Leichtigkeit und Präzision als Maßstab

08.04.2011 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Preisverleihung des Innovationspreises der Gregor-Mendel-Stiftung an den Wissenschaftsjournalisten Andreas Sentker (Quelle: © genius)

Preisverleihung des Innovationspreises der Gregor-Mendel-Stiftung an den Wissenschaftsjournalisten Andreas Sentker (Quelle: © genius)

Mit dem Gregor-Mendel-Innovationspreis 2011 wurde in diesem Jahr kein Forscher, sondern der Wissenschaftsjournalist Andreas Sentker geehrt. Im Festvortrag „Wissen, Wahrheit, Wirklichkeit“ ging der Preisträger auf den Japanschock und die Notwendigkeit für Innovationen ein.

In einer Festveranstaltung in der Akademie der Künste im Herzen Berlins verlieh die Gregor-Mendel-Stiftung Anfang April ihren Innovationspreis 2011. Der Preisträger Andreas Sentker  leitet das Ressort Wissen der Wochenzeitung „DIE ZEIT“. Gleichzeitig ist er Herausgeber des Magazins „ZEIT Wissen“ und Gastgeber des „ZEIT FORUMS der Wissenschaften“.

Gewürdigt wurde Sentker für sein brückenbildendes Arbeiten und für sein Eintreten für die Freiheit der Forschung. „Leichtigkeit und Präzision sind Maßstäbe guten Journalismus, Andreas Sentker verbindet beides“, so Joachim von Braun (Universität Bonn) in seiner Laudatio. Er würdigte Sentker als mutigen Vermittler zwischen Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. „Dies wird am Beispiel seiner Artikel zur Innovation in der Pflanzenzüchtung und Gentechnik deutlich, die stets auf Evidenz und sachlich begründeter Ausgewogenheit beruhen“, so von Braun weiter. 

Wissenschaft trifft Wirklichkeit

Wissenschaft und Wirklichkeit treffen in vielerlei Hinsicht aufeinander. So ging der Preisträger in seinem Festvortrag auf die, im positiven Sinne des Wortes zu verstehende, Radikalität des Namensgebers der Stiftung ein. Mit seinem radikal reduzierten Versuchsdesign setzte Mendel Maßstäbe für den experimentellen Aufbau in der Wissenschaft. Durch die Reduktion auf ein einziges, jedoch wesentliches Merkmal, gelang es ihm, fundamentales Neuland in der Vererbungslehre zu betreten. Seine Beobachtungen konnte er in ein Regelwerk überführen. Mit der Wiederentdeckung der Mendel´schen Regeln setzte eine intensive Forschungsphase ein. Die Mendel´schen Regeln wurden zur Grundlage eines ganzen Forschungszweiges, der Pflanzenzüchtung. Damit verbunden sind rationale Ansätze bei der Optimierung von Kulturpflanzen. Heute stellen diese züchterisch verbesserten Pflanzen die Lebensbasis von mehr als 6 Mrd. Menschen dar. 

Gleichzeitig erinnert der Preisträger an das aktuelle Geschehen in Japan und an die Verantwortung, welche aus Wissenschaft und Technologie erwächst. Die Ereignisse in Japan treffen die gesamte Zivilisation ins Mark. Eine Hochtechnologienation mit etablierten Strukturen und bewährten Schutzmaßnahmen erfährt, dass auch das technisch Undenkbare möglich werden kann. Diese globale Erfahrung nicht in eine allgemeine Technologie- und Fortschrittsskepsis münden zu lassen, wird eine der zentralen Aufgaben der Wissenschaftskommunikation werden. Wissenschaftliche Erkenntnisse und Innovationen einer breiten Öffentlichkeit plausibel zu vermitteln und gleichzeitig kritisch zu begleiten, werden neben „Leichtigkeit und Präzision“ zu Zielen guten Journalismus.

Am Beispiel der Katastrophe von Japan ging Sentker auch auf das prekäre Verhältnis von Wissenschaft zu Gesellschaft und Politik ein. „In dem Maß, in dem Politiker auf wissenschaftliche Argumente zurückgreifen, um ihre Entscheidungen zu begründen, gerät die Wissenschaft in die Wahl- und Grabenkämpfe der Politik hinein.“ Damit einher gehe die Gefahr, dass Wissenschaft parteipolitisch instrumentalisiert werde und sich in der praktischen Umsetzung andere als wissenschaftliche Erkenntnisse in den Vordergrund drängten. Aufgabe von unabhängiger Wissenschaftskommunikation sei es, die Bedingungen für Wissenschaft zu beleuchten, ihre Interessen abzuwägen, Konflikte aufzudecken und ihre Erkenntnisse vor einem breiten Hintergrund sozialer, ökonomischer und politischer Aspekte zu vermitteln. 

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Die Ehrenpreisträger der studentischen Initiative für unabhängige Forschung (v.l. Andreas Seeger, Kathrin Mendler und Martin Frech).

Die Ehrenpreisträger der studentischen Initiative für unabhängige Forschung (v.l. Andreas Seeger, Kathrin Mendler und Martin Frech).

Bildquelle: © genius

Die Freiheit der Forschung 

Entwicklungen in vielen Bereichen sind schwer vorhersehbar. Ernährungsfragen, aber auch die Verfügbarkeit von Energie und Rohstoffen, sind vor den Hintergründen von Bevölkerungswachstum und Klimawandel zentrale Aktionsfelder der Forschung. Gerade deshalb sei es Aufgabe und Herausforderung, eine Vielfalt an Zukunftsoptionen zu schaffen. Diese Vielfalt, kombiniert mit einem fundierten Möglichkeitssinn für Lösungsoptionen, kann nur durch die Forschungsfreiheit garantiert werden. Hier trifft Forschung auf Politik. Denn die Freiheit der Forschung bedarf der Freiheit der Politik, die notwendigen Rahmenbedingungen aktiv zu gestalten.

Der Ehrenpreis

Erstmals wurde von der Gregor-Mendel-Stiftung ein Ehrenpreis verliehen. Mit diesem wurde eine studentische Initiative für unabhängige Forschung an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen ausgezeichnet. Gewürdigt wurde deren Eintreten für die Forschungsfreiheit. Die Initiative hat sich öffentlich für die Fortsetzung der Forschungsarbeiten an gentechnisch veränderten Pflanzen ausgesprochen. Dabei standen weder persönliche Überzeugungen noch Interessen im Mittelpunkt, sondern der Versuch, trotz eines Moratoriums der Hochschulleitung, wissenschaftliches Arbeiten in seiner gesamten Breite an der Hochschule zu ermöglichen. Stellvertretend für die Initiative nahmen Kathrin Mendler, Andreas Seeger und Martin Frech den Ehrenpreis entgegen. 


Zum Weiterlesen: 

Gregor Mendel Stiftung