Genussfaktor

Biochemische Studien weisen den Weg zu aromatischeren Teesorten

25.03.2025 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Teeplantage in Malaysia. (Bildquelle: © Matthias Bethke / Wikimedia; CC-BY-SA-4.0)

Teeplantage in Malaysia. (Bildquelle: © Matthias Bethke / Wikimedia; CC-BY-SA-4.0)

Ein Transkriptionsfaktor und zwei homologe Enzyme beeinflussen das dynamische Theanin-Gleichgewicht. Sie sind Ansatzpunkte, um aromatischeren Tee zu züchten und anzubauen.

„Aromatisiertes Heißgetränk mit drei Buchstaben“ – so wird in Kreuzworträtseln häufig nach Tee gefragt. Dabei bringt Tee sein charakteristisches Aroma von Natur aus mit: In den Blättern der Pflanze (Camellia sinensis) reichert sich Theanin an – eine freie Aminosäure, die sowohl den besonderen Geschmack als auch den Nährwert von Tee maßgeblich beeinflusst. Keine andere freie Aminosäure kommt in Teeblättern in höherer Konzentration vor. Die Pflanzenforschung gewinnt zunehmend Erkenntnisse darüber, welche Faktoren die Theaninproduktion einer Teesorte bestimmen – und damit auch ihre Attraktivität für den Anbau.

Bekannte Enzyme, unklare Regulation

Mehrere Enzyme, die den Theanin-Stoffwechsel beeinflussen, sind inzwischen bekannt, darunter die Theanin-Synthase (CsTSI), die Glutamin-Synthase (CsGS) und die γ-Glutamyl-Transpeptidase (CsGGT) sowie Enzyme des Pyridoxin-Biosynthesewegs. Obwohl bekannt ist, dass diese Enzyme Theanin entweder synthetisieren oder abbauen, ist noch unklar, welche Gene ihre Regulation steuern, wie die Enzyme kontrolliert werden und warum sich der Theaningehalt der Blätter je nach Saison verändert.

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Die Teepflanze Camellia sinensis in der Blüte.

Die Teepflanze Camellia sinensis in der Blüte.

Bildquelle: © Eric Chan W.C. / Wikimedia; CC-BY-SA-3.0

Besonders zwei Vertreter der γ-Glutamyl-Transpeptidase-Familie – die Theanin-Hydrolase CsGGT2 und ihr homologes Protein CsGGT4 – haben Forscher:innen genauer untersucht. Dabei zeigte sich, dass das lichtsensitive Enzym CsGGT2 hauptsächlich für den Abbau von Theanin verantwortlich ist, während CsGGT4 dessen Synthese fördert. Dies liegt unter anderem daran, dass CsGGT4 eine höhere Affinität zu Ethylamin und Glutamin aufweist – den beiden zentralen Substraten der Theanin-Synthese. CsGGT2 hingegen bindet bevorzugt Theanin. Modellierungen der Proteinstruktur ergaben, dass sich die unterschiedliche Substrataffinität auf die kompaktere und komplexere Faltung von CsGGT4 zurückführen lässt, die dessen Bindungseigenschaften für kleine Moleküle verändert.

Ein Transkriptionsfaktor, zwei Effekte

Zusätzlich analysierte das Forschungsteam den Transkriptionsfaktor CsMYB73, der verschiedene Gene im Zellkern reguliert. Mithilfe mehrerer biochemischer Methoden – darunter EMSA, ChIP-qPCR und Y1H – konnten die Forscher:innen nachweisen, dass CsMYB73 an die Promotoren von CsGGT2 und CsGGT4 bindet und deren Aktivität steuert. Dabei aktiviert CsMYB73 das vorrangig abbauende Enzym CsGGT2, hemmt jedoch das synthetisierende Enzym CsGGT4. In den Experimenten führte ein hoher CsMYB73-Gehalt insgesamt zu einer Verringerung des Theaningehalts.

