Win-win oder doch nicht?

Natürliche Schädlingsbekämpfung ist nicht immer von Erfolg gekrönt

30.08.2018 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Ein Siebenpunkt-Marienkäfer verspeist eine Blattlaus auf einer Kartoffelpflanze. Er zählt zu den Nützlingen und hilft, Schädlinge natürlich zu bekämpfen. (Bildquelle: © Matthias Tschumi)

Ein Siebenpunkt-Marienkäfer verspeist eine Blattlaus auf einer Kartoffelpflanze. Er zählt zu den Nützlingen und hilft, Schädlinge natürlich zu bekämpfen. (Bildquelle: © Matthias Tschumi)

Naturnahe Flächen um Äcker sollen nach landläufiger Meinung helfen, den Schädlingsdruck auf Nutzpflanzen einzudämmen. Allerdings ist die Realität komplizierter.

Biodiversität ist das Schlagwort, wenn es um natürliche Schädlingsbekämpfung geht. So sollen weniger Schädlinge auf den Acker gelangen, wenn rund um landwirtschaftliche Flächen möglichst viele natürliche Habitate (Hecken, Brachländer, Wiesen, Wald) liegen. Hier finden natürliche Feinde von Kulturpflanzenschädlingen beispielsweise Nistplätze und Unterschlupf für den Winter. Das sollte den Schädlingsdruck auf dem Acker begrenzen und dem Landwirt ermöglichen, im Idealfall auf Pflanzenschutzmittel verzichten zu können.

In zahlreiche Studien hat man das untersucht, kam aber zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen: Mal reduzieren natürlichen Habitate den Schädlingsdruck, mal passiert genau das Gegenteil. Daher hat sich ein internationales Team von Wissenschaftlern für eine Metastudie zusammengeschlossen, um Studien aus fünf Kontinenten zu diesem Thema auszuwerten. Mögliche Zusammenhänge zwischen Habitatstrukturen und Erträgen, Pflanzenschäden, Schädlingsvorkommen und dem Vorhandensein natürlicher Feinde sollten so klarer werden.

Große Datenbank

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Natürliche Schädlingsbekämpfung: Eine springende Spinne frisst eine Stinkwanzen-Nymphe auf einer Maispflanze.

Natürliche Schädlingsbekämpfung: Eine springende Spinne frisst eine Stinkwanzen-Nymphe auf einer Maispflanze.

Bildquelle: © Lauren Hunt

Die Wissenschaftler werteten insgesamt 132 Studien aus 31 Ländern aus, von Nord- und Südamerika, Asien, Afrika und Europa bis Australien und Neuseeland. Die Daten stammten letztendlich von 6.759 Versuchsfeldern. Es entstand am Ende die weltweit größte Datenbank zu diesem Thema, mit deren Hilfe anschließend verschiedene Szenarien modelliert wurden.

Keine klare Aussage möglich

Überraschenderweise zeigten die Ergebnisse keine klare Linie. Viele Studien konnten einen Zusammenhang zwischen natürlichen Habitaten um die Versuchsflächen und einem verringertem Aufkommen von Schädlingen herstellen. Aber ebenso viele Studien zeigten negative Effekte wie geringere Erträge.

Laut den Wissenschaftlern kann das unterschiedliche Gründe haben: Zum einen könnten fehlende Informationen über die exakte Landnutzung die Ergebnisse verfälscht haben. Auch methodische Probleme bei einigen Studien schließen die Forscher nicht aus. Beispielsweise würde eine zu grobe Zeitrasterung zu Fehlern führen, wenn bestimmte nützliche Räuber nur zu einer bestimmten Zeit im Jahr vorkommen, aber die Daten über das gesamte Jahr gemittelt werden. Auch lokale klimatische Varianzen oder verändertes Management der Landwirte können den Einfluss der umgebenden Landschaftsstrukturen überdecken.

Verbesserte Entscheidungshilfe

Um Landwirten und anderen Entscheidungsträgern in Zukunft eine bessere Hilfestellung für eine schonende Schädlingsbekämpfung geben zu können, müssen die Datenbank und die Vorhersagemodelle noch ergänzt werden. Zu den jetzt noch fehlenden Informationen gehören beispielsweise die jeweiligen lokalen landwirtschaftlichen Praktiken, eine bessere zeitliche Auflösung für das Auftreten von Schädlingen und ihrer Fressfeinde sowie eine Klassifizierung der unterschiedlichen Habitate nach den spezifischen Bedürfnissen verschiedener Nützlingsarten (z. B. das Vorkommen geeigneter Nist- und Schlafplätze). Schließlich sollten auch verschiedene Gruppen von Arten bestimmt werden, die sich ähnlich verhalten und vergleichbare Präferenzen haben. Das würde bessere Vorhersagen über ihr Vorkommen möglich machen.

Noch viel Arbeit nötig

Keine Frage. Natürliche Habitate in der Umgebung von landwirtschaftlichen Flächen sind zum Beispiel für Bestäuber oder für das Mikroklima sehr wertvoll, betonen die Forscher. Doch die Ergebnisse der Metastudie zeigen auch, dass solche Areale nicht immer den Schädlingsdruck ausreichend senken können. Damit Landwirte in Zukunft besser abschätzen können, ob und welche zusätzlichen Pflanzenschutzmaßnahmen erforderlich sind, müssen die Daten und Vorhersagemodelle weiter verfeinert werden. Auch muss geklärt werden, unter welchen Bedingungen bestimmte Schädlingsarten sogar gefördert statt reduziert werden. In diesem Sinne gibt es noch viel zu tun.


Quelle:
Karp, D.S. et al. (2018): Crop pests and predators exhibit inconsistent responses to surrounding landscape composition. In: PNAS, (14. August 2018), doi: 10.1073/pnas.1800042115.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Ein Siebenpunkt-Marienkäfer verspeist eine Blattlaus auf einer Kartoffelpflanze. Er zählt zu den Nützlingen und hilft, Schädlinge natürlich zu bekämpfen. (Bildquelle: © Matthias Tschumi)