Heute schon umgetopft?

05.07.2012 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

In großen Töpfen wachsen Pflanzen besser. (Quelle: © iStockphoto.com/ hanhanpeggy)

In großen Töpfen wachsen Pflanzen besser. (Quelle: © iStockphoto.com/ hanhanpeggy)

Pflanzen werden in großen Töpfen größer. Dies zeigen Forscher in einer Metaanalyse pflanzenbiologischer Studien. Demnach bremsen Pflanzen ihre Photosynthese und damit ihr Wachstum ab, sobald ihre Wurzeln einen zu kleinen Topf erspüren. Wie sie das tun, ist noch unbekannt. Klar ist: es gibt eine ideale Topfgröße.

Die Topfgröße beeinflusst das Pflanzenwachstum von Kräutern ebenso wie von Bäumen. Dies ist das Fazit einer Metanalyse von 65 Studien, die für eine Vielzahl von Arten die Effekte unterschiedlich großer Pflanztöpfe auf das Wachstum untersuchten. Das Spektrum der Arten reichte dabei von Tomaten, Sojabohnen, Zuckerrüben und Mais über Weizen und Gerste bis hin zu Kaktus, Ficus und Eichen. Die Topfgröße variierte von 5 Millilitern bei Kräutern bis zu 1.700 Litern bei mehrjährigen Bäumen. Im Durchschnitt produzierten Pflanzen bei einer Verdopplung der Topfgröße 43% mehr Biomasse. Dies bedeutet: In einem 2 Liter Topf wachsen Pflanzen im Schnitt dreimal größer als in einem 0,2 Liter Topf. In den ersten Wochen nach der Aussaat zeigten sich noch keine Unterschiede. Doch bereits nach wenigen Wochen wuchsen die Pflanzen in den kleinsten Töpfen schon deutlich langsamer als ihre Verwandten in größeren Töpfen. 

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Sind die Pflanzen noch klein, wachsen sie in allen Topfgrößen gleich gut. Bereits nach wenigen Wochen werden ihnen diese Töpfe jedoch zu klein sein. Stoßen die Wurzeln an die Topfwände an, geben sie der Pflanze das Signal, das Wachstum zu bremsen. Dies sollten Wissenschaftler und Hobbygärtner bei der Wahl des Topfes berücksichtigen. 

Sind die Pflanzen noch klein, wachsen sie in allen Topfgrößen gleich gut. Bereits nach wenigen Wochen werden ihnen diese Töpfe jedoch zu klein sein. Stoßen die Wurzeln an die Topfwände an, geben sie der Pflanze das Signal, das Wachstum zu bremsen. Dies sollten Wissenschaftler und Hobbygärtner bei der Wahl des Topfes berücksichtigen. 

Bildquelle: © iStockphoto.com/ Stasiek Pytel

Topfgröße beeinflusst Studienergebnisse 

Die Wahl der Topfgröße hat damit einen großen Einfluss auf das Wachstum und den Ertrag von Pflanzen. Diese Erkenntnis ist nicht neu, sie ist Züchtern und auch Hobbygärtnern bekannt. Wichtiger ist dieses Ergebnis für die Vergleichbarkeit von Studien. In der Forschung wird der Großteil pflanzenbiologischer Experimente – zur Genexpression, Physiologie oder Biomasseproduktion – mit Pflanzen, die in Töpfen kultiviert werden, erarbeitet. Kleine Töpfe sind in vielen Laboren eine Notwendigkeit, weil der Platz für die Pflanzenaufzucht begrenzt ist. Je kleiner die Töpfe, desto mehr Individuen, Arten und Experimente können zeitgleich beobachtet werden. Dies ist besonders wichtig für Hochdurchsatz-Phänotypisierungsstudien, bei denen sehr viele Pflanzen gleichzeitig analysiert und verglichen werden. 

Die Wahl der Topfgröße ist eine wichtige Variable in Experimenten. Sie beeinflusst die Versuchsergebnisse und kann sogar den Sinn des Experiments infrage stellen. Bislang wird die verwendete Topfgröße jedoch noch selten im Methodenteil angegeben. Erst diese Information gibt aber anderen Forschern die Möglichkeit, das Experiment unter gleichen oder zumindest ähnlichen Bedingungen zu wiederholen – und so mögliche Artefakte aufzudecken. Die Wiederholbarkeit ist ein Grundprinzip der Forschung. 

Warum bleiben Pflanzen in kleinen Töpfen kleiner? 

