Evolution von C3- zu C4-Pflanzen
Veränderte Genregulation aktiviert C4-Photosynthese
Neue Erkenntnisse zeigen, wie die C4-Photosynthese entstanden ist. Sie geben auch Hinweise darauf, wie sich dieser Stoffwechselweg in anderen Pflanzen aktivieren ließe. Dadurch könnten wichtige Nahrungspflanzen, die bisher auf C3-Photosynthese setzen, klimaresistenter werden.
Die Photosynthese ist vor mehr als drei Milliarden Jahren in Bakterien entstanden. Inzwischen haben auch Pflanzen die Fähigkeit, mithilfe von Lichtenergie Kohlendioxid und Wasser zu Sauerstoff und Zucker zu verarbeiten. Neben der ursprünglichen Version, der C3-Photosynthese, entstand vor etwa 30 Millionen Jahren eine neue Version, auch als C4-Photosynthese bekannt. Wie genau diese Evolution abgelaufen ist, war bisher unklar. Sicher ist nur, dass sie etwa 60-mal unabhängig voneinander entstanden ist.
Heutzutage betreiben mehr als 8000 unterschiedliche Pflanzenarten C4-Photosynthese, darunter auch die wichtigen Nahrungspflanzen Mais und Sorghum. Besonders in warmen und trockenen Gebieten ist das vorteilhaft. Doch die allermeisten Pflanzen setzen noch immer auf C3-Photosynthese. Könnte man den Stoffwechsel dieser Pflanzen zu C4 umprogrammieren und sie damit klimaresilienter machen?
Unterschied liegt auf regulatorischer Ebene
Ein Forschungsteam unter der Leitung von Professor Joseph Ecker vom Salk Institute for Biological Studies in Kalifornien hat jetzt herausgefunden, dass die Ursache für den Wechsel von C3 zu C4 nicht in neu erworbenen Genen, sondern in der Regulation von bereits vorhandenen Genen liegt.
„Wir waren überrascht und erfreut, herauszufinden, dass der Unterschied zwischen C3- und C4-Pflanzen nicht das Wegnehmen oder Hinzufügen von bestimmten Genen ist“, sagt Ecker. „Stattdessen ist der Unterschied auf regulatorischer Ebene, was es für uns auf lange Sicht hin einfacher machen könnte, die effizientere C4-Photosynthese auch in C3-Pflanzen anzuschalten.“
Räumliche Trennung schafft Vorteile
Um die Ergebnisse besser zu verstehen, muss man zunächst wissen, wie die Photosynthese bei C3- und C4-Pflanzen abläuft. Bei C3-Pflanzen findet der gesamte Prozess in den Mesophyllzellen statt. Das Enzym Rubisco nimmt Kohlendioxid auf und produziert als erstes Zwischenprodukt ein Molekül mit drei Kohlenstoffatomen – daher der Name C3-Pflanzen. In etwa 20 Prozent der Fälle greift Rubisco jedoch daneben und verwendet Sauerstoff statt Kohlendioxid, was den Prozess verlangsamt und Energie verschwendet.
Das zweite Problem ist, dass die Spaltöffnungen, durch die das Kohlendioxid in die Pflanzen hineinströmt, konstant geöffnet sein müssen, wodurch den C3-Pflanzen jedoch viel Wasser verloren geht. In warmen, trockenen Klimazonen sind sie daher im Nachteil.
C4-Pflanzen haben beide Probleme auf elegante Weise gelöst. Bei ihnen wird in den Mesophyllzellen das Kohlendioxid lediglich vorfixiert, also in einem Molekül aus vier Kohlenstoffatomen gebunden (daher der Name C4-Pflanzen). Der anschließende Calvin-Zyklus findet in den Bündelscheidenzellen statt, die sich rund um die Leitbündel der Pflanzen befinden. Durch diese räumliche Trennung können die Pflanzen ihre Spaltöffnungen häufiger schließen und Wasser sparen.
