Maniok für Milliarden

Für mehr Ertrag muss man Blatt und Knolle gleichzeitig optimieren

13.03.2020 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Maniok ist Grundnahrungsmittel für etwa eine Milliarde Menschen in Südamerika, Afrika und Asien. (Bildquelle: © Brett Hondow / pixabay, CC0)

Maniok ist Grundnahrungsmittel für etwa eine Milliarde Menschen in Südamerika, Afrika und Asien. (Bildquelle: © Brett Hondow / pixabay, CC0)

Wie viel Ertrag eine Pflanze liefert, hängt davon ab, wie erfolgreich sie Kohlenstoff aus der Luft binden und die Assimilate anschließend transportieren und speichern kann. Nur wer an allen Stellschrauben gleichzeitig dreht, wird bedeutende Ertragssteigerungen erreichen können.

Es gibt Pflanzen, die werden schon seit Jahrzehnten erforscht. Dazu zählt zum Beispiel die Kartoffel. Ihr Genom ist entschlüsselt, zahlreiche Gene sind annotiert und Züchter haben bereits viele verbesserte Sorten auf den Markt gebracht. Und dann gibt es Pflanzen wie Maniok - auch bekannt als Cassava. Genau wie die Kartoffel speichert sie Kohlenstoff in Form von Stärke in ihren Wurzelknollen. Maniok ist zwar Grundnahrungsmittel für etwa eine Milliarde Menschen in Südamerika, Afrika und Asien und nach Mais, Reis und Weizen der viertwichtigste Stärkelieferant für die Menschheit.  Dennoch ist die Pflanze für Züchter eher unbekanntes Terrain.

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Das Forschungsteam um Prof. Dr. Uwe Sonnewald (2.v.r.) will den Ertrag der Maniokpflanze deutlich erhöhen.

Das Forschungsteam um Prof. Dr. Uwe Sonnewald (2.v.r.) will den Ertrag der Maniokpflanze deutlich erhöhen.

Bildquelle: © FAU/Christine Hösl

„Wir wollen das Wissen, dass sich bei Kartoffel in Jahrzehnten angesammelt hat, auf Maniok übertragen“, sagt Uwe Sonnewald, Professor für Biochemie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Sein Ziel ist es, wesentlich ertragreicheren Maniok zu züchten. Gefördert wird das Projekt CASS, kurz für Cassava Source-Sink, von der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung. Gemeinsam mit einem internationalen Team von Wissenschaftlern hat Uwe Sonnewald in einem Review für Nature Plants zusammengefasst, von welchen Parametern der Ertrag von Wurzel- und Knollenpflanzen überhaupt beeinflusst wird.

Mehr Kohlenstoff aufnehmen, transportieren, speichern

Da wäre erstens die Effizienz der Photosynthese, also wie gut die Pflanze Kohlenstoff aus der Luft binden kann. Das passiert vorrangig in den Blättern, auch als source-Organe bekannt (source = Quelle). Als nächstes müssen diese Assimilate über das Phloem der Pflanzen aus den Blättern zu den sink-Organen (sink = Abfluss) transportiert werden, wo sie schließlich bei Stoffwechselprozessen verbraucht oder gespeichert werden.

Doch an welcher dieser drei Stellschrauben sollte man vorrangig drehen? Reicht es aus, wenn man die Effizienz der Photosynthese verbessert, die Pflanze ansonsten aber nicht züchterisch bearbeitet?
Uwe Sonnewald und seine Mitautoren sind der Meinung: Nein, damit sind allenfalls kleine Ertragssteigerungen möglich. Aber um die Weltbevölkerung auch im Jahr 2050 noch ernähren zu können, sind große Weiterentwicklungen notwendig. Dafür müsse man alle drei Variablen gleichzeitig verbessern.

Ein holistischer Ansatz ist notwendig

Kann die Pflanze beispielsweise aufgrund einer verbesserten Photosynthese mehr Kohlenstoff binden als vorher, dann muss auch sichergestellt werden, dass dieser Kohlenstoff effizient zu den Speicherorganen transportiert und dort eingelagert werden kann. „Eine Wurzelzelle kann nur eine bestimmte Menge an Stärke aufnehmen“, erklärt Sonnewald. „Um plötzlich mehr Stärke einzulagern, brauchen sie mehr Zellen. Sie müssen die Pflanze also so verändern, dass sie ein stärkeres Knollenwachstum zeigt.“ Auch der Stickstoff-Stoffwechsel muss beachtet werden, ist er doch eng mit dem Kohlenstoff-Stoffwechsel verknüpft.

Bisher gibt es nur wenige Projekte, die einen solchen holistischen Ansatz verfolgen. CASS ist eines davon. Hier wurde sowohl die Photosyntheseleistung in Blättern als auch der Stärkemetabolismus in den Speicherwurzeln verbessert. Hierzu wurde gleichzeitig die Photorespiration und die Zuckerverteilung (Zuckerregulation der Photosynthese) im Blatt sowie die Stärkesynthese in der Speicherwurzel verändert. Die Prozess wurden durch Multigen-Konstrukte simultan angesteuert.   

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Die ersten Feldversuche mit möglicherweise ertragreicheren Maniok-Pflanzen fanden in Nigeria und Taiwan statt.

Die ersten Feldversuche mit möglicherweise ertragreicheren Maniok-Pflanzen fanden in Nigeria und Taiwan statt.

Bildquelle: © FZJ/Anna van Doorn

Die ersten Feldversuche mit möglicherweise ertragreicheren Maniok-Pflanzen fanden in Nigeria und Taiwan statt. Da die für die Transformation verwendeten Maniok-Genotypen anfällig gegenüber der Cassava brown streak virus disease (CBSD) sind, mussten die Versuche in Nigeria in sogenannten screen houses durchgeführt werden. Hierbei werden die Pflanzen durch dichte Netze vor Insekten, die die Viruskrankheit übertragen können, geschützt. Der Nachteil dabei ist, dass nur eine begrenzte Anzahl von Pflanzen angebaut werden können und die Versuchspflanzen durch die dichten Netze beschattet werden.

Da in Asien die Viruskrankheit nicht vorkommt, ist das Team mittlerweile auf Taiwan ausgewichen. Hier können Maniokpflanzen allerdings nur von April bis November im Freiland angebaut werden und nicht gänzlich auswachsen. Dieser Zeitraum reichte aber zumindest aus, um einen ersten Eindruck zu gewinnen: die Pflanzen zeigten tatsächlich einen deutlich stärkeren Wuchs.

Bisher scheitern holistische Ansätze vor allem daran, dass an vielen Stellen noch das fundamentale Verständnis für die molekularen Vorgänge in der Pflanze fehlt. Wie wird reguliert, wie gelangt der Zucker in die Leitungsbahnen? Wodurch wird die Anzahl der sink-Organe bestimmt? Und was außer dem Kohlenstoff beeinflusst die Wachstumsrate dieser Organe? Diese und weitere Fragen müssen noch beantwortet werden, um befriedigende Ertragssteigerungen zu erzielen.


Quelle:
Fernie, A.R. et al. (2020): Synchronization of developmental, molecular and metabolic aspects of source–sink interactions. In: Nature Plants 6, (10. Februar 2020), doi: 10.1038/s41477-020-0590-x.

Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:

Titelbild: Maniok ist Grundnahrungsmittel für etwa eine Milliarde Menschen in Südamerika, Afrika und Asien. (Bildquelle: © Brett Hondow / pixabay, CC0)