200 Jahre Arabidopsis

Ein Modellorganismus enthüllt die Geheimnisse der Pflanzenwelt

19.01.2021 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Als Modellorganismus wird Arabidopsis thaliana in vielen Studien zur Erforschung von Genetik, Physiologie und Entwicklung von höheren Pflanzen eingesetzt. (Bildquelle: © iStock.com/dra_schwartz)

Als Modellorganismus wird Arabidopsis thaliana in vielen Studien zur Erforschung von Genetik, Physiologie und Entwicklung von höheren Pflanzen eingesetzt. (Bildquelle: © iStock.com/dra_schwartz)

Arabidopsis – so taufte ein Botaniker eine Pflanzengattung vor genau 200 Jahren. Seitdem hat sich vor allem eine Pflanzenart innerhalb dieser Gattung einen großen Namen gemacht: die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana). Mit ihren einzigartigen Eigenschaften ist sie zum Modellorganismus der Pflanzenforschung geworden. So hat sie das Potenzial, noch so manches Geheimnis unserer Pflanzenwelt zu lüften.

Namensgeber der eher unscheinbaren Ackerschmalwand ist der Arzt und Botaniker Johann Thal. Er fand sie im Harz und beschrieb sie erstmals in seinem 1588 posthum veröffentlichten Buch Sylva Hercynia. Der bis heute gültige Gattungsname Arabidopsis führte der Schweizer Forscher A.P. de Candolle im Jahr 1821 ein. Der lateinische Artname der Ackerschmalwand lautet daher seit Mitte des 19. Jahrhunderts Arabidopsis thaliana.

Als Kreuzblütler ist sie verwandt mit wichtigen Nutzpflanzen wie Rübe, Kohl, Brokkoli oder Raps, spielt aber in der Landwirtschaft keine Rolle. Dafür stehen die zierlichen Pflänzchen umso mehr in Laboren im Mittelpunkt genetischer, biochemischer und physiologischer Forschung – seit mehr als 80 Jahren.

Arabidopsis thaliana als Modellorganismus für die Forschung

Arabidopsis besitzt viele praktische Eigenschaften für die Laborarbeit: Sie entwickelt sich schnell, bildet eine große Anzahl an Samen und beansprucht aufgrund ihrer geringen Größe nur wenig Platz. Hinzu kommt, dass die jungen Pflanzen im Labor in Petrischalen gut gedeihen.

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Die unscheinbare Pflanze Arabidopsis thaliana ist die wichtigste Modellpflanze in der Pflanzenforschung. Warum das so ist erfahren Sie in dieser Bildstrecke.
Bildstrecke: Ein Unkraut steht Modell

Die unscheinbare Pflanze Arabidopsis thaliana ist die wichtigste Modellpflanze in der Pflanzenforschung. Warum das so ist erfahren Sie in dieser Bildstrecke.

Bildquelle: © Jörg Abendroth / MPI für Entwicklungsbiologie

Ihren Erfolg als Modellorganismus hat die Pflanze aber sicherlich auch der Tatsache zu verdanken, dass ihr Erbgut nicht so komplex und groß ist wie das anderer Pflanzen. Zum Vergleich: Eine Weizenzelle enthält 42 Chromosomen mit einer Genomgröße von 17 Milliarden Basenpaare, die Ackerschmalwand nur zehn Chromosomen mit insgesamt nur 135 Millionen Basenpaaren. Das Genom der Ackerschmalwand ist seit dem Jahr 2000 komplett entschlüsselt und lässt sich gentechnisch leicht verändern. So können Forschende mit geringem Aufwand genspezifische Mutationen erzeugen und so die Funktion der betroffenen Gene identifizieren.

Erforschung von pflanzlichen Signalwegen mithilfe von Arabidopsis

Beim Arbeiten mit dieser Modellpflanze haben Forscher bereits viel über die molekularen Steuermechanismen von pflanzlichen Entwicklungsprozessen lernen können. Licht und Temperatur sind dabei die wichtigsten Umweltreize, die von der Pflanze wahrgenommen und zur Steuerung des Wachstums genutzt werden. Dabei spielen Pflanzenhormone eine große Rolle. So fand man beispielsweise in Experimenten mit Arabidopsis heraus, dass das Pflanzenhormon Auxin das Wachstum von Pflanzentrieben bei Dunkelheit bzw. schattigen Bedingungen ankurbelt.

Forscher der Standford University (USA) stellen nun in einem kürzlich veröffentlichen Paper die Hypothese auf, dass bei Dunkelheit ein weiteres und bisher unbekanntes externes Signal die Wachstumsprozesse steuern muss. Sie vermuten, dass es im Gegensatz zu Licht auf allen Ebenen des Pflanzenwachstums und der Entwicklung von Keimlingen wirkt. Das klingt spannend. Ob dies tatsächlich zutrifft, wollen die Forscher nun ebenfalls mithilfe von Arabidopsis-Pflanzen herausfinden.


Quelle:
Khanna, R. und Kutschera, U. (2020): Arabidopsis: two-hundredths anniversary of its name and the possibility of a hidden universal regulatory signal. In: Journal of Plant Biochemistry and Biotechnology 29, 575–579, (05. Oktober 2020), doi: 10.1007/s13562-020-00609-1.

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Titelbild: Als Modellorganismus wird Arabidopsis thaliana in vielen Studien zur Erforschung von Genetik, Physiologie und Entwicklung von höheren Pflanzen eingesetzt. (Bildquelle: © iStock.com/dra_schwartz)