18. Welt-Klimagipfel in Doha - Die Klimaaussichten: Es wird wärmer

10.12.2012 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Müssen wir uns bald an Hitze und Trockenheit gewöhnen? (Quelle: © Claudia Hautumm / pixelio.de)

Müssen wir uns bald an Hitze und Trockenheit gewöhnen? (Quelle: © Claudia Hautumm / pixelio.de)

Schade eigentlich: Auf der 18. UN-Weltklimakonferenz in Doha (Katar) vom 26. November bis zum 7. Dezember kam es wieder nicht zum erhofften Durchbruch. Im Gegenteil: Die Industriestaaten waren weniger denn je bereit, sich zu bewegen. Zu stark lenken andere Probleme wie die Wirtschaftskrise offenbar vom Klimawandel ab.

Immerhin: Das Kyoto-Protokoll wird bis 2020 verlängert, allerdings ohne Vorgaben für eine stärkere Reduktion der Treibhausgas-Emissionen. Auch die Finanzhilfen für die vom Klimawandel stark betroffenen Entwicklungsländer in Höhe von 100.000 Milliarden Dollar pro Jahr bis 2020 wurden abgenickt, aber es ist weitgehend unklar, woher das Geld kommen soll. Dennoch gilt die Verlängerung des Kyoto-Protokolls als wichtiges Signal: Auch wenn die sich verpflichtenden Länder (die EU sowie 10 weitere Staaten) insgesamt für 15 Prozent des Gesamtausstoßes an klimaschädlichen Gasen verantwortlich sind, hofft man darauf, dass bei einem neuen Vertrag auch weitere Staaten teilnehmen werden.

Und die CO2-Konzentration steigt weiter...

Die Zeit wird langsam knapp: Das „Global Carbon Project“, eine internationale Organisation mit der Aufgabe, den CO2-Anstieg zu quantifizieren, prognostizierte im Dezember in der Fachzeitschrift „Nature Climate Change“ für 2012 einen neuen Höchststand der CO2-Emissionen: Erwartet wird die Rekordzahl von 35,6 Milliarden Tonnen CO2. Die Haupt-Emittenten sind auch weiterhin China (28 %) und die USA (16 %), gefolgt von der EU (11 %) und Indien (7 %).

Die Autoren der Studie erwarten bei einem Fortlaufen des gegenwärtigen Trends ein Übertreffen jeglicher bisher aufgestellter Szenarien. Die Unep geht von 58 Gigatonnen CO2 im Jahr 2020 aus, das wären 14 Gt zu viel. Allerdings zeigen auch Umstellungen im Energiesektor in einigen europäischen Ländern eine Reduktion der Emissionen bis zu 5 %. Das könne der Anfang einer Kehrtwende sein, reiche aber zum Erreichen des 2-Grad-Zieles nicht aus, so die Forscher.

Der Klimawandel ist bereits da

Während die Politiker noch verhandeln, ist der Klimawandel längst angekommen, auch in Europa. Die ersten Auswirkungen wurden in einem Bericht der European Environmental Agency (EEA) im November 2012 zusammen gefasst:

  • Die Durchschnittstemperatur in Europa war in der letzten Dekade um 1.3 Grad C höher als in vorindustrieller Zeit.
  • Es gab eine Zunahme der Häufigkeit von Hitzewellen, besonders im Süden Europas, gleichzeitig eine Zunahme von Niederschlägen im Norden Europas.
  • Die meisten Gletscher Europas schmelzen ab (wichtig für die Trinkwasserversorgung), die Flüsse in Ost- und Südeuropa führen im Sommer weniger Wasser.
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Hier wird der Klimawandel sichtbar: Gletscher schmelzen bereits ab.

Hier wird der Klimawandel sichtbar: Gletscher schmelzen bereits ab.

Bildquelle: © Erich Keppler / pixelio.de

Auch global gesehen gab es 2012 deutlich sichtbare Klimaauswirkungen:

  • Der Grönländische Eisschild hat im Sommer 2012 einen neuen Tiefstand erreicht, ebenso die Ausdehnung des Arktiseises.
  • Dazu kam die Dürreperiode im „Corn Belt“ der USA mit bis zu einem Drittel Ernteverlusten beim Mais, die Gesamtverluste beim Getreide betrugen 13 Prozent, beim Soja 12 Prozent. Folge: Steigende Lebensmittelpreise, laut UNO um 6 Prozent (Juli 2012), was für viele ärmere Länder, die Getreide importieren müssen, zum Problem wird.
  • Hurrikan „Sandy“ verursachte 65,5 Milliarden US-Dollar und gilt sogar in den USA als Zeichen des Klimawandels. Solche Kosten könnten in Zukunft auch auf europäische Staaten zukommen.

Was jetzt?

Sollte die Weltgemeinschaft mit ihrem Ziel scheitern, die Erderwärmung auf 2 Grad zu begrenzen, stehen uns ungemütliche Zeiten ins Haus. Ein vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Climate Analytics Berlin für die Weltbank erstellter Bericht über eine vier Grad wärmere Welt zeichnet die Szenarien deutlich vor, die uns schon am Ende des Jahrhunderts erwarten könnten. Beispiel:

  • Wichtige Kipp-Punkte des Ökosystems Erde könnten überschritten werden, etwa das Abtauen des Grönland-Eisschildes oder das Absterben der Korallenriffe.
  • Ein Meeresspiegelanstieg von 100 cm bis 2100 in einigen Teilen der Welt, ab 2100 deutlich höhere Pegelstände.
  • Hitzewellen und Ernteausfälle durch Dürren, die globale Krisen auslösen könnten.
  • Große Probleme beim Anbau von einigen Getreidesorten, die ab einer bestimmten Temperatur nur noch schlechte Erträge liefern.
  • 2100 könnten in den Tropen die kühlsten Monate des Jahres deutlich wärmer sein als die wärmsten heutzutage.

