Artenreiche Wälder als natürlicher Klimapuffer
Diversität schützt vor extremen Temperaturen

BEF-China ist das weltweit größte Experiment zur Untersuchung von Biodiversitäts- und Ökosystemfunktionen in Wäldern. Das Projekt, das 2008 als internationales Forschungskooperation ins Leben gerufen wurde, erforscht, wie Veränderungen in der Baumvielfalt
Angesichts des globalen Klimawandels wird es immer wichtiger, natürliche Systeme zu nutzen, um extreme Temperaturphasen abzumildern. Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass Wälder mit einer hohen Vielfalt an Baumarten signifikant besser in der Lage sind, sowohl Hitzewellen im Sommer als auch Kälteperioden im Winter abzufedern. Diese Erkenntnisse liefern wichtige Impulse für den zukünftigen Umgang mit Wäldern und betonen den ökologischen sowie ökonomischen Wert artenreicher Waldökosysteme.
Der Schlüssel zu diesen Erkenntnissen liegt in einem weltweit einzigartigen Freilandversuch, der in subtropischem China durchgeführt wurde. Unter dem Namen BEF-China-Experiment wurden unter Leitung des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv), der Universität Leipzig und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) in großflächigen Parzellen mehrere hunderttausend Bäume gepflanzt, wobei die Zusammensetzung von Monokulturen bis hin zu Parzellen mit bis zu 24 verschiedenen Baumarten reichte. Über einen Zeitraum von sechs Jahren wurden systematisch Temperaturmessungen vorgenommen, um den Einfluss der Baumartenvielfalt auf das Mikroklima zu erfassen. Dieses groß angelegte Experiment bildet eine internationale Forschungsplattform, die Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen Biodiversität und Klima liefert.

Je artenreicher Wälder sind, desto besser können sie Temperaturschwankungen puffern und Kohlendioxid speichern.
Bildquelle: © Sze Ning from Malaysia / Flickr.com, CC BY 2.0
Baumartenvielfalt und ihre temperaturregulierende Wirkung
Die Untersuchung zeigt, dass artenreiche Wälder während intensiver Sommerhitze signifikant kühlere Bedingungen unter dem Blätterdach aufweisen. Insbesondere zur Mittagszeit konnten in Wäldern mit 24 Baumarten Temperaturdifferenzen von bis zu 4,4 °C im Vergleich zu Monokulturen gemessen werden. Gleichzeitig wirken sich artenreiche Wälder auch im Winter positiv aus, indem sie kalte Nächte mildern. Diese Temperaturpufferung ist entscheidend, da sie nicht nur den Bäumen zugutekommt, sondern auch das gesamte Ökosystem stabilisiert und den Stress für alle im Wald lebenden Organismen reduziert.
Mechanismen der Temperaturpufferung
Die Forschung legt nahe, dass die Temperaturregulierung vor allem auf zwei Faktoren beruht: einer höheren Baumkronendichte und einer ausgeprägten strukturellen Vielfalt. Eine größere Blattfläche pro Bodenfläche führt dazu, dass mehr Sonnenstrahlen absorbiert und weniger direkt auf den Boden treffen. Zudem sorgt die Mischung aus Bäumen unterschiedlicher Größen und Kronenformen für eine geringere Durchmischung der Luftmassen. Dadurch wird die Ausbreitung von Hitze im Waldinneren verhindert und im Winter eine effektive Wärmespeicherung gefördert.
Ökologische und ökonomische Konsequenzen
Die stabilisierenden Effekte artenreicher Wälder haben weitreichende positive Konsequenzen. Ein gepuffertes Klima verbessert nicht nur das Wachstum und die Regeneration der Bäume, sondern begünstigt auch eine funktionierende Bodenökologie, fördert die Biodiversität und unterstützt wichtige Nährstoffkreisläufe. Zudem leistet ein stabileres Waldklima einen bedeutenden Beitrag zur Kohlenstoffspeicherung, was wiederum im Kampf gegen den Klimawandel eine wichtige Rolle spielt. Aus ökonomischer Sicht bieten artenreiche Wälder neben der traditionellen Holzproduktion zahlreiche zusätzliche Ökosystemleistungen, die in Monokulturen oft nicht realisiert werden können.
Diese Forschungserkenntnisse liefern starke Argumente für eine verstärkte Aufforstung und Waldpflege, die auf Biodiversität setzt, um den Herausforderungen des Klimawandels effektiv zu begegnen.
Quelle:
Schnabel, F. et al. (2025): Tree diversity increases forest temperature buffering via enhancing canopy density and structural diversity. In: Ecological Letters (21. März 2025). doi: 10.1111/ele.70096
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Titelbild: BEF-China ist das weltweit größte Experiment zur Untersuchung von Biodiversitäts- und Ökosystemfunktionen in Wäldern. Das Projekt, das 2008 als internationales Forschungskooperation ins Leben gerufen wurde, erforscht, wie Veränderungen in der Baumvielfalt die ökologischen Prozesse in chinesischen Wäldern beeinflussen. (Bildquelle: © M. Martini)