Korntrocknung bei Mais
Mikropeptid kontrolliert die Restfeuchte

Die Maisernte mit Hilfe großer Maschinen ist schnell und effizient. Voraussetzung ist jedoch, dass die Maiskörner zum Erntezeitpunkt ausreichend trocken sind. (Bildquelle: © werktuigendagen - originally posted to Flickr as DSC_1851 / Wikipedia, CC BY-SA 2.0)
Mais kann am besten maschinell geerntet werden, wenn die Maiskörner nur noch wenig Feuchtigkeit beinhalten. Eine neue Studie zeigt, dass ein bisher unbekanntes Mikropeptid die Korntrocknungsrate reguliert. Hier könnten Züchtungsbetriebe zukünftig ansetzen, um die Trocknungsrate der Maiskörner zu beeinflussen.
Im Spätsommer rattern schwere landwirtschaftliche Maschinen über die Felder. Traktoren und Mähdrescher sind extrem schneller und effizienter bei der Ernte als Mensch und Vieh. Eine einzige Maiserntemaschine erntet locker 7000 Kolben pro Stunde. Doch in vielen Gegenden der Welt sind solche Hilfsmittel bisher nicht im Einsatz. Das liegt nicht nur an der wirtschaftlichen Situation vor Ort, sondern auch an den Eigenschaften der Pflanzen.
Maiserntemaschinen zum Beispiel können nur dann zum Einsatz kommen, wenn die Feuchtigkeit in den Körnern auf 15 bis 25 Prozent abgesunken ist. In China liegt sie hingegen meist zwischen 30 und 40 Prozent. Und feuchte Körner brechen bei der automatischen Ernte häufig. Schimmel, Fäulnis oder vorzeitiges Auskeimen der Körner sind die unerwünschten Folgen.
Nicht-kodierende DNA-Sequenz mutierte zu neuem Gen

Die Maiskörner dürfen nicht zu feucht sein, da sie sonst bei der maschinellen Ernte beschädigt werden könnten, was beispielsweise eine schnelle Fäulnis des Ernteguts begünstigt.
Bildquelle: Andrew Butko / Wikipedia CC BY-SA 3.0
Schon lange suchen Forschende daher nach Möglichkeiten, die Korntrocknungsrate (KTR) von Mais (Zea mays) und damit den Feuchtigkeitsgehalt der Körner zur Erntezeit gezielt beeinflussen zu können. In einer neuen Studie, die im Fachjournal Cell erschienen ist, stellen Forschende jetzt ein neues Mikropeptid vor, das genau diese Funktion übernimmt.
Es handelt sich um ein 31 Aminosäuren langes Mikroeptid namens microRPG1, das aus einer nicht kodierenden DNA-Sequenz entstanden ist. Eine einzige Nukleotidmutation von T zu C war ausreichend, um das Triplett ACG zu ATG zu verändern. Letzteres fungiert als Startcodon für die Transkription und ermöglicht die Entstehung des kleinen Peptids. „Es gibt verschiedene Mechanismen, wie neue Gene entstehen können, aber es ist selten, dass eine nicht-funktionale Sequenz durch eine einzige Mutation zu einem funktionalen Gen wird“, schreiben die Autoren. „Dies ist daher ein exzellentes Beispiel, um zu verstehen, wie neue Gene entstehen.“
Wie wurde das Mikropeptid gefunden?
Die Experimente begannen mit einer Population von rekombinanten Inzuchtlinien. Dafür kreuzten die Forschenden die beiden Inzuchtlinien K22 und DAN340 und phänotypisierten die Nachkommen mit Hinblick auf die Korntrocknungsrate. Sie fanden heraus, dass eine bestimmte Region auf dem langen Arm von Chromosom 1 einen besonders hohen Einfluss auf diese Eigenschaft hat. Dieser sogenannte QTL erhielt daher den Namen qKDR1 (Kernel Dehydration Rate1)

