Licht-Schalter für die Forschung

Optogenetik jetzt auch in Pflanzen möglich

14.07.2020 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die Optogenetik in Pflanzen. PULSE erlaubt die präzise und reversible Steuerung der Genexpression in Pflanzen bei normalem Licht. (Bildquelle: © Leonie-Alexa Koch / Institut für Synthetische Biologie, Universität Düsseldorf)

Die Optogenetik in Pflanzen. PULSE erlaubt die präzise und reversible Steuerung der Genexpression in Pflanzen bei normalem Licht. (Bildquelle: © Leonie-Alexa Koch / Institut für Synthetische Biologie, Universität Düsseldorf)

Bei Tieren ist sie schon etabliert, bei Pflanzen bisher noch nicht. Die Rede ist von Optogenetik – das gezielte Ein- oder Ausschalten von Genen oder Proteinen durch Licht. Jetzt stellen Wissenschaftler ein System vor, mit dem das auch in pflanzlichen Geweben machbar ist.

Licht an – Gen an. So in etwa könnte man die Optogenetik kurz zusammenfassen. Mit Hilfe von Licht mit einer bestimmten Wellenlänge aktivieren Forscher gezielt Gene, Proteine oder Nervenzellen. Ein zweiter Lichtblitz anderer Wellenlänge dient zum Ausschalten. Bei Tieren ist diese Methode bereits seit Jahrzehnten etabliert. Vor allem Experimente zur Funktionsbestimmung unseres Gehirns greifen schon längere Zeit auf diese Technik zurück. „Licht ist der optimale Stimulus, denn es ist weder giftig noch invasiv und hat eine optimale zeitliche und räumliche Auflösung“, erklärt Matias Zurbriggen, Professor für Synthetische Biologie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und ein Projektleiter im Forschungsprogramm CEPLAS (Cluster of Excellence on Plant Sciences).

Bei Pflanzen jedoch gab es bisher ein unüberwindbares Hindernis. Denn Pflanzen brauchen Licht zum Wachsen. Doch für optogenetische Experimente müssten sie in eine Dunkelkammer. Die Ergebnisse wären also verfälscht. Zurbriggen hat sich gemeinsam mit seinem Kollegen Rüdiger Simon, Professor für Entwicklungsgenetik, diesem Problem angenommen und die Optogenetik für den Einsatz an Pflanzen im normalen Tag-/Nachtzyklus optimiert.

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PULSE ist ein optogenetisches Werkzeug für die Genexpression in Pflanzen und eignet sich für Pflanzen im normalen Tag-/Nachtzyklus.

PULSE ist ein optogenetisches Werkzeug für die Genexpression in Pflanzen und eignet sich für Pflanzen im normalen Tag-/Nachtzyklus.

Bildquelle: © Rocio Ochoa-Fernandez / Institut für Synthetische Biologie, Universität Düsseldorf

Rot schaltet an, blau schaltet aus

Für ihre Methode brachten sie mittels Transformation mit Agrobakterien zwei Lichtrezeptoren in die Pflanzen ein. Der Optoschalter, zusammengesetzt aus Photorezeptor PhyB und dem Transkriptionsfaktor PIF6, dient als Aktivator. Er reagiert auf monochromatisches rotes Licht und schaltet die Transkription des nachfolgenden Gens an. Der zweite Rezeptor EL222 fungiert als Repressor. Bei blauem Licht dimerisiert er, bindet an eine bestimmte Sequenz in der DNA und verhindert mit seiner Repressions-Domäne SRDX die Transkription des nachfolgenden Gens.

Bei weißem Tageslicht, das aus Licht aller Wellenlängen besteht, sind beide Moleküle aktiv und an die DNA gebunden. Weil EL222 ein dominanter Repressor ist, ist die Transkription unterbunden. Bei Dunkelheit oder Bestrahlung mit langwelligem Rotlicht findet ebenfalls keine Transkription statt, denn PhyB-PIF6 ist unter diesen Bedingungen inaktiv. Erst wenn man die Pflanze mit monochromatischem Rotlicht bestrahlt, wird die Transkription aktiviert. PULSE (Plant Usable Light-Switch Elements) nennen die WissenschaftlerInnen ihr Werkzeug.

Die Experimente wurden an den Modellpflanzen Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) sowie Tabak (Nicothiana benthamiana) durchgeführt. Grundsätzlich eignet sich das System aber für alle Pflanzenarten und konnte auch erfolgreich mit CRISPR/Cas9-basierten Technologien kombiniert werden.

Entwicklungsprozesse besser verstehen

PULSE soll PflanzenforscherInnen dabei helfen, Entwicklungsprozesse sowie die Reaktion auf Umweltstress oder Pathogene besser zu verstehen. „Als nächstes wollen wir Gene mit Hilfe von Licht nur in bestimmten Organen wie den Meristemen oder der Wurzel an- oder ausschalten. Damit könnte man spezifisch Gene, die das Wachstum regulieren, die Verteidigung gegen Mikroorganismen induzieren oder Antworten auf Umweltstress kontrollieren, sehr präzise steuern“, sagt Zurbriggen. Zurbriggen erklärt weiter: „Es ist damit möglich, Experimente und Kontrollbedingungen in der gleichen Pflanze zu vereinen, indem man in einem Blatt den optogenetischen Schalter aktiviert und in einem anderen nicht.“


Quelle:

Ochoa-Fernandez, R. et al. (2020): Optogenetic control of gene expression in plants in the presence of ambient white light. In: Nature Methods, (29.06.2020), doi: 10.1038/s41592-020-0868-y.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Die Optogenetik in Pflanzen. PULSE erlaubt die präzise und reversible Steuerung der Genexpression in Pflanzen bei normalem Licht. (Bildquelle: © Leonie-Alexa Koch / Institut für Synthetische Biologie, Universität Düsseldorf)