Mit Blumen gegen Schädlinge

Blühende Ackerrandstreifen schützen effektiv vor Schädlingen

10.03.2016 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Blühstreifen und -flächen fördern nachweislich die Biodiversität, wass sich letztlich sogar in barer Münze auszahlt. (Bildquelle: © Katharina Wieland Müller/ pixelio.de)

Blühstreifen und -flächen fördern nachweislich die Biodiversität, wass sich letztlich sogar in barer Münze auszahlt. (Bildquelle: © Katharina Wieland Müller/ pixelio.de)

Forscher zeigen, wie mit einheimischen Blütenpflanzen sinnvoll Schädlingsbekämpfung betrieben werden kann – und das auch noch mit finanziellem Gewinn für die Bauern.

Wettrüsten auf dem Acker: Schädlinge verursachen jedes Jahr Ernteausfälle in Millionenhöhe. Gleichzeitig steigt der globale Bedarf an Lebensmitteln immer weiter an. Die Antwort der Landwirtschaft auf diese Herausforderung sind der Einsatz von neuen Pflanzenschutzmitteln und die Züchtung resistenter, ertragreicher Sorten. Durch den intensiveren Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln tauchen immer mehr Schädlinge auf, die gegen bestimmte Wirkstoffe resistent sind und trotz Schutzmaßnahmen große Schäden anrichten. Dabei könnte die Lösung dieses Problems möglicherweise ganz einfach sein: Durch die Erhöhung der Biodiversität am Ackerrand lassen sich die natürlichen Feinde der Schädlinge anlocken und mit den Übeltätern kurzen Prozess machen. Inwieweit das in der Praxis funktioniert, haben Forscher jetzt in einer länderübergreifenden Studie untersucht. 

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Pestizideinsatz auf dem Feld: Schlecht für die Umwelt und für die Gesundheit der Bauern.

Pestizideinsatz auf dem Feld: Schlecht für die Umwelt und für die Gesundheit der Bauern.

Bildquelle: © Erich Westendarp / pixelio.de

Blühende Feldränder

Für ihre Feldstudien wählten die Forscher Reisfelder in China, Vietnam und Thailand aus. An den Rändern der Felder wurden Ackerrandstreifen mit einheimischen Blütenpflanzen angelegt, die Insekten Nektar zur Verfügung stellen sollten. Bedingung war, dass die Bauern diese Felder nur mit Insektiziden behandelten, wenn es unbedingt nötig war. Insgesamt wurde auf jeweils 4 bis 12 benachbarten Feldern an 16 Standorten auf diese Weise die Biodiversität erhöht. Parallel dazu wurde jeweils die gleiche Zahl Kontrollfelder in unmittelbarer Nähe auf herkömmliche Weise mit Insektiziden behandelt. Diese wiesen die in der jeweiligen Region übliche verarmte Ackerrandvegetation auf, hauptsächlich bestehend aus Gräsern. Auf allen in den Versuch eingebundenen Feldern wurden über einen Zeitraum von vier Jahren regelmäßig die Anzahl der Schädlinge, ihrer Fressfeinde und die Höhe des Insektizideinsatzes erfasst. 

Mehr Geld durch Blühstreifen

Die Auswertung des Vier-Jahres-Experimentes zeigte, dass in den Feldern mit blühenden Ackerrandstreifen die Populationen des Hauptschädlings, die Braunrückige Reiszikade (Nilaparvata lugens), deutlich kleiner waren als in den konventionell beackerten Kontrollfeldern. Auch bei einem zweiten wichtigen Schädling, die Reis-Spitzkopfzikade (Sogatella furcifera) konnten die Forscher zumindest spät in der Saison einen Rückgang der Populationen feststellen. Der Insektizideinsatz auf diesen Feldern war zudem bis zu 70 % geringer als auf den Kontrollfeldern, der durchschnittliche Ertrag hingegen um 5 % höher (6,96 t pro Hektar auf den Feldern mit blühenden Ackerrandstreifen im Gegensatz zu 6,63 t pro Hektar auf den Kontrollfeldern). Zusammen ergab sich durch den „Einsatz“ der blühenden Ackerrandstreifen für die Bauern ein Gewinn von 215 US-Dollar pro Hektar. Dieses Plus im Portemonnaie entstand durch den höheren Ertrag und den geringeren Verbrauch von Insektiziden.

