Wo ist die Blume?

Luftverschmutzung kann Insekten den Weg zu ihrer Wirtspflanze vernebeln

09.04.2013 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Bodennahes Ozon ist der Verursacher von Sommersmogs. Es entsteht, wenn Stickoxide aus Auto- und Industrieabgasen unter Einfluss von UV-Strahlung mit Luftsauerstoff reagieren. (Quelle: © Hartmut910/pixelio.de)

Bodennahes Ozon ist der Verursacher von Sommersmogs. Es entsteht, wenn Stickoxide aus Auto- und Industrieabgasen unter Einfluss von UV-Strahlung mit Luftsauerstoff reagieren. (Quelle: © Hartmut910/pixelio.de)

Forscher aus den USA untersuchen die Wirkung von Ozon auf die „Geruchskommunikation“ zwischen Pflanze und Insekt.

Die Kommunikation zwischen Pflanze und Insekt ist in der Natur von enormer Bedeutung, sorgt sie doch unter anderem dafür, dass bestäubende Insekten den Weg zu ihren Pflanzen finden. Man schätzt, dass allein die Honigbienen durch ihre Bestäubertätigkeit etwa zwei Milliarden Euro pro Jahr in Deutschland „erwirtschaften“. Problematisch wird es, wenn diese Kommunikation gestört wird.  Wissenschaftler haben jetzt untersucht, inwieweit Luftverschmutzung die von Pflanzen ausgesendeten Duftstoffe und deren Wahrnehmung durch Insekten beeinflussen kann.

So wird kommuniziert

Insekten entdecken für sie geeignete Pflanzen durch visuelle und olfaktorische (= Geruchs-)Reize. Visuelle Reize entstehen zum Beispiel durch UV-Licht, das von Blüten reflektiert und von Insekten wahrgenommen wird. Olfaktorische Reize werden von Insekten mittels ihrer Antennen aufgefangen, an denen sie spezielle Sinnesorgane (sogenannte Riechrezeptorzellen oder Olfaktorische Rezeptorneurone, genannt ORN) zur Geruchswahrnehmung besitzen. Mit diesen ORNs können Insekten noch in mehreren hundert Metern von Pflanzen freigesetzte, flüchtige organische Stoffe (Volatile Organic Compounds, VOCs) wahrnehmen. VOCs bestehen aus einer Mischung verschiedener Duftstoffe, die zum Beispiel Pheromone der gewünschten Insektenarten imitieren. Fressfeinde bzw. Herbivore werden allerdings auch von diesen Duftstoffen angelockt. Befallene Pflanzen setzen wiederum als Antwort auf den Angriff eines Fressfeindes veränderte Duftstoffe frei, die Räuber herbeilocken sollen, auf deren Speisekarte die Insekten stehen, die gerade die Pflanze anknabbern.

Herkunft und Wirkung von bodennahem Ozon

Dieses komplexe, „duftende“ Kommunikationsnetz macht einen wichtigen Teil der Interaktion zwischen Pflanze und Insekt aus. Allerdings können durch menschliche Aktivitäten freigesetzte Gase diese Reize verändern. Die Forscher haben sich darum das sehr häufig auftretende Gas Ozon herausgesucht und seine Wirkung auf die Kommunikation zwischen Pflanzen und Insekten erforscht.

#####1#####
Auf falscher Fährte: Um die Blüten seiner Wirtspflanze aufzuspüren, verlässt sich der Gurkenkäfer auf seinen Geruchssinn. Hohe Ozonkonzentrationen können den charakteristische Blütenduft verfälschen und die Käfer finden nicht mehr zu den Blüten.

Auf falscher Fährte: Um die Blüten seiner Wirtspflanze aufzuspüren, verlässt sich der Gurkenkäfer auf seinen Geruchssinn. Hohe Ozonkonzentrationen können den charakteristische Blütenduft verfälschen und die Käfer finden nicht mehr zu den Blüten.

Bildquelle: © Pollinator / WikiCommons; CC BY-SA 3.0

Ozon (O3) ist ein Molekül, das aus drei Sauerstoff-Atomen besteht. Es ist ein starkes Oxidationsmittel und wird zur Desinfektion und Beseitigung von Gerüchen genutzt. In der Stratosphäre dient es dazu, schädliche UV-Strahlung zu absorbieren. Bodennahes Ozon entsteht, wenn Sauerstoff (O2) mit Stickoxiden (NOx) aus Auto- und Industrieabgasen unter Einfluss von UV-Strahlung reagiert.