Besonders bemerkenswert sind die weiteren Erkenntnisse zu CsGGT4: Unter optimalen Bedingungen – einem pH-Wert von 10 und einer Temperatur von 30 °C – erreicht das Enzym seine maximale Theanin-Synthese. Unter anderen Bedingungen hingegen kann es Theanin effizient abbauen. Diese Flexibilität deutet darauf hin, dass CsGGT4 eine Schlüsselrolle bei der Aufrechterhaltung eines dynamischen Gleichgewichts der Theaninkonzentration spielt.

Zusammenhang zwischen Theanin und Blattfärbung

Da die meisten dieser Analysen in vitro durchgeführt wurden, untersuchte das Forschungsteam anschließend, welche Bedeutung die beiden Enzyme in der Praxis haben. Dazu wurden in Teepflanzen mithilfe von Antisense-Oligonukleotiden gezielt die jeweiligen Gene ausgeschaltet. Anschließend ermittelten die Forscher:innen, wie sich der Theaningehalt veränderte – mit Ergebnissen, die die Laborbefunde bestätigten.

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Theanin ist eine freie Aminosäure, die maßgeblich zum Geschmack und Nährwert von Tee beiträgt. Sie beeinflusst das Aroma durch ihre einzigartige Struktur und spielt eine zentrale Rolle im Stickstoffhaushalt der Teepflanze.

Theanin ist eine freie Aminosäure, die maßgeblich zum Geschmack und Nährwert von Tee beiträgt. Sie beeinflusst das Aroma durch ihre einzigartige Struktur und spielt eine zentrale Rolle im Stickstoffhaushalt der Teepflanze.

Bildquelle: © Ed (Edgar181) - Eigenes Werk, Gemeinfrei / Wikipedia

Zusätzlich analysierten sie, welchen Einfluss äußere Faktoren, wie eine salzhaltige Nährlösung, haben und wie sich die Expression der relevanten Gene im Laufe der Jahreszeiten verändert. Besonders aufschlussreich waren die Experimente mit der Teesorte Huangkui, deren junge Blätter zunächst gelb sind und sich erst später grün färben. Es zeigte sich, dass in jungen, gelblichen Blättern der CsMYB73-Spiegel niedrig ist. Dadurch bleibt CsGGT4 aktiver, sodass mehr Theanin synthetisiert und weniger abgebaut wird. Mit zunehmendem Alter der Blätter und der grünen Färbung steigt der CsMYB73-Gehalt an, wodurch CsGGT2 gefördert und CsGGT4 gehemmt wird – in der Folge sinkt der Theaningehalt. Eine mögliche Erklärung dafür könnte sein, dass beim Abbau von Theanin Glutamat entsteht, das als Ausgangsstoff für die Chlorophyll-Synthese dient.

Potenzial für neue Teesorten und besseren Anbau

Für die Pflanzenzüchtung und den Teeanbau eröffnet diese Entdeckung vielversprechende Möglichkeiten. Durch die gezielte Steuerung von CsMYB73, CsGGT2 und CsGGT4 – etwa über Lichtmanagement, Düngung oder Geneditierung – könnten neue Teesorten entwickelt oder der optimale Erntezeitpunkt präziser bestimmt werden, um gezielt bestimmte Geschmacksprofile zu erzielen.

Allerdings bleibt abzuwarten, inwieweit sich der Theaningehalt verändern lässt, ohne andere Prozesse zu beeinflussen. Ähnlich wie Glutamin dient Theanin als Speicher- und Transportmolekül für Stickstoff. Die Forschung geht davon aus, dass der Stickstoffhaushalt der Teepflanze maßgeblich über das dynamische Theanin-Gleichgewicht reguliert wird – und damit eine zentrale Rolle für das Pflanzenwachstum spielt.


Quelle:
Chang, M., et al. (2024): CsMYB73 negatively regulates theanine accumulation mediated by CsGGT2 and CsGGT4 in tea shoots (Camellia sinensis). In: Horticulture Research, 2024, 11: uhae012. doi: 10.1093/hr/uhae012.

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Titelbild: Teeplantage in Malaysia. (Bildquelle: © Matthias Bethke / Wikimedia; CC-BY-SA-4.0)