Um diese Frage zu klären, werteten die Forscher die vorhandenen Sekundärdaten zum relativen Biomassewachstum für über 80 Pflanzenarten aus. Sie stellten fest, dass bei Pflanzen in doppelt so großen Töpfen nicht nur der relative Zuwachs an Biomasse ( 5%), sondern auch die Netto-Photosynthese (bis zu 30%) erhöht war. Der Effekt nahm mit der Länge der Experimente zu. In kleinen Töpfen scheinen Pflanzen somit ihre Photosynthese zu verlangsamen – und damit auch den Aufbau von Biomasse. Sobald sie in größere Töpfe umgetopft wurden, kurbelten sie die Photosynthese wieder an.

Die Forscher identifizierten mehrere potenzielle Ursachen dieser pflanzlichen Wachstumsbremse: Kleinere Töpfe enthalten weniger Erde und damit auch potenziell weniger Nährstoffe. Zudem nimmt mit dem Topfvolumen auch die Wasserspeicherkapazität des Topfes ab. Ein geringes Nährstoffangebot begrenzt das Wurzelvolumen und so die Nährstoffaufnahme. Dies wirkt sich wiederum auf das Blattwachstum und damit auf die Photosyntheseleistung aus. Kleinere Töpfe trocknen zudem schneller aus. Und sie heizen sich schnell auf bei Sonneneinstrahlung – dies mögen Pflanzenwurzeln nicht. 

Die Wurzeln der Pflanzen scheinen jedoch noch einen anderen, einen entscheidenden Einfluss auf das Pflanzenwachstum zu haben. Sie reagieren auf Widerstände. Experimente konnten zeigen, dass Pflanzen, deren Wurzeln nur 10 Minuten auf einen Widerstand stießen, mit einem verringerten Blattwachstum reagierten. In kleinen Töpfen und mit zunehmender Wachstumszeit stoßen die Wurzeln vermehrt an den Topf an. 

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Diese Kernspinuntersuchungen zeigen, wie sich die Wurzeln von Pflanzen im Topf ausbreiten. Links die Wurzeln der Gerste, rechts Wurzeln der Zuckerrübe in einem zylindrischen Topf 44 Tage nach der Aussaat.

Diese Kernspinuntersuchungen zeigen, wie sich die Wurzeln von Pflanzen im Topf ausbreiten. Links die Wurzeln der Gerste, rechts Wurzeln der Zuckerrübe in einem zylindrischen Topf 44 Tage nach der Aussaat.

Bildquelle: © Jonas Bühler / Forschungszentrum Jülich

Wachsende Wurzeln in 3D

Um zu erfahren, wie sich Wurzeln im Topf ausbreiten, beobachteten die Wissenschaftler das Wachstum von Gerste- (Hordeum vulgare) und Zuckerrübenwurzeln (Beta vulgaris L.) mittels Magnetresonanztomographie. Dieses bildgebende Verfahren, dass auch in der Medizin eingesetzt wird, schädigt die Pflanzen nicht und erlaubt die dreidimensionale Beobachtung der Pflanzenwurzeln über eine längere Zeit. Die Forscher stellten dabei fest, dass nur 25% der Wurzeln in der Topfmitte wuchsen. Jede zweite Wurzel (50%) tastete sich wie ein Fühler unmittelbar an den Topfrändern entlang. In einem Bereich also, in dem relativ ungünstige Bedingungen herrschen, wie z.B. große Temperaturschwankungen. 

Pflanzen scheinen über ihre Wurzeln den verfügbaren Platz im Topf zu erspüren und stellen ihr Wachstum darauf ein. Dabei ist nicht die Topfgröße an sich ausschlaggebend, sondern das Wurzelvolumen im Verhältnis zur Topfgröße. Wie dieses Wurzel-Spross-Signal genau funktioniert, ist noch unbekannt.  

Wie groß ist der ideale Topf?

Wie groß sollte nun ein Topf mindestens sein, damit die Topfgröße das Pflanzenwachstum nicht beeinträchtigt? 

Pro Gramm Trockenbiomasse der Pflanze sollte ein Liter Topfvolumen zur Verfügung stehen, raten die Wissenschaftler. 

Dies ist eine Größenordnung, die für Zimmerpflanzen nicht immer umsetzbar ist. Wissenschaftler sollten diese Faustregel jedoch bei der Planung ihrer Experimente berücksichtigen. Denn sie stellt sicher, dass die Topfgröße die Ergebnisse von Wachstumsexperimenten nicht beeinflusst. Und auch Pflanzenzüchtern, Baumschulen und Hobbygärtnern kann die Regel helfen, für jede Pflanze und jeden Standort die ideale Topfgröße zu wählen.