Die Landwirtschaft der Zukunft?
Was haben Supercomputer die Schachmeister schlagen oder exponentielle Zuwächse bei Google-Suchen im Internet mit der Landwirtschaft zu tun? Sie verdeutlichen das Potenzial und die Dynamik neuer Technologien – auf allen Gebieten.
In einem aktuellen Beitrag für die britische Landwirtschaftszeitung "Farmers Weekly" beschreibt der US-amerikanische Populär-Futurologe Jack Uldrich seine Visionen für den Technologie-Einsatz in der Landwirtschaft. So wie sich die Anzahl der täglichen Google-Suchen innerhalb von 10 Jahren von 25 Millionen Suchanfragen pro Tag auf 25 Milliarden Anfragen vertausendfachten, sieht Uldrich auch enorme Zuwachsraten beim Einsatz von Robotern, auch in der Landwirtschaft. Und die Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz belegen, wie Maschinen komplexe Berechnungen immer schneller durchführen können – und dadurch auch auf Gebieten wie z. B. der DNA-Sequenzierung schnellere Fortschritte möglich sind.
Roboter für’s Melken, Pflücken und Fahren
Roboter in der Landwirtschaft sind nichts Neues, so gibt es Automatische Melksysteme ("Melkroboter") schon seit zwei Jahrzehnten. Doch wenn man annimmt, dass sich auch in Zukunft die Zahl der Roboter bzw. ihrer Einsatzgebiete exponentiell ansteigt, dann wird es bald auch in der Landwirtschaft deutlich mehr geben. So können viele Aufgaben in der Land- und Forstwirtschaft, wie ernten, besprühen, bepflanzen oder zuschneiden durch den Einsatz von Robotersystemen effizienter gestaltet werden. Werden mehr Roboter produziert, dann fallen die Preise für die Geräte, so dass sich der Einsatz von Robotern kaufmännisch immer öfter rechnen kann.
Diese Entwicklung findet z. B. gerade im Bereich des Gartenbaus statt, wo Roboter eingesetzt werden um Obst und Gemüse und selbst empfindliche Erdbeeren zu ernten und zu verarbeiten. Roboter werden jedoch zunehmend auch für andere Bereichen entwickelt, wie Unkraut-Roboter die selbständig jäten, oder – insbesondere schon für den Haushaltsbereich verfügbar – Gartenroboter die den Rasen mähen. Vor ein paar Jahren wurde auch ein "Schnecken-Roboter" (engl. "slugbot") als Prototyp entwickelt, der Schnecken jagt und sich von ihnen sogar "ernährt" – ein Beispiel dafür, wie Agrarroboter in Zukunft eventuell auch dazu beitragen können den Einsatz von Pestiziden zu senken. Und nachdem letztes Jahr Roboterautos in den USA im Straßenverkehr schon über 200.000 Kilometer ohne nennenswerte Zwischenfälle zurückgelegt haben ist klar, dass z. B. auch unbemannte Traktoren technisch möglich sind.
Genkarten für den Weg in die Zukunft
Die Entschlüsselung des Genoms des Menschen war noch ein Prozess an dem hunderte von Wissenschaftlern über Jahre hinweg arbeiteten. Mittlerweile können Genome für ein paar tausend Euro in ein paar Wochen gelesen werden. Auch in der Landwirtschaft, insbesondere in der Pflanzenzucht, wird die Genomforschung eine maßgebliche Einflussgröße spielen und z. B. bei der Entwicklung trockentoleranter oder krankheitsresistenter Pflanzen helfen können. In diesem Zusammenhang sieht Uldrich im Hinblick auf die Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft auch eine Rolle für die grüne Gentechnik, da diese dabei helfen kann Pflanzen zu züchten die mit weniger Wasser, Pestiziden und anderen Ressourcen auskommen. Längerfristig kann hier auch die synthetische Biologie an Bedeutung gewinnen.
