Donnerwetter

Wie Blitze das globale Waldsterben mitbestimmen

24.07.2025 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Mit steigenden Temperaturen nehmen Gewitter und Blitzaktivität zu. Das gefährdet vor allem große Bäume und schwächt die Kohlenstoffspeicherleistung unserer Wälder. (Bildquelle: © Schwarzwert Naturfotografie / Wikimedia Commons, CC BY 2.0)

Mit steigenden Temperaturen nehmen Gewitter und Blitzaktivität zu. Das gefährdet vor allem große Bäume und schwächt die Kohlenstoffspeicherleistung unserer Wälder. (Bildquelle: © Schwarzwert Naturfotografie / Wikimedia Commons, CC BY 2.0)

Ein neues Modell zeigt: Jährlich sterben weltweit hunderte Millionen Bäume durch Blitze – mit spürbaren Folgen für den Kohlenstoffkreislauf.

Blitze sind spektakulär – und gefährlich. Doch dass sie in tropischen und temperierten Wäldern Jahr für Jahr Millionen von Bäumen töten, war lange kaum bekannt. Neue Forschung zeigt: Blitze sind keine seltene Randerscheinung, sondern ein systematischer Störfaktor in Wäldern weltweit. Und sie könnten im Klimawandel sogar noch gefährlicher werden.

Unsichtbare Zerstörung im Regenwald

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Tropische Regenwälder beherbergen besonders viele große Bäume – und sind zugleich Blitz-Hotspots.

Tropische Regenwälder beherbergen besonders viele große Bäume – und sind zugleich Blitz-Hotspots.

Bildquelle: © Dukeabruzzi, eigenes Werk / Wikipedia, CC BY-SA 4.0

Ein Team um Andreas Krause von der Technischen Universität München (TUM) hat erstmals ein globales Vegetationsmodell so erweitert, dass es blitzbedingte Baummortalität realistisch abbildet. Die Ergebnisse, jüngst in Global Change Biology veröffentlicht, zeigen eindrücklich: Rund 320 Millionen Bäume sterben jährlich durch Blitzeinschläge, davon etwa 30 Millionen große Bäume – also solche mit über 60 Zentimetern Stammdurchmesser.

Wichtig: Die Studie erfasst nur direkte Todesfälle – also Bäume, die durch den elektrischen Schlag selbst oder durch sogenannte „Flashovers“ (Überschläge auf benachbarte Bäume) getötet wurden. Waldbrände, die durch Blitze ausgelöst werden, wurden nicht berücksichtigt. Die tatsächlichen Auswirkungen von Blitzaktivität auf Wälder dürften also noch deutlich größer sein.

Der unterschätzte Faktor Blitz

Bislang gab es nur punktuelle Beobachtungen zur Blitzmortalität – etwa aus dem Regenwald Panamas oder aus US-amerikanischen Kiefernwäldern. Eine globale Einschätzung fehlte. Denn Blitzschäden sind schwer zu erkennen: Oft hinterlassen sie keine sichtbaren Spuren, die betroffenen Bäume sterben schleichend, oder ihre Tötung wird fälschlich anderen Ursachen wie Dürre oder Insekten zugeschrieben.

Deshalb entwickelten die Forschenden der TUM eine neue Methode, um das Phänomen global zu quantifizieren. Dazu erweiterten sie das etablierte Vegetationsmodell LPJ-GUESS um ein Blitzmodul, das reale Blitzdichtekarten mit ökologischen Daten und Beobachtungswerten kombiniert.

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Explosionsartiger Dampfdruck zwischen Stamm und Rinde vom Blitzeinschlag sprengte die Rinde dieser Birke weg.

Explosionsartiger Dampfdruck zwischen Stamm und Rinde vom Blitzeinschlag sprengte die Rinde dieser Birke weg.

Bildquelle: © Georg Buzin, eigenes Werk / Wikipedia, CC BY-SA 4.0

„Wir können nicht nur abschätzen, wie viele Bäume jährlich durch Blitzeinschläge absterben, sondern auch in welchen Regionen solche Ereignisse gehäuft auftreten und welche Folgen sie für die globale Kohlenstoffspeicherung und Waldstruktur haben“, erklärt Andreas Krause, Erstautor der Studie und Forscher an der Professur für Land Surface–Atmosphere Interactions.

