Zu viel des Guten

Düngung senkt die Widerstandskraft gegen Schädlinge

14.08.2018 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Tomatenpflanzen in der Wachstumskammer: Für die Studie wurden sie mit Bakterien besprüht, um verschiedene Blattmikrobiome zu simulieren. (Bildquelle: © Britt Koskella photo)

Tomatenpflanzen in der Wachstumskammer: Für die Studie wurden sie mit Bakterien besprüht, um verschiedene Blattmikrobiome zu simulieren. (Bildquelle: © Britt Koskella photo)

Durch Düngung wird die Besiedlung der Blattoberfläche durch nützliche Mikroorganismen womöglich geschwächt. In der Folge können sich Pathogene dort besser vermehren und möglicherweise Krankheiten verursachen.

Pflanzen werden wie andere Lebewesen auf der Oberfläche von einer Vielzahl von nützlichen Mikroorganismen besiedelt. Ihre Gemeinschaft hat mehrere Aufgaben: Unter anderem schützt sie die Pflanze vor Krankheitserregern (Pathogenen) und fördert ihr Wachstum. Allerdings ist bisher noch relativ wenig über die genauen Mechanismen bekannt, die dahinter stehen. In einer neuen Studie untersucht ein Forschungsteam daher die Auswirkungen dieser Mikroorganismen-Gemeinschaft auf die Widerstandskraft von Tomaten (Solanum lycopersicum).

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Anzeichen von Tüpfelschwärze auf einem Tomatenblatt nach dem Befall mit Pseudomonas syringae - ihm fehlte ein schützendes Mikrobiom.

Anzeichen von Tüpfelschwärze auf einem Tomatenblatt nach dem Befall mit Pseudomonas syringae - ihm fehlte ein schützendes Mikrobiom.

Bildquelle: © Norma Morella photo, Koskella lab, UC Berkeley

Externe Schutztruppe der Pflanze

Die sich auf den oberirdischen Teilen einer Pflanze befindliche Mikroben-Gemeinschaft wird auch mikrobielles Phyllobiom genannt, der gesamte Blattraum als Phyllospähre. Das Phyllobiom hat einen wichtigen Einfluss auf die Entwicklung und das Wohlergehen einer Pflanze. Es beherbergt allerdings nicht nur „gute“ Mikroben, sondern auch pathogene. Da es sich dabei um zum Teil bedeutende Nutzpflanzenschädlinge handelt, wird die Phyllosphäre inzwischen genauer untersucht. Ein Ziel besteht darin, durch Stärkung der „guten“ Besiedler Pflanzen widerstandsfähiger gegen mikrobielle Krankheitserreger zu machen.

Anders als gedacht

Um die Auswirkungen des Phyllobioms auf die Widerstandsfähigkeit von Tomaten zu untersuchen, wurden verschiedene Kombinationen von Mikroorganismen, die die Blätter von Freilandtomaten besiedeln, in unterschiedlicher Verdünnung auf Versuchspflanzen im Labor aufgetragen. Eine Woche später wurden die Blätter der Pflanzen dann mit dem Schaderreger Pseudomonas syringae pv tomato infiziert, der bei Tomaten die Tüpfelschwärze hervorruft.

Bei der Auswertung erlebten die Forscher gleich zwei Überraschungen: Zum einen bewirkte nicht die höchste Konzentration an aufgetragenen Mikroorganismen die effektivste Bekämpfung des Schädlings, sondern die höchste Verdünnung und geringste Konzentration. Zum anderen wurde der Effekt bei gedüngten Pflanzen wieder zunichte gemacht: Hier waren deutlich mehr Pathogene auf den Blättern im Vergleich zu ungedüngten Pflanzen.

Überfütterte Mikroorganismen?

Über die Begründung können die Forscher nur spekulieren. Sie gehen davon aus, dass die Mikroorganismen auf die veränderte Nährstoffsituation der Pflanze reagieren.

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Das Nährmedium zeigt die große Vielfalt von Bakterien, die Tomaten besiedeln. Jeder Fleck ist eine wachsende Bakterienkolonie, die Tomatenblättern entnommen wurde.

Das Nährmedium zeigt die große Vielfalt von Bakterien, die Tomaten besiedeln. Jeder Fleck ist eine wachsende Bakterienkolonie, die Tomatenblättern entnommen wurde.

Bildquelle: © Elijah Mehlferber photo, Koskella lab, UC Berkeley

Normalerweise konkurrieren die „guten“ Mikroorganismen mit den Pathogenen um Nährstoffe. Daher können die die Pathogenen möglicherweise nicht optimal wachsen. Sind die „guten“ Mikroorganismen aber durch Düngung bereits mit Nährstoffen versorgt, entfällt die Konkurrenz und die Pathogenen breiten sich aus.

Auf die Frage, warum die hochverdünnten Konzentrationen an Mikroorganismen den besten Schutz liefern, haben die Forscher bisher aber noch keine Antwort.

Wegweisende Ergebnisse

Auch wenn noch viele Fragen offen sind, zeigen die Ergebnisse, dass Pflanzenpathogene mittels Mikroorganismen effektiv bekämpft werden können. Trotzdem müssen dabei verschiedene Dinge beachtet werden. Zum einen die Komposition der verwendeten Mikroorganismen und zum anderen die effektivste Konzentration. Einfach eine große Menge an Mikroben auf die Pflanzen zu sprühen, bringt nichts, erklären die Wissenschaftler. Hier ist noch Forschung nötig, um das effizienteste Vorgehen zu ermitteln.

Auch in Bezug auf die Düngung sind noch Fragen offen. Die Forscher weisen darauf hin, dass durch eine häufige Düngung das fein eingespielte System auf der Blattoberfläche ins Wanken geraten kann und Pflanzenkrankheiten Tür und Tor geöffnet werden. Wichtig ist auch, die Wirkung von Dünger auf andere Bereiche der Mikroorganismen-Pflanzen-Interaktion, z. B. im Wurzelraum (Rhizosphäre), noch genauer zu untersuchen. Möglicherweise schadet eine Überdüngung Pflanzen mehr als gedacht.


Quelle:
Berg, M. und Koskella, B. (2018): Nutrient- and dose-dependent microbiome-mediated protection against a plant pathogen. In: Current Biology, (26. Juli 2018), doi.org/10.1016/j.cub.2018.05.085.

Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:

Titelbild: Tomatenpflanzen in der Wachstumskammer: Für die Studie wurden sie mit Bakterien besprüht, um verschiedene Blattmikrobiome zu simulieren. Danach wurden sie einem Pflanzenpathogen ausgesetzt, um zu messen, wie gut die Mikrobiome die Pflanze vor Krankheit schützen. (Bildquelle: © Britt Koskella photo)