In vielen Gegenden wird Mais daher noch von Hand geerntet, wie hier in Myanmar.
Bildquelle: © Etan J. Tal, eigenes Werk / Wikipedia, CC BY-SA 4.0
Der qKDR1-Locus befindet sich in einer nicht-kodierenden DNA-Sequenz, die sich zwischen zwei Genen befindet (auch intergene Region genannt) und steuert die Expression eines Gens, dass sich etwa 10 Kilobasenpaare vor ihm befindet. Dieses Gen nannten sie qKDR1 Regulated Peptide Gene oder kurz: RPG. Es kodiert das oben erwähnte Mikropeptid.
Zwei Transkriptionsfaktoren aus der MYP-Familie können an die qKDR1-Region binden und damit die Expression von RPG unterdrücken: ZmMYBST1 und ZmMYBR43 – wie genau sie mit dem Promotor von RPG interagieren, ist jedoch bisher noch nicht bekannt.
Welche Wirkung hat microRPG1?
Wenn zu viel microRPG1 gebildet wird, verlangsamt sich die Korntrocknungsrate. In Knockout-Linien, die kein Mikropeptid mehr produzieren konnten, beschleunigte sich die Korntrocknungsrate. Die Körner der Knockout-Linien enthielten zur Erntezeit je nach Anbauregion bis zu 17 Prozent weniger Feuchtigkeit als die Körner bei Wildtyp-Pflanzen.
Ein unerwünschter Einfluss auf andere Eigenschaften der Maispflanzen ließ sich nicht beobachten. „Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Genomeditierung von RPG das Potenzial hat, Mais mit höheren Korntrocknungsraten zu züchten“, schreiben die Autoren.
Welche Signalwege sind daran beteiligt?

qKDR1 reguliert die Trocknungsrate von Maiskörnern über das Peptid microRPG1, das von RPG codiert wird. microRPG1 beeinflusst die Expression der Gene ZmEIL1 und ZmEIL3, die den Ethylensignalweg in reifenden Maiskörnern steuern. Ein Ausschalten dieser Gene beschleunigt die Trocknung, während Überexpression den Prozess verlangsamt.
Bildquelle: © Yu et al., 2025, Cell 188, 44-59
Das Mikropeptid microRPG1 kontrolliert die Korntrocknungsrate, indem es die Expression von Genen im Ethylenstoffwechsel reguliert. Gemeint sind ZmEIL1 und ZmEIL3. In Knockout-Linien, bei denen ZmEIL1 und ZmEIL3 ausgeschaltet wurden, verlangsamte sich die Korntrocknungsrate deutlich. Außerdem zeigte sich, dass exogen zugegebenes Ethylen die Korntrocknungsrate beschleunigt. „Dieses Ergebnis passt zu der gut bekannten Rolle von Ethylen bei der Stimulation der Fruchtreife“, heißt es in der Studie.
Interessanterweise beeinflusst das Mikropeptid auch die Reifung von Arabidopsis-Samen, obwohl Arabidopsis und Mais nur entfernt miteinander verwandt sind. Exogen zugegebenes microRPG1 kann in die Zellen eindringen und findet sich fortan im Zellkern, Zytoplasma und in der Plasmamembran. Das deutet darauf hin, dass es auf unterschiedliche Weise seine Wirkung ausübt.
Was steht als nächstes an?
Die Entdeckung von intrazellulären Targets oder Oberflächenrezeptoren für microRPG1 stehen noch aus. „In den kommenden Jahren wird im Fokus unserer Forschung stehen, ob dieses Mikropeptid auch bei anderen Arten eine Rolle spielt und wie funktioniert.“
Vielleicht könnte es mit Hilfe von microRPG1 gelingen, die Korntrocknungsraten von Mais-Sorten, wie sie in China angebaut werden, zu verbessern, damit auch dort maschinell geerntet werden kann.
Quelle:
Yu Y et al. (2025): A Zea genus-specific micropeptide controls kernel dehydration in maize. In: Cell 188 (Januar 2025). doi: 10.1016/j.cell.2024.10.030
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- Rückwärtssalto im Maisgenom – Inverse Transposons entscheiden über Dürretoleranz oder hohe Erträge
- Projekt Phasi_EPMS – Kleine nicht-kodierende RNAs entscheiden über die Sterilität bei Körnermais unter Hitzestress
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Titelbild: Die Maisernte mit Hilfe großer Maschinen ist schnell und effizient. Voraussetzung ist jedoch, dass die Maiskörner zum Erntezeitpunkt ausreichend trocken sind. (Bildquelle: © werktuigendagen - originally posted to Flickr as DSC_1851 / Wikipedia, CC BY-SA 2.0)