Große Bäume, großer Verlust

Die Forschenden zeigen: Blitze schlagen bevorzugt in große Bäume ein – und gerade diese speichern besonders viel Kohlenstoff. Entsprechend hoch ist der Verlust: Blitze verursachen weltweit jedes Jahr 0,21 bis 0,30 Gigatonnen abgestorbene Biomasse, was der Freisetzung von etwa 770 bis 1.090 Millionen Tonnen CO₂ entspricht.

Das ist vergleichbar mit den Emissionen lebender Pflanzen bei Vegetationsbränden (rund 1.260 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr). Zwar ist der Gesamtausstoß durch Brände noch deutlich größer (insgesamt etwa 5.850 Millionen Tonnen CO₂ jährlich, inklusive Totholz und Bodenorganik), doch die Studie verdeutlicht: Blitze sind als eigenständiger Störfaktor nicht zu unterschätzen. Der Einfluss von Blitzen auf Wälder wurde bislang klar unterschätzt.

Klimawandel: Mehr Blitze, mehr Risiko

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Wo der Blitz am häufigsten einschlägt: Die Karte zeigt die globale Verteilung der jährlichen Blitzeinschläge pro Quadratkilometer – mit Hotspots in Zentralafrika, Südamerika und Südostasien. Mit dem Klimawandel rechnen Forschende jedoch auch in der nördlichen Hemisphäre mit einer Zunahme von Gewittern und Blitzaktivität.

Wo der Blitz am häufigsten einschlägt: Die Karte zeigt die globale Verteilung der jährlichen Blitzeinschläge pro Quadratkilometer – mit Hotspots in Zentralafrika, Südamerika und Südostasien. Mit dem Klimawandel rechnen Forschende jedoch auch in der nördlichen Hemisphäre mit einer Zunahme von Gewittern und Blitzaktivität.

Bildquelle: © NASA/GHRC/NSSTC Lightning Team, gemeinfrei

Besonders betroffen sind derzeit die tropischen Wälder, vor allem in Afrika. Dort ist nicht nur die Blitzdichte hoch, sondern auch die Dichte großer Bäume. Doch auch in anderen Regionen könnte sich das bald ändern.

„Da die meisten Klimamodelle davon ausgehen, dass es in Zukunft mehr Blitze geben wird, lohnt es sich, diesem bislang wenig beachteten Aspekt mehr Aufmerksamkeit zu schenken“, betont Andreas Krause. Und er warnt weiter: „Aktuell ist die Blitzmortalität in den Tropen besonders hoch. Die Modelle gehen aber davon aus, dass die Blitzhäufigkeit vor allem in mittleren und hohen Breiten steigen wird. Blitze könnten also in Zukunft auch in unseren Wäldern eine immer größere Rolle spielen.“

Noch viele offene Fragen

Trotz der Fortschritte bleibt die Datenlage lückenhaft. Aus Afrika, Asien und borealen Nadelwäldern fehlen belastbare Beobachtungsdaten. Auch ist bislang kaum erforscht, wie sich Blitzschäden langfristig auf die Baumgesundheit auswirken oder welche Baumarten besonders anfällig oder widerstandsfähig sind.

Und noch ein Punkt zeigt, wie komplex das Thema ist: Viele Blitzopfer sterben nicht sofort, sondern später – etwa durch Folgeinfektionen, Pilze oder Käfer. Solche „verdeckten Opfer“ fließen bisher kaum in die Statistiken ein.


Quelle:
Krause, A. et al. (2025): Simulating Lightning-Induced Tree Mortality in the Dynamic Global Vegetation Model LPJ-GUESS. In: Global Change Biology, 2025. doi: 10.1111/gcb.70312

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Titelbild: Mit steigenden Temperaturen nehmen Gewitter und Blitzaktivität zu. Das gefährdet vor allem große Bäume und schwächt die Kohlenstoffspeicherleistung unserer Wälder. (Bildquelle: © Schwarzwert Naturfotografie / Wikimedia Commons, CC BY 2.0)