Daten-Wolken über Feldern
Aufgrund verbesserter und neuer Technologien wie GPS, bildgebenden Verfahren und dem Einsatz von Sensoren, können in landwirtschaftlichen Betrieben immer mehr Daten gesammelt werden. Daher spielen hier insbesondere die Datenanalyse und das "Data Mining" eine zentrale und zunehmende Rolle, um diese Rohdaten in nützliches Wissen zu verwandeln. Wenn die Auswertung solcher Daten nicht im Einzelfall durch Experten sondern automatisch durch entsprechende Computersysteme erfolgt, kann der Landwirt die Erkenntnisse umgehend nutzen und für Verfahren der Präzisionslandwirtschaft anwenden. Die sinnvolle Nutzung der Daten die aus der Kartierung, der Rückmeldung von Maschinen sowie von Sensoren gewonnen werden setzt voraus, dass der Landwirt auf diese Daten von überall unkompliziert zugreifen und sie verarbeiten kann, d.h. auch in der Landwirtschaft können Konzept wie "Rechnerwolken" oder drahtlose Netzwerke die Arbeitsweise verändern.
Sensor-Technologie die das Was, Wie und Woher klärt
Die Funktechnologie RFID erlaubt über drahtlose Sensornetze das automatische Auslesen von in Funk-Etiketten gespeicherten Daten. Sie unterstützt bereits zahlreiche Anwendungen in unterschiedlichen Bereichen, insbesondere der Logistik, wo sie auch in der Landwirtschaft helfen können Kennzeichnungs- und Nachverfolgungspflichten nachzukommen. In Zukunft sollen Funk-Etiketten Verbraucher direkt im Supermarkt über unmittelbare Produkteigenschaften (z. B. Inhaltsstoffe), die Art der Herstellungsprozesse (z. B. bezüglich Ressourcenverbrauch oder Tierschutz) oder die Herkunft eines Produktes informieren. Insofern diese Informationen das Käuferverhalten beeinflussen, z. B. hinsichtlich der Nachfrage nach nachhaltig produzierten Lebensmitteln, wird dies auch Auswirkungen auf die Landwirtschaft und die Lebensmittelindustrie haben.
Neben diesem Einfluss über die Nachfrageseite, können verschiedene Funktechnologien die Arbeit im Agrar- und Lebensmittelbereich direkt beeinflussen. So können z.B. Tiere über Funk-Etiketten markiert und identifiziert werden, oder Funk-Sensoren helfen die Temperatur in Gewächshäusern, den Niederschlag auf dem Feld oder den Reifendruck von Landmaschinen zu überwachen. Insbesondere Rückmeldungen von solchen Funk-Sensoren können dabei zur Verbesserung von Entscheidungsunterstützungssystemen genutzt werden: Sie helfen die in der Präzisionslandwirtschaft benötigten Daten zu erfassen um Pestizide zielgenau und sparsam einzusetzen oder die Ernte zum optimalen Zeitpunkt zu beginnen, sie beliefern Frühwarnsysteme mit Informationen um an teuren Maschinen rechtzeitig Wartungsmaßnahmen durchzuführen oder sie helfen beim Energiesparen.
Der Bauer von nebenan – im Internet
Soziale Medien sind nicht nur eine Spielwiese für Jugendliche, sondern sie bieten auch Landwirten die Möglichkeit direkt und unkompliziert mit Kunden zu kommunizieren. Auf diese Weise können Landwirte besser sich und ihren Betrieb vorstellen und erklären, wie ihre Produkte erzeugt werden und die Kunden erreichen. Laut Uldrich können Landwirte dadurch das Vertrauen in landwirtschaftliche Produkte erhöhen und eine vertrauensvolle Kundenbeziehung aufbauen.
Die Sicht des Futuristen?
Uldrich sieht das Konzept vernetzter Betriebe bereits in der Umsetzung: Landwirtschaftliche Maschinen erfassen Daten, spielen diese wenn sie zurück auf dem Hof sind drahtlos in den Rechner des Landwirts wo die Daten ausgewertet werden um dann mit entsprechenden Anweisungen für den nächsten Bearbeitungsgang zurück zum Traktor übermittelt werden. In Zukunft werden Funk-Etiketten, Roboter und unbemannte Fahrzeuge erlauben, diese Arbeitsgänge direkt vom Büro oder dem Laptop aus zu steuern. Darüber hinaus können Pflanzen besser und schneller auf Nachhaltigkeit hin gezüchtet werden und Kunden werden genau wissen wie und wo Ihre Nahrung produziert wurde. Für Uldrich eine neue grüne Revolution in der Landwirtschaft.
Quelle:
Padfield, E. (2011): What’s the future for farming technology? In: Farmers Weekly.
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