Grüne Helfer auf dem Feld

Wie Zwischenfrüchte Böden entgiften können

16.04.2025 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Sonnenblumen können Metalle wie Cadmium aus dem Boden entfernen, während ihre Samen weiterhin geerntet werden können. (Bildquelle: Frank Vincentz - Eigenes Werk / Wikimedia,CC BY-SA 3.0)

Sonnenblumen können Metalle wie Cadmium aus dem Boden entfernen, während ihre Samen weiterhin geerntet werden können. (Bildquelle: Frank Vincentz - Eigenes Werk / Wikimedia,CC BY-SA 3.0)

Gesunde Böden sind der Schlüssel zur Ernährungssicherheit einer wachsenden Weltbevölkerung. Doch diese wichtige Ressource ist zunehmend durch Schadstoffe bedroht: Metalle, Pestizide, Antibiotika, Salze und sogar Kunststoffe gelangen auf landwirtschaftliche Flächen und gefährden unsere Lebensmittelproduktion. Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass Zwischenfrüchte nicht nur die Bodenqualität verbessern, sondern auch schädliche Substanzen aus dem Boden entfernen können – ein Prozess, der als Phytoremediation bezeichnet wird.

Bisher wurden Zwischenfrüchte hauptsächlich eingesetzt, um Erosion zu verhindern, Nährstoffe im Boden zu halten sowie die Stickstoffversorgung und die Bodenstruktur zu verbessern. Doch Wissenschaftler um Pooja Sharma und E. Marie Muehe am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig gehen noch einen Schritt weiter. Sie untersuchen, wie Zwischenfrüchte zusätzlich Schadstoffe aus landwirtschaftlichen Böden entfernen und so die Belastung unserer Nahrung reduzieren können. In ihrem im Fachmagazin Trends in Plant Sciences veröffentlichten Artikel tragen die Forschenden Ergebnisse aus mehr als 100 wissenschaftlichen Studien zusammen und zeigen, welche Pflanzen sich nach bisherigem Kenntnisstand prinzipiell eignen, Schadstoffe zu entfernen oder im Wurzelraum zu fixieren. Laut Prof. Marie Muehe vom UFZ sind Zwischenfrüchte regelrechte "Wunderwaffen", deren Potenzial zur Schadstoffentfernung bisher unterschätzt wurde.

Natürlich reinigen – Wie Zwischenfrüchte Schadstoffe beseitigen

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Zwischenfrüchte können laut der Studie Schadstoffe aus Böden entfernen – ein Prozess, der als Phytosanierung bekannt ist.

Zwischenfrüchte können laut der Studie Schadstoffe aus Böden entfernen – ein Prozess, der als Phytosanierung bekannt ist.

Bildquelle: © UFZ

Metalle und Metalloide sind problematische Bodenbelastungen, da sie nicht abgebaut werden können und toxisch wirken. Besonders häufig treten dabei Schwermetalle wie Cadmium, Blei, Kupfer und Zink auf. Diese gelangen vor allem durch industrielle Emissionen, den Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln sowie durch Klärschlämme oder Tiergülle in die Böden. Auch Altlasten aus Bergbau- und Industriegebieten tragen zur Belastung bei.

Pflanzen wie Sonnenblumen und bestimmte Kleearten nehmen diese Metalle über ihre Wurzeln auf und lagern sie in ihren Blättern ein. Die belastete Biomasse wird anschließend entfernt – eine effiziente Methode, um Böden zu reinigen. Beispielsweise zeigten Studien, dass Zwischenfrüchte wie Hafer und Ölrettich effektiv Kupferkonzentrationen in Weinbergsböden reduzieren können. Insbesondere Sonnenblumen können Metalle wie Cadmium aus dem Boden entfernen, während ihre Samen weiterhin geerntet werden können.

Besonders bemerkenswert ist auch die Fähigkeit einiger Pflanzen, Antibiotika und resistente Keime im Boden abzubauen. Durch spezielle Wurzelausscheidungen können Zwischenfrüchte Mikroben im Boden stimulieren, die Antibiotika schneller abbauen und gleichzeitig verhindern, dass resistente Bakterien Fuß fassen. Vor allem in Gebieten mit intensiver Tierhaltung, wo Antibiotika über Gülle in den Boden gelangen, könnte dies eine entscheidende Rolle spielen, um Gesundheitsrisiken zu minimieren. Allerdings weisen die Forscher darauf hin, dass bislang keine Pflanzen eindeutig identifiziert wurden, die effektiv genug Antibiotikaresistenzgene aus dem Boden entfernen. Auch hier spielen vermutlich die komplexen Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und Bodenmikroben eine entscheidende Rolle.