Alter Transkriptionsfaktor mit neuer Aufgabe
Die Wissenschaftler*Innen um Joseph Ecker haben für ihre Studie modernste Einzelzell-Genomik-Technologien angewandt, und konnten dadurch herausfinden, welche Gene in benachbarten Mesophyll- und Bündelscheidenzellen von Reis und Sorghum aktiv waren.
Sie fanden heraus, dass ein evolutionär sehr alter Transkriptionsfaktor (TF) namens DOF in Bündelscheidenzellen beider Arten exprimiert wird. Doch nur bei der C4-Pflanze Sorghum konnte dieser Transkriptionsfaktor die für die Photosynthese notwendigen Gene anschalten. Das deutet darauf hin, dass es C4-Pflanzen irgendwann gelungen ist, die DNA-Region, an die DOF binden kann, vor die Photosynthese-Gene zu setzen. In der C3-Pflanze Reis sind diese Gene in den Bündelscheidenzellen hingegen inaktiv, weil sie nicht über das DOF-Bindemotiv in ihrem Promotor verfügen.
C3-Pflanzen haben die richtigen Gene
Das Ergebnis ist ermutigend, denn es bedeutet, C3-Pflanzen haben grundsätzlich die richtige genetische Ausstattung, um zu C4-Pflanzen zu werden. Und mit modernen Gene-Editing-Technologien ist es auch möglich, DNA-Sequenzen mit der Länge von solchen TF-Bindesequenzen in ein Genom einzufügen.
Doch viele Fragen sind noch ungeklärt. Ist es ausreichend, die Expression von Photosynthese-Genen in Bündelscheidenzellen anzukurbeln? Oder müsste gleichzeitig auch die Expression von Rubisco in Mesenchymzellen unterdrückt werden? Auch müssten möglicherweise Transportproteine hergestellt werden, die die Stoffwechselprodukte zwischen diesen beiden Zelltypen hin und her bewegen.
Langer Weg hin zu C4-Pflanzen
In einem Kommentar zur Studie in Nature heißt es: „Es wird noch viel Arbeit brauchen, bis die biochemischen und anatomischen Eigenschaften von Reis so verändert sind, dass C4-Photosynthese möglich wird. Aber der kreative Einsatz von innovativen Technologien und Vergleiche von zahlreichen, unabhängigen C3-zu-C4-Übergängen sind vielversprechend.
„Die Frage, was C3- von C4-Pflanzen unterscheidet, ist nicht nur aus der Perspektive der Grundlagenbiologie wichtig, es geht nicht nur darum, zu wissen, warum sich etwas entwickelt hat und wie es auf molekularer Ebene funktioniert“, erklärt Joseph Ecker. „Die Antwort auf diese Frage ist auch ein riesiger Schritt zum Verständnis, wie wir Nahrungspflanzen im Angesicht des Klimawandels und einer wachsenden Weltbevölkerung robust und produktiv machen können."
Quellen:
- Swift, J., Luginbuehl, L.H., Hua, L. et al. Exaptation of ancestral cell-identity networks enables C4 photosynthesis. Nature 636, 143–150 (2024). https://doi.org/10.1038/s41586-024-08204-3
- Pressemitteilung des Salk Institutes: Superior Photosynthesis abilitites of some plants could hold key to climate-resilient crops
Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:
- Optimierte Photosynthese für höhere Erträge – Das Projekt „EnCroPho“
- Wie Grünalgen CO2 anreichern – Könnte dieser Mechanismus auch Nutzpflanzen optimieren
- Photosynthese optimieren – Carboxysomen jetzt auch für Pflanzen
Titelbild: Künstlerische Zeichnung eines Blattquerschnittes aus der C4-Pflanze Mais. In rosa sind die Bündelscheidenzellen dargestellt (hier findet die eigentliche Photosynthese statt), die von den Mesophyllzellen (türkis) umgeben sind. In den Mesophyllzellen wird Kohlendioxid lediglich vorfixiert. Auf der Blattunterseite befinden sich die Spaltöffnungen (blau). Die Leitbündel sind in Rot dargestellt. (Bildquelle: © Ninghui Shi, eigenes Werk / Wikipedia, CC BY-SA 3.0)