CRISPR-Weizen mit eingebautem Dünger
Das Getreide, das stickstofffixierende Bakterien anzieht
Forschende haben den Stoffwechsel von Weizen so verändert, dass er stickstofffixierende Bakterien anzieht – ein möglicher Schritt hin zu Pflanzen, die einen Teil ihres Düngers selbst erzeugen. Symbolbild. (Bildquelle: © Pflanzenforschung.de, erstellt mit DALL·E)
Weizen braucht viel Stickstoff – und damit viel Dünger. Forschende aus den USA und Japan zeigen nun, dass man das Getreide so verändern kann, dass es selbst hilft, Stickstoff aus der Luft zu gewinnen. Ihr Trick: eine subtile Änderung im Pflanzenstoffwechsel, die den Flavonstoff Apigenin erhöht. Dieser ruft stickstofffixierende Bakterien herbei und verbessert die Erträge – selbst bei wenig Dünger.
Stickstoff ist der wichtigste Wachstumsfaktor moderner Landwirtschaft – und zugleich einer der problematischsten. Nur rund ein Drittel des ausgebrachten Düngers landet tatsächlich in den Pflanzen, der Rest wird ausgewaschen oder entweicht als klimaschädliches Lachgas. Während Leguminosen wie Bohnen und Erbsen mit stickstofffixierenden Bakterien zusammenarbeiten, fehlt den Getreiden diese Fähigkeit. Die Vision, Weizen, Mais oder Reis ähnlich „selbstversorgend“ zu machen, beschäftigt Pflanzenforscher seit Jahrzehnten. Weil direkte Versuche, die bakterielle Stickstofffixierung in Pflanzenzellen zum Laufen zu bringen, bislang scheiterten, richtet sich der Blick nun auf das Zusammenspiel zwischen Wurzeln und Bodenmikroben.
Ein Duftstoff als Bakterienmagnet
Kalkammonsalpeter – ein gängiger Stickstoffdünger aus Ammonium- und Nitratsalzen. Er liefert Pflanzen schnell verfügbaren Stickstoff, trägt aber bei übermäßiger Nutzung zur Belastung von Böden, Grundwasser und Klima bei.
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Das Team um Eduardo Blumwald (University of California) hat einen Umweg gewählt, der bestechend einfach ist: Statt Weizen die Stickstofffixierung beizubringen, bringt man ihn dazu, die passenden Bodenbakterien aktiv anzulocken. Per CRISPR/Cas9 wurden mehrere Varianten des Weizengens CYP75B ausgeschaltet, das im Flavon-Stoffwechsel den Abbau von Apigenin vorantreibt. Dadurch stieg der Apigenin-Gehalt in Wurzeln und Exsudaten deutlich. Apigenin wirkt in der Rhizosphäre wie ein Rufsignal: Es begünstigt die Ansiedlung diazotropher Bakterien wie Azospirillum brasilense und regt sie zur Biofilmbildung an. In diesen zähen bakteriellen Schichten herrscht wenig Sauerstoff – genau die Mikro-Umgebung, die der empfindliche Stickstoffase-Komplex benötigt, um atmosphärischen Stickstoff (N₂) zu Ammoniak zu reduzieren.
Symbiose ohne Knöllchen
Im Ergebnis unterstützen die Wurzeln der editierten Weizenpflanzen eine funktionelle Stickstofffixierung in ihrer direkten Umgebung – ganz ohne Leguminosen-Knöllchen. Unter reduzierter Düngung zeigte sich der Vorteil klar: Die CRISPR-Linien akkumulierten mehr Stickstoff in Blättern und Körnern, bildeten mehr Ähren und Körner pro Pflanze aus und erzielten – je nach Versuch und Stickstoffniveau – Erträge, die bis an eine Verdopplung gegenüber den unveränderten Kontrollpflanzen heranreichten. Isotopenmessungen mit 15N₂ sowie klassische Acetylen-Reduktions-Assays belegten, dass tatsächlich Luftstickstoff in das Pflanzensystem gelangte; unter normalen, voll gedüngten Bedingungen verschwand der Effekt wieder, was die gezielte Reaktion des Systems auf Knappheit unterstreicht. Parallel verschob sich die Zusammensetzung des Wurzelmikrobioms messbar in Richtung stickstofffixierender Gruppen, besonders an der Wurzeloberfläche und in der unmittelbaren Bodenumgebung.
Metabolisches Feintuning statt Gentransfer
Apigenin (4′,5,7-Trihydroxyflavon; Summenformel C₁₅H₁₀O₅): Ein Flavon aus dem Pflanzenstoffwechsel. In Wurzelexsudaten wirkt es als Signalstoff, fördert die Biofilmbildung diazotropher Bakterien und unterstützt so die biologische Stickstofffixierung.
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Bemerkenswert ist, dass weder Bakterien gentechnisch verändert noch fremde Stickstoffase-Gene in den Weizen integriert werden mussten. Die Forschenden nutzten einen universellen pflanzlichen Stoffwechselweg und passten ihn so an, dass die Pflanze ihre Mikrobenpartner besser „bedient“. Das ist präzises Feintuning: mehr Apigenin im Exsudat, gezieltere Biofilme, geschützte Stickstoffase – und am Ende mehr pflanzenverfügbarer Stickstoff. Dass der Effekt unter hoher Mineraldüngung ausbleibt, ist agronomisch sogar erwünscht: Die Pflanze „schaltet“ diese Kooperation ein, wenn es sich lohnt, und spart sich den Aufwand, wenn ausreichend Nitrat und Ammonium vorhanden sind.
Ein Weg zu nachhaltigerem Ackerbau
Die Studie skizziert eine realistische Route zu einer nachhaltigeren Stickstoffversorgung in Getreiden. Anstatt immer mehr Dünger auf die Felder zu bringen, lässt sich die Pflanze so programmieren, dass sie nützliche Mikroorganismen anzieht und ihnen die richtigen Bedingungen verschafft. In der Praxis könnten solche Linien den Mineraldüngereinsatz senken, Erträge unter Knappheit stabilisieren und Nebenwirkungen wie Nitrat-Auswaschung und Lachgasemissionen mindern. Zugleich liefert die Arbeit einen generellen Bauplan: Pflanzliche Sekundärstoffe dienen als Sprache zwischen Wurzel und Mikrobiom – wer diese Sprache versteht und moduliert, kann Pflanze-Mikroben-Systeme gezielt lenken.
Quelle:
Tajima, H. et al. (2025): Increased Apigenin in DNA-Edited Hexaploid Wheat Promoted Soil Bacterial Nitrogen Fixation and Improved Grain Yield Under Limiting Nitrogen Fertiliser. Plant Biotechnology Journal (6. August 2025). doi: 10.1111/pbi.70289
Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:
- Genomeditierung für mehr Ertrag – Wie gezielte Genveränderungen den Weizenertrag steigern
- Stickstoffnutzung effizienter machen – Pflanzen, Mikroben und nachhaltige Düngung
Titelbild: Forschende haben den Stoffwechsel von Weizen so verändert, dass er stickstofffixierende Bakterien anzieht – ein möglicher Schritt hin zu Pflanzen, die einen Teil ihres Düngers selbst erzeugen. Symbolbild. (Bildquelle: © Pflanzenforschung.de, erstellt mit DALL·E)