Wild und tolerant

Gene der Wildtomate für Stresstoleranz identifiziert

07.08.2014 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Kulturtomaten zeichnen sich durch ihren leckeren Geschmack und hohen Nährstoffgehalt aus. Was die Stresstoleranz betrifft, kann sie von ihrem verwandten Wildtyp noch einiges lernen. (Bildquelle: © Maria Lanznaster/ pixelio.de)

Kulturtomaten zeichnen sich durch ihren leckeren Geschmack und hohen Nährstoffgehalt aus. Was die Stresstoleranz betrifft, kann sie von ihrem verwandten Wildtyp noch einiges lernen. (Bildquelle: © Maria Lanznaster/ pixelio.de)

Wildtomaten (Solanum pennelii) zeichnet im Vergleich zu Kultursorten (Solanum lycopersicum) eine höhere Stresstoleranz gegenüber Trockenheit oder einen hohen Salzgehalt im Boden aus. Die Cuticula, eine wachsartige Schutzschicht auf den Blättern, spielt dabei eine entscheidende Rolle.  

Die Wildtomate dient aufgrund ihrer höheren Stresstoleranz unter anderem gegenüber Trockenheit und einem hohen Salzgehalt im Boden als Vorbild bei der Züchtung von Kultur-Tomaten. Um diesen genetisch bedingten Vorteil durch Kreuzung auch auf Kultursorten übertragen zu können, fehlte es bisher an genauen Informationen über die genetischen Faktoren und Mechanismen. Ein internationales Forscherteam hat nun mit Beteiligung aus Deutschland bzw. Kofinanzierung durch das PLANT 2030-Projekt PPD das Genom der Wildtomate vollständig sequenziert und analysiert, um diese Wissenslücke zu schließen.

Die Cuticula macht den Unterschied

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Die wachsartige und wasserabweisende Cuticula schützt Pflanzen nicht nur vor Wasserverlust, sondern begünstigt auch den Abperl- bzw. Lotuseffekt, der der Selbstreinigung dient. 

Die wachsartige und wasserabweisende Cuticula schützt Pflanzen nicht nur vor Wasserverlust, sondern begünstigt auch den Abperl- bzw. Lotuseffekt, der der Selbstreinigung dient. 

Bildquelle: © iStock.com/ derausdo

Bei der Untersuchung der Widerstandsfähigkeit der Wildtomate knüpften die Forscher an frühere Studien an, die sich in diesem Zusammenhang mit der Cuticula, einer äußeren Wachsschicht auf der Epidermis, beschäftigt haben. Diese größtenteils aus Cutin bestehende Schutzschicht stabilisiert das äußere Abschlussgewebe von Pflanzen und schützt diese vor Wasserverlust, wodurch die Pflanze widerstandsfähiger gegenüber Hitze und Trockenheit wird. Die Forscher verglichen die Cuticula der Wildtomate mit der der Kulturtomate und stellten dabei fest, dass der Wachsgehalt bei der Wildtomate um ein dreifaches höher war.

Genomsequenzierung bringt Licht ins Dunkel

Die Sequenzierung des Genoms der Wildtomate ermöglichte es den Forschern nun, das Gen zu identifizieren, das die chemische Zusammensetzung der Cuticula reguliert. Dieses Gen findet sich übrigens auch im Erbgut der Modellpflanze Arabidopsis thaliana wieder, wo es ebenfalls an der Bildung des Wachses beteiligt ist. Im Vergleich zur Kulturtomate war die Expression dieses Gens bei der Wildtomate signifikant höher. Im weiteren Verlauf ihrer Untersuchung identifizierten die Forscher insgesamt 100 weitere Kandidatengene, die bei der Reaktion und Anpassung an eine trockene Umgebung oder einen hohen Salzgehalt im Boden möglicherweise eine Rolle spielen könnten.

