Grünlandnutzung
Artenreiche Weiden und Wiesen bei häufigen Dürren im Vorteil
Eine Langzeitstudie zeigt, dass extensiv bewirtschaftete Grünlandflächen mit hoher Artenvielfalt bei Dürren eine höhere Ertragsstabilität aufweisen als intensiv bewirtschaftete Flächen. Viele Landwirte könnten in Zeiten des Klimawandels deshalb umdenken.
Offene Landschaften mit Gräsern und Kräutern bedecken mehr als ein Viertel der gesamten Landoberfläche. Grünland ist damit eines der größten Ökosysteme der Erde und hat immense Bedeutung: Gut ein Drittel des terrestrischen Kohlenstoffs ist in ihnen gespeichert und große Teile dienen vor allem als Weideflächen der Erzeugung von Lebensmitteln. Schon heute sind viele dieser Flächen durch eine intensive Nutzung in ihrer ökologischen Qualität geschädigt. Sie werden stark gedüngt, häufig gemäht oder dicht beweidet. Der Klimawandel könnte diese Flächen und ihre Artenvielfalt weiter beeinträchtigen. Ein Team am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) hat das in einem Langzeitexperiment getestet.
Parzellen mit simulierter Klimaveränderung
Auf 50 Parzellen von jeweils 16 Meter mal 24 Meter Größe haben die Forscher:innen des UFZ von 2015 bis 2022 in Bad Lauchstädt bei Halle Grünland unterschiedlich bewirtschaftet. Foliendächer über den Parzellen erlaubten zudem, Temperatur und Niederschlagsmengen zu kontrollieren. Einige Flächen waren dadurch durchschnittlich um zwei Grad wärmer. Außerdem fiel auf einigen Flächen im Frühjahr und Herbst zehn Prozent mehr Niederschlag, dafür im Sommer 20 Prozent weniger – Verhältnisse, die in etwa den Klimaprognosen für Mitteldeutschland ab 2070 entsprechen. Tatsächlich gab es im Beobachtungszeitraum sogar drei noch stärker ausgeprägte Dürrejahre.
Ebenfalls unterschied sich die Vegetation in den Parzellen. Auf den extensiv genutzten Flächen wuchsen mehr als 50 heimische Gras- und Kräuterarten, auf den intensiv bewirtschafteten Flächen säten die Wissenschaftler:innen zu Beginn des Experimentes nur fünf für trockene Standorte empfohlene Grassorten wie Wiesen-Knäuelgras und das Deutsche Weidelgras. Diese Gräser sind züchterisch auf maximalen Ertrag ausgerichtet, erfordern aber auch intensive Düngung, die sie im Experiment erhielten.
Intensive Wiesen sind ertragreich – aber anfällig bei Trockenheit
Dementsprechend produzierten die Intensivwiesen zunächst deutlich mehr Ertrag als das extensiv bewirtschaftete Grünland. Simulierten die Forscher:innen jedoch Trockenheit, änderte sich diese Situation deutlich. Das Gras der intensiv genutzten Wiesen starb verstärkt ab und wurde im Anschluss von trockenresistenten Arten wie Vogelmiere, Hirtentäschel, Löwenzahn und Kleiner Storchenschnabel verdrängt. Deren Samen überdauern in vielen Böden und warten dort auf ihre Chance. Allerdings haben diese Arten meist nur einen geringen Futterwert oder sind – wie das Gewöhnliche Greiskraut, das auf die Versuchsparzellen oft einwanderte – sogar giftig.
Die extensiven Flächen, die nur selten gemäht oder wenig beweidet wurden, kamen hingegen mit der Trockenheit weit besser zurecht, bewahrten ihre Vielfalt weitgehend und lieferten stabile Erträge. Analysen des Forschungsteams deuten darauf hin, dass dafür – neben weiteren Faktoren – insbesondere die hohe Artenvielfalt maßgeblich war.
Extensive Wiesen bieten bessere Planbarkeit
Dass Hochleistungsgrünland durch einwandernde Arten an Produktivität verliert, ist ein bekanntes Problem. Landwirt:innen begegnen dem, indem sie die Flächen häufiger mähen oder sogar künstlich bewässern und nach starken Dürrephasen neu einsähen. Das alles bedeutet neben dem Ertragsverlust in Dürrejahren Mehraufwand und Mehrkosten. Obendrein lässt sich nicht planen, welche Wirtschaftsjahre davon betroffen sein werden. Sicher ist nur, dass es durch den Klimawandel mehr werden. Extensiv bewirtschaftetes Land verspricht den Betrieben zwar weniger Maximalertrag, dafür eine deutlich verlässlichere Planbarkeit sowie Zeit- und Kostenersparnisse bei der Pflege.
Nicht zuletzt leisten extensive Grünlandflächen einen wichtigen Beitrag dazu, die Artenvielfalt zu erhalten, sowohl der Flora als auch der Fauna. Die Artenvielfalt wiederum stabilisiert – und das ist die Kernbotschaft der Studie – die Erträge von Grünlandflächen in Zeiten der Klimakrise.
Artenvielfalt fördert Resilienz
Zwar machen Grünflächen nur einen kleineren Teil der landwirtschaftlichen Nutzflächen aus, doch dieser Anteil wächst: Denn je stärker die Viehhaltung extensiviert wird, brauchen die Landwirt:innen mehr Weideflächen. Gleichzeitig liefert diese Studie Denkanstöße für den Ackerbau: Mischkulturen und mehrjähriges Getreide könnten auch die Klimaresilienz von Äckern erhöhen.
Quelle:
Korell, L., et al (2024): „Land use modulates resistance of grasslands against future climate and inter-annual climate variability in a large field experiment“. In: Global Change Biology, Vol. 30, Iss. 7 (22. Juli 2024). doi: 10.1111/gcb.17418.
Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:
- Auf dem Trockenen - Die Auswirkungen extremer Dürren wurden bisher unterschätzt
- An einem Strang ziehen - Der Klimawandel wird beim Schutz der Biodiversität kaum berücksichtigt
- Doppelter Stress - Klimawandel und intensive Landwirtschaft setzen der Bodenfauna zu
Titelbild: Artenreiche, extensiv bewirtschaftete Schafweide. (Bildquelle: © André Künzelmann / UFZ)