Wichtig: Forschung für die Anpassung an mögliche Folgen

Auch in der Forschung ist der Klimawandel inzwischen voll angekommen. Hier wird bereits an möglichen Lösungswegen gearbeitet, um so gut wie möglich auf die Folgen des Klimawandels zu reagieren, besonders auf die drohende Lebensmittelknappheit.

Hier kommt der Pflanzenforschung eine besondere Rolle zu: Trockentolerante Getreidesorten sollen es ermöglichen, auch bei Wassermangel mit möglichst wenig künstlicher Bewässerung gute bis sehr gute Erträge zu bringen. Dazu hat der amerikanische Agrarkonzern Monsanto im Sommer diesen Jahres zusammen mit BASF eine spezielle gv-Maissorte auf den Markt gebracht: „DroughtGard“ schafft es dank eines Gens aus dem ubiquitär vorkommenden Bakterium Bacillus subtilis, auch längere „moderate“ Trockenphasen ohne große Ernteverluste zu überstehen. Er soll nächstes Jahr auf den US-amerikanischen Markt kommen.

Auch andere Getreidesorten wie Soja und Weizen wurden in Experimenten bereits mit diesen „Trockentoleranzgenen“ versehen. Sie codieren für Proteine, die Zellorganellen und Proteine vor den Auswirkungen von Wasserstress schützen und somit der Pflanze helfen, bei Trockenheit lebenswichtige Funktionen aufrecht zu erhalten. An neuen Sorten wird weltweit an verschiedenen Forschungsinstituten geforscht.

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Die Wissenschaft sucht nach Möglichkeiten wichtige Nutzpflanzen anpassungsfähiger zu machen; beispielsweise trockentolerante Weizensorten.

Die Wissenschaft sucht nach Möglichkeiten wichtige Nutzpflanzen anpassungsfähiger zu machen; beispielsweise trockentolerante Weizensorten.

Bildquelle: © iStockphoto.com/ Elena Elisseeva

Ebenfalls trockentolerant ist die Maissorte „Aquamax“ des US-Agrarkonzerns DuPont Pioneer, die nicht gentechnisch verändert, sondern mittels verfeinerter molekularbiologischer Methoden (sogenannte Präzisionszüchtung oder SMART-Breeding, smart steht für Selection with Markers and Advanced Reproductive Technologies, zur Züchtung können die entscheidenden merkmalstragenden Gene über Sequenziertechniken identifiziert werden) entwickelt wurde und auch bei Trockenheit deutlich verbesserte Erntemengen bringt. Andere Studien weisen bereits auf ein weiteres Problem hin. Nicht nur die Trockenheit sondern zunehmende Hitze wird laut diesen als Hauptproblem für die Ertragssicherheit in Zukunft auch in den gemäßigten Breiten ausgemacht.

Probleme mit der Trockenheit wird auch die Forstwirtschaft bekommen: Laut einer Studie der Universität Ulm und der University of Western Australia, Sydney, werden heimische Baumarten in allen Lebensräumen – egal ob feucht oder trocken – schon leichte Veränderungen in den Niederschlagsverhältnissen nur schwer verkraften können. Trockenheitsbedingte Ausfälle werden in Zukunft also häufiger vorkommen. Zusätzlich steigt der Schädlingsdruck, Schädlinge wie Borkenkäfer, Eichenprozessionsspinner werden von den geschwächten Bäumen und den milden Wintern profitieren.

An die zunehmende Trockenheit angepasste Baumarten kommen zwar mit dem zukünftigen Klima besser zurecht, wachsen aber deutlich langsamer. Darauf weisen Forscher der Universität Freibung und des WSL (Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft, Birmensdorf) in ihrer neuen Studie im Fachmagazin „Nature“ hin. Die bisher als Wirtschaftsbaum vorherrschende, schnell wachsende Fichte wird weiter nach Norden wandern, während in Mitteleuropa vermehrt langsam wachsende Eichen gepflanzt werden, unter anderem auch die mediterranen Stein- und Korkeichen.

Zum Problem der veränderten Niederschlagsverteilung kommt die fortschreitende Wüstenbildung: In etwa 70 Prozent der Trockengebiete wird bereits eine fortschreitende Desertifikation dokumentiert, betroffen sind weltweit 36 Millionen km². Die meisten dieser Gebiete liegen in den ärmsten Ländern der Welt. Das Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock erforscht hier die Auswirkungen zunehmender Trockenheit auf die dort vorkommenden Wüstenpflanzen, die die Nahrungsgrundlage für dort lebende Menschen und Tiere bilden sowie die Strategien dieser Pflanzen, mit dem extremen Klima zurecht zu kommen.

Doch trotz all der intensiven Forschung ruhen die größten Hoffnungen auf einem neuen Weltklimavertrag, der bis 2015 auf den Weg gebracht werden soll. Ebenfalls Anlass zur Hoffnung gibt die Energiewende. Trotzdem bleibt die Frage: Wer ist schneller – der Klimawandel oder wir?


Zum Weiterlesen:

Titelbild: Müssen wir uns bald an Hitze und Trockenheit gewöhnen? (Quelle: © Claudia Hautumm / pixelio.de)