Ozon verändert die Duftstoffe

Die Forscher untersuchten die Auswirkung von bodennahem Ozon auf den Gestreiften Gurkenkäfer (Acalymma vittatum), ein bedeutendes Schadinsekt in den USA, und eine seiner Futterpflanzen, den Büffelkürbis (Cucurbita foetidissima). Da Ozon ein stark reaktives Gas ist, vermuteten die Wissenschaftler, dass es Einfluss auf die freigesetzten Duftstoffe haben würde. Dazu boten sie den Käfern in einer Y-Röhre reine Luft an, parallel dazu Büffelkürbis-Duftstoffe, die mit unterschiedlichen Ozon-Konzentrationen (von 0 bis 120 ppb, parts per billion) gemischt waren. Dabei zeigte sich, dass die Käfer ab einer Konzentration von 80 ppb (160 µg/m3) Ozon ihre Wirtspflanze nicht mehr eindeutig erkennen konnten. Bei 120 ppb marschierten sie sogar häufiger in Richtung der Röhre mit reiner Luft. Ein zweiter Versuch bot den Käfern reine Duftstoffe und Duftstoffe gemischt mit unterschiedlichen Ozon-Konzentrationen an. Bei niedriger Ozonmenge unterschieden die Käfer kaum zwischen den beiden Röhren, je mehr Ozon dazu kam, desto häufiger wanderten sie in die Röhre ohne Ozon. Auch hier lag der Wert, ab dem sich die Tiere signifikant für die Röhre ohne Ozon entschieden, bei 80 ppb. Bei einem Blindversuch mit reiner Luft und reiner Luft gemischt mit unterschiedlichen Ozon-Konzentrationen zeigte sich keine Präferenz für eine der beiden Röhren.

Da die Tiere von reinem Ozon komplett unbeeindruckt waren, schlossen die Forscher daraus, dass die Konzentration an Ozon das Duftgemisch auf chemischem Weg verändert, so dass es von den Insekten nicht mehr eindeutig identifiziert werden konnte. Der Schwellenwert lag dabei bei 80 ppb (160 µg/m3). Die Forscher vermuten allerdings, dass die tatsächliche Ozon-Konzentration, bei der die Insekten Probleme bekommen könnten, niedriger liegt als 80 ppb, denn im Versuch saßen die Tiere nah an der Duftquelle, der Luftstrom war konzentriert und unbeeinflusst durch Wind oder andere Gerüche. Dementsprechend könnte eine Ozon-Konzentration deutlich unter 80 ppb bereits zu einer negativen Beeinflussung der Pflanzen-Insekten-Interaktion führen. In Deutschland wird der Wert von 80 ppb (160 µg/m3) in einigen Regionen mehrfach im Jahr überschritten. Bei uns liegt der Informationswert bei 180 µg/m3, der Warnwert bei 240 µg/m3.

Auswirkungen auf die Pflanzen-Insekten-Beziehungen

Untersucht wurde der Einfluss auf das Verhalten eines Pflanzenschädlings, der aufgrund der Luftverschmutzung seine Wirtspflanze nicht mehr finden konnte. Die durch Ozon verursachten Effekte könnten aber auch Insekten beeinflussen, die als Bestäuber eine wichtige Funktion erfüllen und ebenso ihre Pflanzen nicht mehr finden. Entscheidend ist, so die Forscher, auf welchen Duftstoff die jeweiligen Arten hauptsächlich reagieren und ob dieser Stoff durch Ozon verändert wird. Im untersuchten Fall reagierten die Käfer auf den Duftstoff Indol, der durch Ozon beeinflusst wird. Die Versuche legen nahe, dass weitergehende Forschung in diesem Bereich nötig ist, um die Zusammenhänge besser zu verstehen und eventuelle größere ökologische und wirtschaftliche Konsequenzen rechtzeitig abzuwenden.


Quelle:

Fuentes, J. et al. (2013): Ozone impedes the ability of a herbivore to find its host. In: Environmental Research Letters No. 8, 26. März 2013. Doi:10.1088/1748-9326/8/1/014048.

Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:

Titelbild: Bodennahes Ozon ist der Verursacher von Sommersmogs. Es entsteht, wenn Stickoxide aus Auto- und Industrieabgasen unter Einfluss von UV-Strahlung mit Luftsauerstoff reagieren. (Quelle: © Hartmut910/pixelio.de)