In einer weiteren Untersuchung wurde der Einfluss der Blütenpflanzen sowie der Insektizide auf verschiedene Insektenfamilien sowie Spinnen und Detritusfresser (Detritivoren) ausgewertet. Wenig überraschend zeigte sich, dass in den weitgehend unbehandelten Äckern mit blühenden Randstreifen auch die höchsten Dichten an Insekten, Spinnen und Detritivoren vorhanden waren. In den stärker mit Insektiziden behandelten Feldern gab es hingegen besonders bei den Detritivoren einen starken Rückgang. Nach Meinung der Forscher ist das ein Zeichen dafür, dass Insektizide direkt oder indirekt auch für den Boden wichtige Tiere schädigen oder sogar abtöten, die eigentlich nicht zu den Zielspezies des Insektizids gehören.

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Kleiner Übeltäter: Die Braunrückige Reiszikade hat enormen Appetit auf Reis und hinterlässt eine Schneise der Verwüstung.

Kleiner Übeltäter: Die Braunrückige Reiszikade hat enormen Appetit auf Reis und hinterlässt eine Schneise der Verwüstung.

Bildquelle: © Natasha Wright - Florida Department of Agriculture and Consumer Services (Bugwood.org)/ wikimedia.org/ CC BY 3.0

Nektar als Lockstoff

Als Grund für den positiven Effekt der Blütenpflanzen am Ackerrand vermuten die Forscher das Angebot an Nektar, das als direkte Auswirkung insbesondere Parasiten fördert, die die Reisschädlinge befallen. Bei bestimmten Parasiten der Reisschädlinge ist bekannt, dass sie durch den Duft von Blütenpflanzen angelockt werden, und in der Umgebung bestimmter Blütenpflanzen besonders langlebig und fruchtbar sind.

Allgemein werden durch das Angebot an Blütenpflanzen viele verschiedene Insekten- und Spinnenarten angelockt, die entweder vom Nektar selbst oder von den vom Nektar angelockten Insekten leben. Dadurch entwickelt sich eine komplexere Nahrungskette, in deren Folge Schädlinge durch anwesende Parasiten im Zaum gehalten werden.

Das wiederum führt zu einem verringerten Einsatz von Insektiziden und zu einem höheren Gewinn für den Bauern. Und „nebenbei“ werden durch den verringerten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln Insekten, Spinnen und besonders spezielle Bodenorganismen geschont, ganz zu schweigen von der geringeren Belastung für die Umwelt. Und das lediglich durch die Anlage von Ackerrandstreifen mit einheimischen Blütenpflanzen. Ein Grund mehr, den blühenden „Schutzstreifen“ öfter mal eine Chance zu geben, ihr Potential auch bei uns zu beweisen. Förderprogramme zur Unterstützung solcher Maßnahmen sind Ländersache, so dass sich in Deutschland ein sehr differenziertes Bild entsteht.

In Niedersachen wurde 2014 z. B. die Förderung im Rahmen eines Blühstreifenförderprogramms erhöht und um einen Imkerbonus ausgeweitet. Mecklenburg-Vorpommern, Bayern und Thüringen zählen zu den Vorreitern und auch Sachsen-Anhalt unterstützt seit Jahren das Anlegen von Bienenweiden am Feldrand. Die dabei gesammelten Erfahrungen waren positiv, so dass das dort gerade auslaufende Programm um weitere fünf Jahre verlängert und sogar ausgebaut wird.

Die aktuelle Studie unterstützt diese Bemühungen wissenschaftlich und zeigt, dass nicht nur die Bienen von solchen Maßnahmen profitieren. Es lohnt sich auch für die Landwirte. Wenn wir demnächst mehr blühende Randstreifen um Felder sehen, ist das auch aktiver Pflanzenschutz. 


Quelle: Gurr, G. M. et al (2016): Multi-country evidence that crop diversification promotes ecological intensification of agriculture. In: Nature Plants, Vol 2, März 2016, dx.doi.org/10.1038/nplants.2016.14

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Titelbild: Blühstreifen und -flächen fördern nachweislich die Biodiversität, wass sich letztlich sogar in barer Münze auszahlt. (Bildquelle: © Katharina Wieland Müller/ pixelio.de)