Introgressionslinien optimieren

Die Forscher leisten mit ihrer Arbeit einen direkten Beitrag für die Tomatenzüchtung. „Mit der Sequenzierung ist es uns gelungen, eine wertvolle Quelle für die Aufklärung der Eigenschaften der Introgressionslinien zu schaffen“, erklärt Prof. Dr. Usadel von der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen und dem Forschungszentrum Jülich (früher am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam).  Introgressionslinien entstehen, wenn Kulturpflanzen bzw. im aktuellen Fall Kulturtomaten mit verwandten Wildsorten gekreuzt werden, um bestimmte vorteilhafte Gene zu übertragen. Die Nachkommen der Kreuzung werden anschließend erneut und so lange mit der Kultursorte gekreuzt (Rückkreuzung), bis nur noch die gewünschten Gene bzw. einzelne kurze Chromosomen-Abschnitte der Wildart überführt sind.

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Das Forschungsprojekt wurde von dem PLANT 2030-Projekt PPD mitfinanziert. Link zur Projektdatenbank

Das Forschungsprojekt wurde von dem PLANT 2030-Projekt PPD mitfinanziert. 
Link zur Projektdatenbank

Durch die abschnittsweise Integration des Wildtomatengenoms in die Kulturpflanze können entsprechende erkenn- oder messbare Veränderungen diesen Abschnitten im Genom zugeordnet werden. Introgressionslinien sind somit eine gleichzeitige Ressource zur Aufklärung von Gen-Funktions-Beziehungen in der Grundlagenforschung und für die angewandte Forschung zur gezielten Veränderung züchterisch gewünschter Eigenschaften.

Dank der Sequenzierung des Genoms der Wildtomate Solanum pennelii können Tomatenzüchter nun in Zukunft Gene genauer identifizieren und diese gezielt in Züchtungslinien überführen. Bisher waren nur die relevanten Genomabschnitte bekannt, die sogenannten Quantitative Trait Loci (QTL). „Dabei handelt es sich um Abschnitte im Genom, die für die Ausprägung bestimmter Merkmale verantwortlich sind“, erklärt Usadel. QTL stellen also eine statistische Wahrscheinlichkeit für die Lokalität eines oder mehrerer Gene dar. Erst mit der Sequenz wird aus dieser Wahrscheinlich Gewissheit.

Den Anbau von Tomaten verbessern

Vor dem Hintergrund des Klimawandels und des steigenden Bedarfs an Nahrungsmittel spielt die Optimierung von Nutzpflanzen eine wichtige Rolle. Die Tomate ist aufgrund ihres hohen Gehalts an Mineralstoffen und Vitaminen ein wichtiges Nahrungsmittel. Die vielseitig zu verarbeitende Nutzpflanze stammt ursprünglich aus den Andenregionen Südamerikas, wo die Wildart Solanum pennelii überwiegend an trockenen, steinigen Hängen und in sandigen Gebieten wächst.


Quelle:
Usadel, B. et al. (2014): The genome of the stress-tolerant wild tomato species Solanum pennelii. In: Nature Genetics, (27. Juli 2014), doi:10.1038/ng.3046

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Titelbild: Kulturtomaten zeichnen sich durch ihren leckeren Geschmack und hohen Nährstoffgehalt aus. Was die Stresstoleranz jedoch betrifft, kann sie von ihrem verwandten Wildtyp noch einiges lernen. (Bildquelle: © Maria Lanznaster/ pixelio.de)

PLANT 2030 vereint die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsaktivitäten im Bereich der angewandten Pflanzenforschung. Derzeit umfasst dies die nationale Förderinitiative „Pflanzenbiotechnologie für die Zukunft“ und die Ausschreibungen des transnationalen Programms „PLANT-KBBE“, an denen sowohl Wissenschaftler aus dem akademischen Bereich als auch privatwirtschaftliche Unternehmen beteiligt sind.
Weitere Informationen finden Sie unter: PLANT 2030