Auch die zunehmende Verunreinigung durch Plastik stellt ein Problem dar. Erste Studien zeigen zwar, dass Pflanzen wie Miscanthus und Weiden in Kombination mit bestimmten Mikroorganismen Kunststoffoberflächen deutlich effektiver abbauen können als unbehandelte Böden. Dennoch konnten die Forschenden bisher keine Zwischenfrüchte identifizieren, die zur Sanierung von Plastikbelastungen effektiv genug beitragen. Hier sind weitere umfangreiche Studien notwendig, um geeignete Pflanzen zu finden.

Belastung durch Salz und Nitrat effektiv reduzieren

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Kupferrückstände durch Pflanzenschutzmaßnahmen lassen sich in Weinbergsböden mit Hafer und Ölrettich reduzieren.

Kupferrückstände durch Pflanzenschutzmaßnahmen lassen sich in Weinbergsböden mit Hafer und Ölrettich reduzieren.

Bildquelle: © Superbass - Eigenes Werk / Wikipedia, CC BY-SA 4.0

Ein weiteres Problem sind versalzte Böden, die durch intensive Landwirtschaft und steigende Meeresspiegel zunehmend auftreten. Salz beeinträchtigt das Pflanzenwachstum stark und verringert die Erträge. Zwischenfrüchte wie Luzerne, Klee und Wicke sind relativ salztolerant und können überschüssige Salze aufnehmen oder stabilisieren. Durch gezielte genetische Veränderungen, etwa durch Einbringung des Saltol-Gens, könnte ihre Fähigkeit zur Salzentfernung weiter gesteigert werden. Das Saltol-Gen stammt ursprünglich aus bestimmten salztoleranten Reissorten und ermöglicht den Pflanzen, Natriumionen effizienter aus den Zellen auszuschleusen oder in speziellen Zellkompartimenten sicher einzulagern, wodurch die Pflanzen widerstandsfähiger gegen Salzstress werden.

Auch Nitrat, das oft durch intensive Düngung in Böden gelangt und in Gewässer ausgewaschen wird, kann durch Zwischenfrüchte effektiv reduziert werden. Besonders nicht-leguminöse Pflanzen oder Pflanzenmischungen senken das Risiko der Nitratauswaschung ins Grundwasser erheblich, indem sie Nitrat aufnehmen und im Boden stabilisieren. Geeignete Pflanzen hierfür sind beispielsweise Roggen und Sonnenblumen.

Pflanzenvielfalt bringt Vorteile

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Die Forscher empfehlen, Zwischenfrüchte in Mischungen statt in Monokulturen anzubauen. Verschiedene Pflanzenarten wirken zusammen und stärken das Ökosystem Boden umfassender. Sie erhöhen die mikrobielle Vielfalt, was wiederum die Widerstandsfähigkeit des Bodens gegen Krankheiten und Schadstoffe verbessert. Durch unterschiedliche Wurzelsysteme und Wurzelausscheidungen entsteht ein vielfältiges und robustes Bodenleben, das zur umfassenden Bodengesundheit beiträgt.

Praktische Umsetzung – was ist zu beachten?

Für Landwirte bedeutet der Einsatz von Zwischenfrüchten zur Bodenentgiftung eine strategische Entscheidung. Es gilt, Pflanzenarten auszuwählen, die nicht nur effektiv Schadstoffe aufnehmen oder abbauen, sondern gleichzeitig optimal auf die Bedürfnisse der nachfolgenden Hauptfrüchte abgestimmt sind. Außerdem muss entschieden werden, ob die belastete Biomasse geerntet und entsorgt oder energetisch verwertet werden soll, um eine erneute Freisetzung der Schadstoffe zu verhindern. Kritisch ist zudem die zeitliche Koordination des Zwischenfruchtanbaus, um eine optimale Wirkung zu erzielen und gleichzeitig den Boden nicht unnötig zu beanspruchen.

Ausblick

Im Sommer 2025 plant das UFZ-Team gemeinsam mit Landwirt:innen Feldstudien, um die praktische Umsetzung der Phytosanierung weiter zu untersuchen. Klar ist bereits jetzt: Zwischenfrüchte könnten künftig eine zentrale Rolle in einer nachhaltigen Landwirtschaft spielen – weit über ihre bisher bekannte Wirkung zur Bodenverbesserung hinaus.


Quelle:
Sharma, P. et al. (2025): Going beyond improving soil health: cover plants as contaminant removers in agriculture. In: Trends in Plant Sciences. doi:  10.1016/j.tplants.2025.01.009

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Titelbild: Sonnenblumen können Metalle wie Cadmium aus dem Boden entfernen, während ihre Samen weiterhin geerntet werden können. (Bildquelle: Frank Vincentz - Eigenes Werk / Wikimedia,CC BY-SA 3.0)