Bäumen befreit („entkusselt“), durch Beweidung entgrast oder durch Abtrag von Oberboden („Plaggenhieb“)  künstlich degradiert werden.

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Die Landwirtschaft ist ein starker menschlicher Eingriff in die Naturlandschaft.

Die Landwirtschaft ist ein starker menschlicher Eingriff in die Naturlandschaft.

Bildquelle: © Jakob Ehrhardt / pixelio.de

Ein Acker ist eine für den Anbau von Nahrungspflanzen genutzte Fläche. Durch das regelmäßige Umbrechen des Bodens, die Aussaat und Ernte (massiver Nährstoffentzug) sowie die Düngung oder auch das Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln ist ein Acker als stark menschlich beeinflusstes Ökosystem zu sehen, das immer wieder in seiner Entwicklung gestört wird und nur sehr kurzlebige Pflanzen beherbergt. Aufgrund des Anbaus von in der Regel einer Pflanzenart bzw. Sorte („Monokultur“) und das häufige Befahren sowie das Ausbringen von Dünger/Herbiziden gibt es nur eine sehr geringe Begleitflora, so dass ein Acker als artenarm gilt. Gleichzeitig bieten Äcker vielen Wildtieren (Wildschweinen, Rehen, Hasen) Deckung und Nahrung und fördern damit in Kombination mit mosaikartig angrenzenden Feldgehölzen und Hecken auch Greifvögel und Raubtiere wie Fuchs, Marder und Dachs. Abgeerntete Äcker sind oft Rastplatz für Zugvogelarten wie Kraniche, Gänse, Störche. Das Ökosystem Acker sichert heute ca. 7 Milliarden Menschen ihr Überleben. Betrachtet man ausschließlich den menschlichen Nahrungsaspekt, stellt das artenarme Ökosystem Acker das produktivste dar. Der Preis hierfür, war ein massiver Eingriff in die Natur durch die Zerstörung ursprünglicher Ökosysteme wie Wälder oder Graslandschaften.

Brachen sind stillgelegte Flächen. Man unterscheidet Ackerbrachen, die zum Zweck der Bodenerholung oder als Ausgleichsfläche temporär oder ganz aus der landwirtschaftlichen Nutzung genommen wurden, und Industriebrachen in Städten. Diese Flächen sind sich selbst überlassen, so dass sich hier schnell Pionierarten ansiedeln (sogenannte Ruderalvegetation: einjährige Wildkräuter (Annuelle), Hochstauden, Birken, Weiden, Pappeln). Besonders Industriebrachen bieten in Kombination mit alten Industriegebäuden ein verzahntes Mosaik von Lebensräumen, die viele Tier- und Pflanzenarten mitten in der Stadt beherbergen können. Industriebrachen sind oftmals mit Schadstoffen belastet (zum Beispiel durch den Bergbau oder die Hütten- und Stahlindustrie). Auf solchen Flächen kann sich ebenfalls eine an die Umstände angepasste Vegetation ansiedeln, wie das seltene Galmei-Veilchen auf schwermetallbelasteten Böden.

Ökosystem Stadt

In Städten herrschen besondere Lebensbedingungen vor. Durch die Versiegelung von Flächen durch Straßen sowie Bebauung fehlen große zusammenhängende Vegetationsfläche und somit findet eine geringere Verdunstung statt und damit auch ein verminderter Kühleffekt. Stadtböden sind in der Regel trockener als auf dem Land. Niederschläge versickern nicht, sondern werden über die Kanalisation abgeleitet. Stäube in der Luft vermindern die Sonneneinstrahlung, vor allem im UV-Bereich, aber durch sich aufheizende Gebäude gibt es eine erhöhte Wärmeabstrahlung. Städte sind daher im Schnitt 0,5 bis 1,5 Grad wärmer als das Umland.

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Ökosysteme und der Mensch

Lesen sie hier mehr dazu!

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Bildquelle: © glasmost / pixelio.de

In der Stadt erfolgreich siedelnde Pflanzen müssen sich an diese Bedingungen anpassen: Durch häufig wechselnde Nutzung von Flächen durch Bebauung oder Stillegung müssen die Pflanzen flexibel reagieren, sie brauchen schnelle Vegetationszyklen. Dazu müssen sie klimatische Bedingungen wie Trockenheit und Wärme ertragen und mit Trittbelastung, Abgasen, hoher Salzfracht und ähnlichem umgehen können. Allerdings gibt es in den Städten im Gegensatz zur Agrarlandschaft viele kleinräumig abwechslungsreiche Habitate zu besiedeln, die vielen Arten Möglichkeiten der Einnischung bieten. Dazu kommt aber auch Konkurrenzdruck durch neu eingeführte Arten, die über die Profile von Autoreifen und Transportkisten ankommen oder sich ausgehend von Gärten aufmachen, um die Umgebung zu erobern. Auch einige Tierarten haben sich gut an das Überleben in der Stadt angepasst, wie Fuchs Wildschwein und Waschbär. Sie ernähren sich von Abfällen oder vom reichhaltigen Pflanzenangebot in den Gärten und Laubensiedlungen.

Ökosystem Erde

Der Lebensraum Erde wird in fünf Bereiche unterteilt. Diese Bereiche sind: Die Gesteinsschicht (Lithosphäre), die Bodenschicht (Pedosphäre), die umgebende Gasschicht (Atmosphäre), die Gesamtheit aller Gewässer (Hydrosphäre) und die belebte Umwelt (Biosphäre). Alle Bereiche durchdringen sich gegenseitig, der gesamte globale Stoffkreislauf besteht aus dem Ineinandergreifen dieser fünf Systeme. Genau wie sich hier über Jahrmillionen ein Gleichgewicht eingependelt hat, besteht auch ein dynamisches Gleichgewicht zwischen den einzelnen Ökosystemen auf der Erde und den in ihnen lebenden Tieren und Pflanzen. Das heißt, Veränderungen können durch Anpassungen und Ausgleichsbewegungen aufgefangen werden, allerdings nur bis zu einem gewissen Grad. Große Regulierungsbewegungen wie zum Beispiel markante Klimaänderungen nach Vulkanausbrüchen können einen Zusammenbruch von Ökosystemen und damit ein Aussterben vieler Arten zur Folge haben. Durch die veränderten Lebensbedingungen und freiwerdenden Nischen können sich aber auch neue Arten entwickeln und etablieren. Diese ständigen Wellenbewegungen und das Aussterben und neu Entstehen von Arten bezeichnet man als Evolution.